Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
einen tiefen, erschöpften Schlaf und träume von einem vierjährigen Jungen mit grauen Augen an einem düsteren, beängstigenden, schrecklichen Ort.
EINUNDZWANZIG
D as Licht ist überall – warmes, gleißend helles Licht. Verzweifelt versuche ich, mich ihm noch für ein paar kostbare Minuten zu entziehen. Ich will mich verstecken. Nur noch ein paar Minuten. Aber es ist zu grell, deshalb ergebe ich mich in mein Schicksal und schlage die Augen auf. Ein strahlend schöner Morgen begrüßt mich – die Sonne scheint durch die raumhohen Fenster herein und taucht das Schlafzimmer in allzu helles Licht. Wieso haben wir bloß die Jalousien nicht heruntergelassen? Ich liege in Christian Greys breitem Bett, nur von ihm ist nichts zu sehen.
Einen Moment lang blicke ich auf die Skyline von Seattle, die sich vor dem Fenster erstreckt. Das Leben so hoch in den Wolken fühlt sich surreal an, eine Phantasie – ein Schloss, so weit über den Dingen, dass die harten Tatsachen des Lebens es nicht erreichen können, fernab von Vernachlässigung, Hunger und cracksüchtigen Müttern. Erschaudernd denke ich daran, was er durchgemacht haben muss. Inzwischen verstehe ich, weshalb er hier lebt, isoliert, nur umgeben von all diesen wunderschönen, kostbaren Kunstschätzen. Lichtjahre von jenem Ort entfernt, wo er hergekommen ist . Trotzdem erklärt all das nicht, wieso ich ihn nicht berühren darf.
Ironischerweise überträgt sich dieses Lebensgefühl in seinem Turm hoch oben in den Wolken auch auf mich. Die Realität ist weit, weit weg. Ich liege im Bett in dieser Phantasie-Wohnung, habe Phantasie-Sex mit meinem Phantasie-Freund, wohingegen die knallharte Wirklichkeit ganz anders aussieht: Christian will ein sehr spezielles Arrangement mit mir, auch wenn er
beteuert, er bemühe sich, mir mehr zu geben. Was bedeutet das? Ich muss diesen Punkt klären, um zu wissen, ob wir uns immer noch an den entgegengesetzten Enden der Wippe befinden oder uns mittlerweile in Richtung Mitte vorarbeiten.
Ich stehe auf, steif und – in Ermangelung einer treffenderen Bezeichnung – durchgevögelt. Tja, muss wohl an dem vielen Sex liegen. Mein Unterbewusstsein schürzt missbilligend die Lippen. Ich verdrehe die Augen, heilfroh, dass der Kontrollfreak mit den juckenden Fingern nicht in der Nähe ist. Mein Entschluss steht fest – der Personal Trainer muss her. Das heißt, falls ich unterschreibe. Meine innere Göttin ringt verzweifelt die Hände. Natürlich wirst du unterschreiben . Ich ignoriere sie, gehe kurz auf die Toilette und mache mich auf die Suche nach Christian.
Im Wohnzimmer ist er nicht. Dafür laufe ich einer elegant aussehenden Frau mittleren Alters in die Arme, die die Küche saubermacht. Sie hat kurzes, blondes Haar und klare blaue Augen, trägt eine weiße Bluse und einen dunkelblauen, schmal geschnittenen Rock. Als sie mich sieht, lächelt sie breit.
»Guten Morgen, Miss Steele. Möchten Sie vielleicht etwas frühstücken?« Ihr Tonfall ist freundlich, wenn auch geschäftsmäßig. Ich starre sie fassungslos an. Wer ist diese attraktive Blondine in Christians Küche? Und ich stehe mit nichts als Christians T-Shirt bekleidet vor ihr, sprich, praktisch nackt. Am liebsten würde ich vor Scham im Boden versinken.
»Ich fürchte, Sie haben mich kalt erwischt«, stammle ich verlegen.
»Oh, bitte entschuldigen Sie vielmals. Ich bin Mrs. Jones, Mr. Greys Haushälterin.«
Ah.
»Wie geht es Ihnen?«, presse ich mühsam hervor.
»Würden Sie gern frühstücken, Ma’am?«
Ma’am?
»Ein Tee wäre wunderbar. Danke. Wissen Sie, wo ich Mr. Grey finde?«
»In seinem Arbeitszimmer.«
»Danke.«
Ich kann einen Anflug von Gekränktheit nicht leugnen. Wieso arbeiten ausschließlich attraktive Blondinen für Christian? Sind sie etwa alle ehemalige Subs ? Ich sträube mich entschieden gegen diesen abscheulichen Gedanken. Vorsichtig linse ich in Christians Büro. Er steht, in schwarzer Hose und einem weißen Hemd, am Fenster und telefoniert. Sein Haar ist noch feucht vom Duschen. Auf einen Schlag sind all meine negativen Gedanken wie fortgewischt.
»Wenn sich die Bilanz dieser Firma nicht massiv verbessert, bin ich nicht interessiert, Ros. Wir können keinen Klotz am Bein gebrauchen. Und ich habe keine Lust, mir noch länger diese lahmen Ausreden anzuhören … Sagen Sie Marco, er soll mich anrufen. Entweder hopp oder top … Ja, und sagen Sie Barney, der Prototyp sieht gut aus, allerdings bin ich mir bei der Schnittstelle nicht ganz
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