Shadow Falls Camp - Erwählt in tiefster Nacht: Band 5 (German Edition)
Mutter, in dem sie sich beide entschuldigten – ihre Mom dafür, dass sie bei den Schwangerschaftstests überreagiert hatte, und Kylie dafür, dass sie ungefragt die Kreditkarte benutzt hatte. Es war kein wirklich schlechtes Gespräch gewesen, aber auch kein besonders gutes. Spätestens dann nicht mehr, als ihre Mom anfing, ihr von John vorzuschwärmen und meinte, dass er ihr Seelenverwandter sein könnte.
Irgendwie hatte Kylie es geschafft, ihre Sorgen zu verdrängen. Ihre Lucas-Probleme waren allerdings selbst für eine Verdrängungsspezialistin wie Kylie ein harter Brocken. Um nicht ständig an ihn zu denken, konzentrierte sie sich voll und ganz darauf, wie sie sich als Chamäleon outen konnte.
Sie schwänzte sogar das Frühstück und die Kennenlern-Stunde und versuchte, einen Plan auszuarbeiten. Und sie schaffte … nichts.
Zugegeben, sie war auch nicht gerade in Bestform. Nachdem Lucas gegangen war, hatte der Geist bei ihr vorbeigeschaut – und zwar jede Stunde einmal. Die Geisterfrau brachte ihr diesmal zwar keine abgeschlagenen Köpfe oder Schwerter mit – wofür Kylie ihr sehr dankbar war –, doch bei ihrem letzten Besuch am frühen Morgen brachte sie etwas noch viel Beunruhigenderes mit. Trauer. Sie weinte bitterlich in ihre vors Gesicht geschlagenen Hände und murmelte etwas davon, dass ihr Sohn getötet worden sei.
Da Kylie selbst schon Verluste erlebt hatte, empfand sie Mitleid mit dem Geist. Sie sprach der Frau ihr Beileid aus, erhielt jedoch keine Antwort. Kylie fragte sich, ob die Frau sagen wollte, dass ihr Sohn in der Gegenwart getötet worden war oder ob sie nur etwas durchlebte, was bereits vor längerer Zeit geschehen war. Geister hatten es nicht so mit Zeitgefühl, was es für die Lebenden, die versuchten, ihnen zu helfen, nicht gerade leichtmachte. Andererseits war das nicht das einzige Problem, das Kylie mit ihrem Geist hatte. Zum Beispiel konnte die Frau ihr nicht mal die einfachsten Fragen beantworten, wie:
Wen genau soll ich eigentlich für dich umbringen? Warum gerade ich? Wieso hast du gerade mich zu deiner Auftragskillerin auserkoren?
Gestern Abend hatte Holiday noch kurz bei ihr vorbeigeschaut und sie daran erinnert, dass der Geist wahrscheinlich eine Verbindung zu ihr hatte.
»Wenn du die Verbindung findest, verstehst du vielleicht, was sie von dir will«, hatte ihr Holiday geraten.
Leichter gesagt als getan.
Bisher hatte der Geist nichts gesagt, was daraufhin hindeutete, dass Kylie sie gekannt haben könnte oder dass sie irgendwelche Gemeinsamkeiten hatten.
Zum ersten Mal begegnet war sie dem Geist auf dem Weg zu Lucas’ Verlobungszeremonie. Kylie hatte sich überlegt, dass die Frau vielleicht in dem Wald gestorben war und Kylie sie zufällig aufgescheucht hatte. Insgeheim hoffte Kylie, dass das die Erklärung war. Sie hatte irgendwie ein Problem damit, sich vorzustellen, dass sie mit jemandem etwas zu tun haben könnte, der anderen den Kopf abschlug und wie Trophäen herumzeigte. Und selbst wenn Kylie so jemanden gekannt hätte, dann müsste sie sich doch wohl daran erinnern.
Natürlich war Kylie durchaus bewusst, dass der Geist ihr den Kopf ziemlich sicher nur gebracht hatte, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Aber etwas ein bisschen weniger Dramatisches hätte es doch auch getan. Holiday meinte auch, dass alles, was der Geist tat, oder was er ihr mitbrachte, ein Hinweis sein konnte. So wie das Schwert, das ständig überall auftauchte.
War der Kopf auch ein Zeichen oder ein Hinweis? Andererseits, lag es nicht in der Natur von Hinweisen, nicht
so
offensichtlich zu sein? Und ein abgeschlagener Kopf war für einen Hinweis viel zu offensichtlich. Deshalb vermutete Kylie fast, dass es doch eher darum ging, ihre Aufmerksamkeit zu erregen – was auch funktionierte. Immerhin dachte sie auch jetzt wieder über den Geist nach, anstatt sich mit ihrer Aufgabe zu beschäftigen.
Natürlich musste sie sich irgendwann mit beidem beschäftigen. Doch im Moment hatte sie das Gefühl, dass ihre Aufgabe Vorrang hatte – oder haben sollte, wenn der Geist sie nicht dauernd ablenken würde.
Hayden schrieb die Hausaufgaben für morgen an die Tafel. Kylie wollte sie gerade in ihr Heft notieren, als etwas auf ihrem Schoß landete. Etwas ziemlich Schweres.
Vor Schreck wäre Kylie fast aufgesprungen. Allein ihre Abneigung dagegen, in der Klasse aufzufallen, ließ sie den Schrei, der ihr im Hals steckte, hinunterschlucken und möglichst ruhig sitzen bleiben.
Die Tatsache, dass sich
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