SGK336 - Odem des Pestmonsters
noch
weicher, als er vom Regen her sein konnte.
Sharon Amroon sank ein.
Erst bis zu den Knöcheln, dann bis zu den
Waden und steckte schließlich bis zu den Knien in der schwarzen Erde.
Auch das schwarzblaue Skelett war in den
Boden eingesunken.
Es ging tiefer. Es schien, als würde sich in
der Erde eine Plattform bewegen, die sie beide nach unten trug
...
Sharon Amroon war bis zur Brust versunken.
Der Boden war anders, aufgelockert und
stellte den eindringenden Körpern keinen Widerstand entgegen.
Jetzt reichte er an Sharon Amroons Schultern.
Zum Glück bekam sie das Todesspiel nicht mit.
Ihr Kinn berührte den Boden, Erdkrumen
klebten auf dem Mund und verschlossen ihn. Dann blickten nur noch
ihre Augen über den Boden. Ihr dunkles,
gewelltes Haar sah aus wie ein zusammengeklebtes Netz, das jemand ihr über den
Kopf geworfen hatte.
Mit dem schwarzblauen Skelett versank Sharon
Amroon vollständig ...
Es war der Augenblick, als sich vom
Zufahrtsweg her zögernd die Scheinwerfer eines sich nähernden Autos in die
Nacht, über Bäume und Büsche hinweg, tasteten...
Dahinter tauchte ein zweites Scheinwerferpaar
auf.
Zwei Fahrzeuge näherten sich „Ferrys Inn“.
Ein Kranken- und ein Polizeiauto ...
*
Das Telefon rasselte.
Gien Stouven, der in dieser Nacht Dienst in
der Portierloge hatte, hob automatisch ab und meldete sich mit einem
brummeligen: »Yeah ?«
»Hallo«, sagte eine sexy klingende Stimme am
anderen Ende der Strippe. »So allein?«
Stouven hob kaum merklich die buschigen
Brauen.
»Kann ich nicht sagen«, antwortete er mit
seiner harten, unpersönlich klingenden Stimme. »Gesellschaft hab’ ich hier
genug ...«
»Mhm, schon, ’ne Menge Kranke und ein paar
Tote. Ziemlich langweilig, findest du nicht auch ?«
Die Stimme klang reizvoll und provozierend.
Stouven atmete tief durch. Sein Dienst hatte
vor zwei Stunden begonnen. Nachts war es im Zentral-Hospital eigentlich immer
ziemlich ruhig. Er mochte diese Schicht am liebsten.
»Was willst du von mir ?« fragte er barsch.
»Oh, warum denn so heftig? Ich hab’ dir doch
nichts getan... bist du mir böse ?«
Auf Stouvens Stirn entstanden Falten. Er
dachte nach und versuchte diese Stimme irgendwo unterzubringen. War es jemand
aus seinem Bekanntenkreis, der sich einen Scherz erlaubte?
Er dachte an Grit, die Holländerin, die ein
paar Straßenecken weiter in einer Pizzeria arbeitete. Der Laden schloß um diese
Zeit, und Grit konnte gut Stimmen imitieren.
»Grit, laß’ den Unfug...«
»Mhm«, kam es zurück, »hier spricht keine
Grit...«
»Wer zum Teufel bist du dann ?«
»Jemand, der dir die Zeit vertreiben möchte.«
»Kann ich mir hier nicht erlauben. Tut mir
leid! Ich hab zu tun... gute Nacht !«
»Nicht auflegen, bitte nicht...«
Seltsam. Er brachte es auch nicht fertig. Die
Stimme faszinierte ihn. Er hatte eine Schwäche für Frauen - und überhaupt für
solche, die so einschmeichelnd redeten. Die hatten was Besonderes an sich ...
»Nun laß’ den Quatsch und gib’ dich endlich
zu erkennen ...«
»Ich heiße May...«
»Ein feiner Name. Aber ich kenne keine May...«
Oder etwa doch? Stouven verkehrte oft in New
York in einschlägigen Lokalen, Film-Clubs, in Bars, wo die Mädchen bis auf eine
winzige weiße Schürze keinen Quadratzentimeter Stoff auf der Haut trugen...
Frauen waren sein Hobby. Das ließ er sich etwas kosten. Aber hier in Glendon
wußte das keiner. Wäre das allgemein bekannt geworden, hätte er seinen Job im
Hospital längst verloren...
Er mußte an die langbeinige Rothaarige
denken, die er vor vierzehn Tagen in der Peep-Show gesehen hatte. Irgendwie
paßte die Stimme zu ihr, stellte er sich einfach vor.
»Wir kennen uns noch nicht. Das ist der
Grund, es nachzuholen, nicht wahr ?«
Ein leises Lachen folgte den Worten.
»Warum nicht. Aber nicht hier und nicht
heute.«
»Möchte ich gar nicht sagen, Darling.
Kennenlernen heute, und das andere holen wir dann an deinem freien Tag nach .«
»Du hast’s ja verdammt dick hinter den Ohren
...« Ein erstes flüchtiges Grinsen huschte über seine Lippen. »Okay, wenn du
mich unbedingt sehen willst, dann komm’ her. Du weißt ja, wo ich zu finden bin .«
»Ich habe noch eine Bitte an dich ...«
»Aha, hab’ ja gewußt, daß die Sache ’nen
Haken hat .«
»Hat sie nicht. Ich möchte dir nur ’nen
kleinen Vorschlag machen .«
»Und der lautet ?«
»Du zeigst mir die Leiche, und ich darf davon
ein paar Fotos machen. Dafür verbringe ich ein paar
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