SGK306 - Dr. Tschang Fu - Der Unheimliche kehrt zurück
Ich nehme Ihren Vorschlag an. Gestatten
Sie mir aber noch eine letzte Frage .«
»Gern.«
»Was hat Sie veranlaßt, noch mal hierherzukommen. Es ist doch
dunkel, und Sie wären auf keinen Fall in das Haus gegangen, wie Sie mir gesagt
haben .«
»Es gab keinen bestimmten Grund ... es geschah ganz spontan, nur
um das Haus zu beobachten. Ich bin noch nicht lange hier. Vielleicht fünf
Minuten vor Ihnen eingetroffen. Ich habe auch etwas gesehen .«
»Und was war das ?«
»Im Haus ist einmal Licht an- und dann wieder ausgegangen«, sagte
Komaso mit schwerer Zunge. »Die Geister gehen um, die Geister, die Professor
Mota rief und derer sich auch Toshio bediente, ohne es eigentlich zu begreifen
...«
Am liebsten hätte sie entgegen Komasos Bitte doch einen Blick in
das finstere Haus geworfen. Doch die Vernunft siegte.
Komasos Andeutungen hatten es in sich.
Sein Wagen stand etwa zweihundert Meter von dem Wohnhaus entfernt
hinter einer hohen Mauer, die ein Fabrikgelände umgab.
Schon während der Fahrt in die Innenstadt, wo sie auf der
berühmten Ginza ein kleines Spezialitäten-Restaurant aufsuchten, begann Komaso
ausführlich zu berichten.
Morna erfuhr, daß er mit Toshio seit Jahren befreundet war, daß
die Arbeit der letzten Monate allerdings so umfangreich gewesen war, daß sie
kaum noch die Zeit fanden, miteinander zu konferieren. Hinzu kam, daß sie beide
getrennte Reportagen vornahmen und deshalb kaum noch zusammentrafen.
Ein dritter Faktor spielte dabei eine Rolle.
Der Erwerb des Hauses von Professor Mota schränkte Toshio
Kawasakos Zeit noch mehr ein. Er war damit befaßt, das Haus und dessen
Einflüsse zu ergründen.
Im Restaurant sprachen sie eine Zeitlang nicht mehr von diesen
Dingen und waren mit der Auswahl der Speisen und Getränke beschäftigt.
Erst nach dem Essen hatte Morna Gelegenheit, zu Komasos
ausführlichen Erklärungen in Toshio Kawasakos Tagebuch zu lesen.
Ihr Eindruck war erschütternd.
Schon an der Schrift war zu erkennen, daß in seiner Brust zwei
Seelen im Widerstreit lagen.
Die Gerüchte, die von Professor Mota im Umlauf waren, hatten es
Kawasako angetan. Er machte die Bekanntschaft des dicken alten Mannes. Aus
Komasos Worten ging nicht hervor, ob sein Freund sich nur das Vertrauen des
Professors erschlich oder ob eine ernsthafte Verbindung entstand.
Motas okkulte Versuche zogen Kawasako eines Tages aber derart in
Bann, daß er ganz in das Haus einzog.
Im Tagebuch beschrieb Kawasako einen Gegenstand, der die Form
einer Pyramide hätte. Die einzelnen Quader wären mit Buchstaben versehen, deren
Sinn ihm allerdings unbekannt sei. Wer den Sinn erfasse, sei vom Zeitpunkt an
entweder ein erklärter Feind der Macht, deren Existenz nicht zu bestreiten sei,
oder ihr besessener Anhänger.
Bei Mota war das letztere der Fall, und auch bei Kawasako schien
sich die Besessenheit, der Wahn anzukündigen.
Er vernachlässigte seine Arbeit und wurde von seinen Vorgesetzten
gerügt. Dann arbeitete er wieder tagelang wie ein Besessener, als wolle er die
veruntreute Zeit aufholen. Toshio Kawasako bot das Bild eines gespaltenen Ich.
Er schien nicht mal in Stunden »relativer Klarheit« begriffen zu
haben, daß es Tage gab, da er als anderer gedacht, gefühlt und gehandelt hatte.
Eine Person ging in die andere geradezu schemenhaft verschwommen über.
Einmal hatte er sogar den Versuch gemacht, die Pyramide mit der
Buchstabenfolge zu Papier zu bringen. Aber es war bei einem Versuch geblieben.
Die Pyramide bestand aus elf einzelnen, zusammengesetzten »Bruchstücken«, wie
Morna sie im stillen für sich bezeichnete. Doch Toshio Kawasako schien nicht
imstande gewesen zu sein, sich auch nur an einen einzigen Buchstaben zu
erinnern, den er zweifelsohne gesehen hatte.
Mysteriös...
Großen Raum widmete Toshio Kawasako den Aufzeichnungen über die
Selbstmorde, über das makabre Ansteigen dieser Zahl.
Einmal brachte er sogar Professor Mota damit in Verbindung und
äußerte den Verdacht, daß die magischen, verbotenen Rituale etwas mit dem
Verschwinden mehrerer hundert Menschen zu tun haben mußten. Mota versuchte
etwas oder jemand zum Leben zu erwecken, der auf das Leben anderer angewiesen
war. Wer sich mit schwarzer Magie beschäftigte, tat dies mit dem Leben anderer.
Alles kostete seinen Preis. Unheimliche, unsichtbare Kräfte wurden beschworen,
die in manche Menschen einkehrten und die schließlich selbst Verlorene waren,
ehe sie es begriffen.
Toshio Kawasako war seit einiger Zeit befreundet mit
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