Shades of Grey - Gefährliche Liebe: Band 2 - Roman (German Edition)
Wangen laufen. »Ich habe mir genug von diesem Mist angehört. Ich gehe jetzt ins Bett. Ich bin müde und kann nicht mehr klar denken. Und jetzt lass mich in Ruhe.«
Ich mache auf dem Absatz kehrt und fliehe förmlich aus der Küche, doch es gelingt mir nicht, die Erinnerung an seine entsetzten, weit aufgerissenen Augen abzuschütteln. Schön, zu wissen, dass auch ich ihn schockieren kann. Ich ziehe mich aus, krame eines seiner T-Shirts aus der Kommodenschublade und gehe ins Badezimmer.
Ich erkenne die ausgezehrte Frau mit den rot geränderten Augen und den fleckigen Wangen, die mir aus dem Spiegel entgegenblickt, kaum wieder. Mit einem Mal kann ich nicht mehr. Ich sinke zu Boden und ergebe mich den überwältigenden Gefühlen, die ich nicht länger zurückhalten kann.
Fünfzehn
H ey.« Behutsam zieht Christian mich in seine Arme. »Bitte, wein nicht, Ana. Bitte«, bettelt er. Er sitzt auf dem Badezimmerfußboden, und ich kauere auf seinem Schoß, schlinge die Arme um ihn und weine haltlos an seiner Schulter. Zärtlich streicht er mir übers Haar, über den Rücken.
»Es tut mir leid, Baby«, flüstert er, was alles nur noch schlimmer macht.
Eine scheinbare Ewigkeit lang bleiben wir so sitzen. Als ich keine Tränen mehr habe, steht Christian auf, hebt mich auf seine Arme und trägt mich ins Schlafzimmer. Sekunden später liegt er neben mir im Bett und löscht die Lichter, dann zieht er mich in seine Arme und drückt mich fest an sich, wo ich endlich in einen unruhigen Schlaf falle.
Ich schrecke hoch. Im ersten Moment bin ich völlig benommen. Mir ist heiß. Christian hat sich wie eine Schlingpflanze um mich gewunden. Er brummt, als ich mich aus seiner Umarmung schäle, wacht jedoch nicht auf. Ich setze mich auf und sehe auf den Wecker. Es ist drei Uhr morgens. Ich brauche eine Schmerztablette und habe Durst, also stehe ich auf und gehe in die Küche.
Im Kühlschrank steht ein Karton Orangensaft, aus dem ich mir ein Glas einschenke. Hm … er schmeckt köstlich. Augenblicklich verfliegt meine Benommenheit. Ich suche in den Schränken, bis ich die Schmerztabletten gefunden habe, werfe zwei Stück ein und spüle sie mit einem weiteren Glas Saft hinunter.
Schließlich trete ich vor die Glasfront und blicke auf das schlafende Seattle hinaus, das sich blinkend und funkelnd unter Christians Wolkenschloss – oder sollte ich lieber »Festung« sagen? – ausbreitet. Ich lasse die Stirn gegen die Glasscheibe sinken, die sich angenehm kühl anfühlt. Es gibt so vieles, worüber ich nach den Enthüllungen des gestrigen Tages nachdenken muss. Ich setze mich auf den Boden und lehne mich mit dem Rücken gegen die Fensterfront. Das lediglich von den drei Lampen über der Kücheninsel erhellte Wohnzimmer hat etwas beruhigend Höhlenartiges.
Könnte ich hier leben, als Christians Frau? Nach allem, was er getan hat? Mit all den Erinnerungen, die ihn mit dieser Wohnung verbinden?
Eine Hochzeit. Was für ein unglaublicher Gedanke. Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass er mich fragen würde, ob ich seine Frau werden will. Andererseits ist Christian ein Mann, der immer genau das tut, was keiner von ihm erwartet. Die Ironie dieses Gedankens entlockt mir ein Lächeln. Christian Grey, der Meister des Unerwarteten, komplett abgefuckt, in tausend verschiedenen Facetten.
Mein Lächeln verflüchtigt sich. Ich sehe genauso aus wie seine Mutter. Diese Tatsache kränkt mich zutiefst. Wir alle sehen genauso aus wie seine Mutter.
Wie zum Teufel soll ich mich verhalten, nachdem dieses kleine Geheimnis nun gelüftet ist? Kein Wunder, dass er es mir vorenthalten wollte. Allerdings kann er so gut wie keine Erinnerung an seine Mutter haben. Nicht zum ersten Mal überlege ich, ob ich mit Dr. Flynn darüber reden sollte. Würde Christian es erlauben? Vielleicht könnte er ja Licht ins Dunkel bringen.
Ich schüttle den Kopf. Trotz meiner Niedergeschlagenheit genieße ich die angenehme Stille des Wohnzimmers mit all den herrlichen Kunstwerken – allesamt kalt und puristisch, dank des raffinierten Spiels aus Licht und Schatten jedoch auf ihre Weise wunderschön. Und zweifellos ein Vermögen wert. Könnte ich hier leben? In guten wie in schlechten Tagen? In Krankheit und Gesundheit? Ich schließe die Augen, lasse den Kopf gegen das kühle Glas sinken und nehme einen Atemzug, der mich mit neuer Kraft zu erfüllen scheint.
Die friedliche Stille wird von einem animalischen, markerschütternden Schrei zerfetzt, bei dessen Klang sich
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