Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
auszuheulen, aber ein Ausflug zum Wasserfall klang noch besser.
»Ich werde mit euch gehen«, verkündete Burnett.
»Ich denke, wir gehen besser allein«, entgegnete Holiday.
»Ich glaube nicht, dass ihr zwei allein so tief in den Wald gehen solltet«, widersprach Burnett. »Wir wissen doch immer noch nicht, wieso das Sicherheitstor nicht funktioniert hat.«
»Ich glaube nicht, dass wir uns nicht wehren können«, meinte Holiday.
»Ich würde mich trotzdem besser fühlen, wenn ich mitkommen könnte.« Er zog die Augenbrauen zusammen. »Ihr werdet nicht einmal merken, dass ich da bin. Ich halte Abstand.«
Holiday rollte genervt mit den Augen, als wollte sie sagen: »Wenn es sein muss.« Dann führte sie Kylie in Richtung des Pfads, der zu den Wasserfällen führte. »Ich denke, ein Abstand von fünfzig Kilometern wäre für mich okay.«
»Wann wirst du dir mal merken, dass ich dich hören kann?«, fragte Burnett etwa fünf Meter hinter ihnen.
»Wann wirst du dir mal merken, dass ich es nicht vergesse?«, erwiderte sie leise.
Am Montagmorgen erwachte Kylie mit der Kälte des Geistes. Sie öffnete die Augen, aber der Geist war noch nicht erschienen. »Du weißt schon, dass es nichts bringt, einfach jeden Morgen herzukommen und mich aufzuwecken, oder? Du musst mir schon etwas mehr geben, damit ich herausfinden kann, wem ich helfen soll.«
Keine Antwort. Kylie zog sich die Decke bis unters Kinn und beobachtete ihren Atem, der kleine weiße Wölkchen über ihrem Gesicht bildete. Der Ausflug zum Wasserfall war schön und entmutigend zugleich gewesen. Holiday und sie hatten sich kaum unterhalten. Sie saßen nebeneinander und starrten die Wand aus Wasser an, die vor ihnen herunterfiel. Kylie fand sich in derselben Stimmung wieder wie bei ihrem letzten Besuch, nur noch etwas stärker. Das war der schöne Teil.
Der entmutigende Teil war, dass die Nachricht, die sie von ihrem Besuch mitnahm, diesmal nicht lautete, alles würde gut werden. Nein. Sie lautete nur: Halte die Augen auf und hab Vertrauen.
Und wenn Kylie auch nur die geringste Hoffnung gehabt hätte, dass die Geister am Wasserfall mit sich reden ließen, hätte sie die Felsdecke angebrüllt: »Echt? Ist das wirklich alles, was ihr zu bieten habt?«
Mal ehrlich, wie sollte sie die Augen offen halten, wenn sie nicht wusste, wonach sie suchen sollte? Ziemlich schwierig, sich auf einen Geist zu konzentrieren, der nicht einmal auftauchen wollte.
Die Temperatur fiel weiter.
»Ja, ich rede von dir«, rief Kylie laut ins Zimmer.
Und Vertrauen zu haben, war fast genauso unmöglich. Das bedeutete doch, daran zu glauben, dass nichts Schlimmes passieren würde. Aber waren nicht schon zwei Menschen von einem wildgewordenen Vampir getötet worden? Das war ja wohl etwas Schlimmes. Und wer würde das Löschen des Gedächtnisses ihrer Mutter als etwas Gutes bezeichnen? Dazu kam noch ihr wechselndes Gehirnmuster, das alle dazu brachte, sie anzustarren, als wäre sie ein Freak – und nicht zu vergessen ihr unkontrollierbares Bedürfnis, in fremde Träume hineinzuplatzen. Ihr Vertrauen könnte eine Portion Aufputschmittel gebrauchen, um mit all dem klarzukommen.
Kylie seufzte frustriert auf, als die Geisterkälte sich wieder verdünnisierte. Ganz toll! Ein weiterer Tag, an dem sie völlig umsonst im Morgengrauen geweckt wurde. Sie rollte sich zur Seite und schlug wieder auf ihr Kissen ein. Ihre Laune war jetzt schon düster wie die Nacht.
Oh, und es war nicht der übliche Montagsblues. Nein, das war viel schlimmer. Heute Nacht war Vollmond. Da konnte wer weiß was passieren. Und die Tatsache, dass sie in einer so miesen Stimmung aufgewacht war, deutete doch auch darauf hin, dass sie ein Werwolf sein könnte.
Doch die Werwolf-Sache war gar nicht das Schlimmste. Jetzt, wo sie sich endlich entschlossen hatte, zu Derek ja zu sagen, hatte sich keine Gelegenheit mehr ergeben, ihm ihre Antwort zu geben. Und ein gewisser Werwolf kam morgen zurück ins Camp. Oder besser gesagt: zwei Werwölfe. Kylie freute sich nicht gerade darauf, Fredericka wiederzusehen. Und wie sollte sie Lucas begegnen, nach der Sache mit dem Traum? O ja, das konnte lustig werden. Oder auch nicht!
Kylie stöhnte, schlug noch einmal in ihr Kissen und zog sich die Decke über den Kopf.
Fünf Minuten nachdem Kylie aufgestanden war und zwei Minuten nachdem sie ihre Mails gecheckt hatte – nur um festzustellen, dass ihre Mom ihr noch nicht die Todesanzeige von Daniel geschickt hatte – war es ihr
Weitere Kostenlose Bücher