Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
Stuhl hin und her.
»Iss«, sagt er in forscherem Tonfall. »Anastasia, ich kann’s nicht leiden, wenn Essen verdirbt … iss.«
»Das krieg ich nicht alles runter.« Ich starre das Essen auf dem Tisch an.
»Iss, was auf deinem Teller liegt. Wenn du gestern ordentlich gegessen hättest, wärst du jetzt nicht hier, und ich müsste meine Karten nicht schon so bald aufdecken.« Er presst verärgert die Lippen zusammen.
Ich runzle die Stirn und wende mich dem kalt gewordenen Essen zu. Ich bin zu aufgeregt zum Essen, Christian. Begreifst du das nicht? , erklärt mein Unterbewusstsein. Aber ich bin viel zu feige, das laut auszusprechen. Er macht so ein mürrisches Gesicht. Wie ein kleiner Junge. Der Gedanke amüsiert mich.
»Was ist so komisch?«, erkundigt er sich.
Ich schüttle den Kopf, weil ich es nicht wage, ihm die Wahrheit zu sagen, und halte den Blick auf das Essen gerichtet. Nachdem ich den letzten Bissen Pfannkuchen hinuntergeschluckt habe, hebe ich den Kopf.
»Braves Mädchen«, lobt er mich. »Ich bringe dich nach Hause,
sobald du dir die Haare geföhnt hast. Ich will nicht, dass du krank wirst.«
In seinen Worten liegt ein unausgesprochenes Versprechen. Was soll das heißen? Bevor ich vom Tisch aufstehe, überlege ich kurz, ob ich ihn um Erlaubnis fragen soll, verwerfe den Gedanken aber. Ich darf die Weichen nicht falsch stellen. Auf dem Weg zum Schlafzimmer halte ich inne.
»Wo hast du heute Nacht geschlafen?« Ich wende mich ihm zu. Im Wohn- und Essbereich sehe ich nirgends Bettzeug – vielleicht hat er schon alles wegräumen lassen.
»In meinem Bett.«
»Ach.«
»Ja, für mich war das auch eine Premiere.« Er lächelt.
»Was? Ohne … Sex?« Nun habe ich das Wort ausgesprochen. Natürlich werde ich rot.
»Nein.« Er schüttelt den Kopf und runzelt die Stirn, als würde er sich an etwas Unangenehmes erinnern. »Dass ich mit jemandem in einem Bett geschlafen habe.« Er wendet sich seiner Zeitung zu.
Was um Himmels willen soll das wieder heißen? Dass er noch nie mit jemandem geschlafen hat? Dass er Jungfrau ist? Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich starre ihn ungläubig an. Er ist der rätselhafteste Mensch, den ich kenne. Erst jetzt dämmert mir, dass ich mit Christian Grey in einem Bett geschlafen habe. Ich versetze mir innerlich einen Tritt – was hätte ich darum gegeben, so wach zu sein, dass ich ihn beim Schlafen beobachten und ihn verletzlich hätte sehen können! Mir das vorzustellen, fällt mir schwer. Nun, angeblich wird sich ja heute Abend alles klären.
Im Schlafzimmer entdecke ich in einer Kommode den Föhn. Mithilfe meiner Finger trockne ich meine Haare, so gut ich kann. Als ich fertig bin, gehe ich ins Bad, um mir die Zähne zu putzen. Ich beäuge Christians Zahnbürste. Das wäre, als hätte ich ihn im Mund. Hm … Mit einem schuldbewussten Blick
Richtung Tür lasse ich einen Finger über die Borsten gleiten. Sie sind feucht. Er hat sie benutzt. Entschlossen gebe ich Zahnpasta darauf und putze mir die Zähne in rasender Geschwindigkeit. Dabei komme ich mir ziemlich unartig vor. Junge, Junge, wie aufregend!
Ich stecke T-Shirt, BH und Slip vom Vortag in die Einkaufstüte, die Taylor gebracht hat, und kehre zurück in den Wohnbereich, um nach meiner Handtasche und meiner Jacke zu suchen. Gott sei Dank finde ich in meiner Tasche ein Haarband. Christian beobachtet mich mit unergründlicher Miene, wie ich mir die Haare zurückbinde und mich setze. Er spricht in seinen BlackBerry.
»Zwei? … Wie viel wird das kosten? … Okay, und welche Sicherheitsmaßnahmen sind bereits getroffen? … Über Suez? … Wie sicher ist Ben Sudan? … Wann kommen sie in Darfur an? … Okay, dann machen wir das so. Halten Sie mich auf dem Laufenden.« Er beendet das Gespräch. »Fertig?«
Ich nicke und frage mich, worum es in der Unterhaltung ging. Er schlüpft in ein marineblaues Jackett mit Nadelstreifen, schnappt sich die Autoschlüssel und macht sich auf den Weg zur Tür.
»Nach Ihnen, Miss Steele«, murmelt er und hält mir lässig die Tür auf.
Ich verharre einen Augenblick, um seinen Anblick zu genießen. Dass ich die letzte Nacht im selben Bett verbracht habe wie er, nach dem ganzen Tequila und der Kotzerei … und er ist immer noch da. Und will sogar mit mir nach Seattle. Warum ich? Ich begreife es nicht. Ich trete mit einem Echo seiner Worte im Ohr hinaus – Ich kann die Finger nicht von dir lassen –, tja, das beruht auf Gegenseitigkeit, Mr. Grey!
Schweigend gehen
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