Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)
Stoff seines Hemds zwischen den Fingern.
»Wie geht es dann jetzt weiter?«, fragte sie leise.
»Ich weiß es nicht, Selene.«
Sie blieben noch lange auf dem Felsvorsprung, Seite an Seite, und schauten über den Ozean hinaus.
Eine Stunde später, als sie nach Swarthwick zurückkehrten, fanden sie Leeson auf einer Leiter zwischen den hohen Bögen, die von der großen Halle zu Rourkes Arbeitszimmer führten. Der Mosaikboden rund um den Fuß der Leiter war übersät mit schmalen Brettern, die er aus der Decke gestemmt hatte.
»Ich hoffe, Ihr habt nichts dagegen«, rief er herunter. »Ich habe entdeckt, dass über all diesen Brettern Fenster waren, und der Konservator in mir wollte sicherstellen, dass alle Bleifassungen intakt sind, bevor wir die Festung schließen und nach London zurückkehren.«
Selene schaute zu dem bunten Glas empor. »Haben Sie die Schlange mit einer bestimmten Absicht entworfen?«
Rourke sah Selene wieder an und bemerkte, dass sie mit dem Finger nach oben zeigte und eine Zickzackbewegung machte. »Haben Sie die Schlange so an den Fuß des Baums setzen lassen, dass ihr Auge, wenn die Sonne direkt darüber steht, leuchten würde?«
Rourke stemmte die Hände in die Hüften und schaute auf. Und tatsächlich, die Sonne stand direkt über ihnen, eine goldene Kugel am Morgenhimmel, und sie schien durch das bunte Glas. Und wenn man genau darunter stand, beleuchtete ihr Licht das dunkelgrüne Juwel, das das Auge der Schlange war.
Er antwortete: »Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich daran gedacht habe, aber ehrlich, das ist wohl einfach ein Zufall. Leeson, als Sie eben erwähnten, dass wir die Festung schließen und nach London zurückkehren, meinten Sie da, dass wir Anweisungen erhalten haben?«
Leesons Stimme schallte herunter. »Auf Ihrem Schreibtisch.«
Nachdem er den Brief gelesen hatte, ließ sich Rourke auf dem Stuhl nieder. Was für eine Anhäufung von Ereignissen. Er fühlte sich ausgelaugt und erschöpft, nachdem er das, was ihm auf der Seele gelastet hatte, mit Selene geteilt hatte, und jetzt das …
Er wusste nicht, was er fühlen sollte. Er wusste nicht, welche Worte er sagen oder welche Maßnahmen er ergreifen sollte.
»Es ist vorbei, nicht wahr?«, flüsterte sie. »Meine Verbannung ist zu Ende.«
Rourke faltete das Pergament zusammen. »Der Rat bittet mich, so schnell wie möglich nach London zurückzukehren, um meine Pflichten als Rabenmeister wieder aufzunehmen.«
Selene nickte. Ihre Lippen wurden schmal, als sie sie aufeinanderpresste. Sie klopfte mit der Fingerspitze gegen seinen Schreibtisch. »Der Brief … es steht nicht drin, dass ich eilends nach London zurückkehren soll, nicht wahr?«
»Die Ahnen sagen, dass du tun darfst, was du wünschst.«
»Wie aufreizend unverbindlich von ihnen.« Sie blinzelte heftig, und ihre Hand zitterte. Sie neigte den Kopf und fragte leise: »Bin ich meiner Pflichten als Schattenwächterin enthoben worden?«
Er kam um den Schreibtisch herum, um vor sie hinzutreten. Er wollte sie bei den Armen fassen und sie an sich ziehen. Eine Stimme in seinem Kopf sagte ihm, dass er die Dinge nicht noch schwieriger machen sollte, als sie bereits waren.
»Darüber stand nichts in dem Brief.«
Er konnte sehen, wie ihr Verstand arbeitete. »Vielleicht warten sie ab, bis ich nach London zurückkehre, um die Dinge zu beenden.«
»Es besteht kein Grund, warum sie dir nicht mehr Zeit geben sollten. Und nach allem, was ich gehört habe, hat Lady Black weiter an ihrem Impfstoff gearbeitet.«
»Nein.« Selene schüttelte den Kopf. »Keine Impfstoffe mehr.«
Rourke verkündete allen auf Swarthwick, dass sie in zwei Tagen abreisen würden. Das hieß, allen bis auf die Kinder. Seine und Leesons Nachfragen hatten ergeben, dass McGregor von der königlichen Leibwache in den Ruhestand getreten war. Er hatte eine gebildete Tochter und einen Schwiegersohn, der Schullehrer war. Das Paar war bedauerlicherweise über die Jahre kinderlos geblieben. Rourke hatte die drei eingeladen, sich auf Swarthwick als Hüter sowohl des Besitzes als auch der Kinder niederzulassen, und seine Einladung war begeistert angenommen worden. Sie würden alle in der Burg leben, bis ein neues Verwaltercottage erbaut war.
Gegenwärtig kauften Rourke und Leeson Nägel, Holz und andere notwendige Dinge für die letzten Reparaturen, die die Burg benötigen würde, bevor die neuen Bewohner einzogen. Als er Mr Harbottles Laden verließ, in dem jetzt eigenartigerweise eins der
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