Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
bekommen konnte.
Kylie fühlte sich den ganzen Morgen seltsam, irgendwie schwindelig. Entweder wegen ihres Schlafmangels oder es waren Nebenwirkungen von ihrem Wachstumsschub. Kylie war sich nicht sicher. Sie stellte ihr Lunchtablett neben Dellas ab und checkte kurz den Speisesaal, um zu sehen, ob Derek da war.
Die Wandergruppe, mit der er vor dem Mittagessen unterwegs war, kam oft zu spät und verpasste das Essen. Sie ließ den Blick schweifen, und ihr fiel auf, wie sehr sie sich wünschte, ihn zu sehen.
Und wie sehr sie sich wünschte, ihn nicht zu sehen.
Mann, sie war so durcheinander. Und wenn sie schon nicht mit ihren wechselhaften Gefühlen klarkam, wie musste es dann Derek gehen. Er hielt sie bestimmt für total bescheuert. Und er hätte recht, oder?
Die Ruhe und das Selbstvertrauen, die sie von ihrem morgendlichen Ausflug zum Wasserfall mitgebracht hatte, wurden zweifellos wieder schwächer. Als sie Derek nirgends entdecken konnte, setzte sie sich neben Della, die lustlos an ihrem Glas mit Blut nippte. Dann fiel Kylie der leere Stuhl neben Della auf.
»Wo ist denn Miranda?«, fragte Kylie.
»Keine Ahnung«, murmelte Della und drehte das Glas in der Hand.
Kylie versuchte, nicht auf das Blut zu starren, weil sie befürchtete, ihr würde wieder einfallen, wie gut es geschmeckt hatte. Stattdessen nahm sie ihr Schinkensandwich und biss hinein. Sie schob den Bissen in eine Backe, um sprechen zu können. »Alles klar bei dir?«
»Ja. Bin nur nachdenklich.«
»Wegen des Elternwochenendes in drei Wochen?«
»Ehrlich gesagt, habe ich gerade nicht darüber nachgedacht, aber jetzt wo du es sagst, kann ich es ja auf meine Sorgenliste setzen. Danke.« Dellas Stimme triefte vor Ironie.
»Tut mir leid.« Kylie schaute ihr Sandwich appetitlos an. »Also, worüber denkst du denn nach?«
»Über dies und das«, gab Della zurück.
»Oookay.« Kylie war langsam auch eingeschnappt. Hey, sie verstand ja die Sache mit den Vampir-Launen, aber manchmal …
»Sorry«, sagte Della etwas kleinlaut. »Es ist nur dieses Gerede über Todesengel heute Morgen. Seitdem mache ich mir irgendwie Sorgen um … so Sachen.«
»Du meinst wegen deiner Verwandlungszeit, an die du dich nicht erinnern kannst?«
»Ja.« Della klang erleichtert, dass Kylie es noch wusste, und sie sah Kylie hilfesuchend an. »Was, wenn ich was Schlimmes getan habe?«
Wie schlimm? Hätte Kylie fast gefragt. Machte sich Della wirklich Sorgen, dass sie jemanden verletzt haben könnte? Dann machte sie sich klar, über wen sie hier sprachen. »Also, erstens glaube ich nicht, dass du etwas wirklich Schlimmes tun würdest. Ich meine, allein die Tatsache, das du dir Sorgen machst, etwas Schlimmes getan zu haben, spricht doch schon dafür, dass du kein schlechter Mensch bist.«
Della sah nicht überzeugt aus. »Aber wenn man sich verwandelt, ist alles so verrückt.«
»Aber du bist nicht verrückt. Und du bist ein guter Mensch«, sagte Kylie mit Nachdruck.
Della nickte und sah so aus, als wollte sie noch etwas sagen, aber schaute dann weg. Kylie hatte den dumpfen Verdacht, dass da noch mehr war, worüber Della nachdachte. Erinnerte sie sich doch an mehr, als sie zugab? Was auch immer es war, Kylie wünschte, sie könnte ihrer Freundin helfen.
»Ich frage mich, was mit Miranda los ist?« Della war offensichtlich bemüht, das Thema zu wechseln. »Ich hoffe, sie heult nicht wieder unserem kleinen Wunderknaben hinterher.«
»Vorhin schien sie okay zu sein.« Kylie schaute zu dem Tisch, an dem die meisten Hexen zum Mittagessen saßen. Aber Miranda war nicht da.
Obwohl es für die Campleitung wichtig war, dass die einzelnen Gruppen nicht andauernd zusammenhingen, war es beim Essen doch meistens so, dass jede Gruppe ihren Tisch hatte. Mit Ausnahme von ein paar Pärchen und Mitbewohnern. Helen und Jonathon saßen abwechselnd bei den Vampiren und bei den Feen. Bis vor kurzem hatte Perry öfters bei Miranda am Tisch gesessen. Und ein paarmal pro Woche war Derek zu Kylie gekommen.
Mindestens einmal pro Woche, aber nie am selben Tag, gingen auch Della und Miranda, um bei ihrer Gruppe zu sitzen. Kylie sagte ihnen auch immer, dass sie sich nicht zu ihr setzen mussten. Sie konnte verstehen, wenn ihre Freundinnen gern bei ihren Freunden der gleichen Art sitzen wollten. Aber sie blieben trotzdem bei ihr.
Ob aus Loyalität oder aus Mitleid, wusste Kylie nicht. Aber so oder so, sie schätzte es sehr. Wer aß schon gern allein zu Mittag? Das erinnerte sie zu sehr an ihre
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