Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)
Ich war damals jung. Hitzköpfig und arrogant. Ich habe sie angeschrien und schreckliche, unverzeihliche Dinge gesagt.«
»Ganz gleich, wie sehr du sie geliebt hast, sie hat versucht, ihren Ehemann zu vergiften, dich zu ermorden, den Herrn dieser Ländereien«, rief Selene ungläubig aus. »Welcher Mann hätte anders reagiert?«
Er schlug sich mit der Faust auf die Brust, und seine Miene war grimmig. »Ich hätte anders reagieren sollen.« Die Worte kamen in einem Zischen. »Wenn es heute gewesen wäre, wäre alles anders gewesen. Du weißt, wie diese Sterblichen sind, Selene, mit ihren Vorstellungen von Privilegien und Status – als Edelfrau wäre sie in ein komfortables Irrenhaus auf dem Land gebracht worden, wo sie unser Kind zur Welt gebracht hätte, und anschließend wäre sie für einige Jahre weiter dort festgehalten worden, bis sie zurückgekehrt wäre, um bei ihrer Familie zu leben. Das Kind wäre mir übergeben worden. Unsere Ehe wäre natürlich annulliert worden. Nichts von alldem hätte jedoch eine Rolle gespielt, weil sie und mein Kind am Leben gewesen wären.«
»Was ist passiert, Rourke? Was ist hier passiert? Wie ist sie gestorben?«
»Sie sagte mir, dass sie mein Kind erwarte. Verstehst du, ich hatte es bis zu diesem Moment nicht gewusst. Ihr wurde nicht übel, und es gab auch sonst keine verräterischen Zeichen.« Er schloss die Augen und stieß die Luft durch die Nase aus. »Sie erzählte mir, dass sie es nicht ertragen könne, mir je wieder in die Augen zu schauen, dass sie aber unser Baby nicht zurücklassen werde, um für das gehasst zu werden, was seine Mutter getan hatte. Und sie ging an den Rand des Abgrunds …«
»Oh nein, Rourke …« Es war fast unerträglich, ihn so von der Erinnerung gepeinigt zu sehen. Tränen verschleierten ihre Augen, und sie streckte die Hand nach ihm aus.
Er schüttelte den Kopf und zog sich zurück. »Ich habe versucht, sie aufzuhalten, aber sie ist gesprungen. Bis ich zu den Felsen hinabgeklettert war, hatte die Flut ihren Körper bereits ins Meer hinausgezogen.«
»Sie hat dir keine Chance gegeben, ihr Barmherzigkeit zu zeigen.«
»Irgendwie spielt nichts von alldem eine Rolle, nicht einmal jetzt. In der Wildheit meines Zorns, in der Blindheit meines Stolzes habe ich den Tod meines eigenen Kindes verschuldet. Ich hatte nie etwas so gewollt wie sie beide, meine eigene Familie. Ich war ein Bastard, Selene. Ein ausgestoßener, den niemand wollte, bis ich bewies, was für ein guter Mörder ich war. Aber ich wollte eine andere Art von Vater sein. Ich habe nie das Gesicht meines Kinds gesehen. Es nie auf dem Arm gehalten. Und daher habe ich für mein Kind ein Gelübde abgelegt …«
»Was für ein Gelübde?« Sie keuchte, so aufgewühlt war sie. »Allein zu leben? Niemals wieder zu lieben?«
»Ja, das alles«, stieß er hervor.
»Dein Leben als Unsterblicher wolltest du in Einsamkeit verbringen, im Gedenken an das Kind, dessen Tod du glaubst verursacht zu haben.«
»Ich habe mein Gelübde gehalten, Selene, bis du gekommen bist.«
Selene trat näher an ihn heran, versuchte aber nicht noch einmal, ihn zu berühren. »Ich verstehe deine Trauer, und dass du denkst, du könntest dich irgendwie von der Schuld reinwaschen, indem du dich selbst für immer und ewig bestrafst. Aber lass es gut sein, Rourke. Du hast dich genug bestraft. Es wird Zeit, von deinem Schwur abzulassen.«
Er zuckte zusammen, als sei er außerstande, sich das vorzustellen. »Du missverstehst mich, Selene. Ich will keine Absolution.«
»Was willst du mir sagen, Rourke?«
»Ich bin unsterblich geworden aus dem einzigen Zweck, dafür zu sorgen …« Er räusperte sich und wandte den Blick ab.
Die Erkenntnis dessen, was er nicht aussprach, rauschte in ihren Ohren.
»Um dafür zu sorgen, dass du auf ewig bestraft würdest.«
Er nickte. »Selbst im Tod hat sich Rowena an mich gebunden. Jede Nacht, Selene, habe ich von ihr geträumt.
Bis du gekommen bist.
Jede Nacht habe ich von ihrem Haar in meinen Händen geträumt. Von ihren Lippen auf meiner Haut und ihren Worten des Hasses und der Anklage, die in meinen Ohren gellten.
Bis du gekommen bist.
« Er knirschte die Worte durch zusammengebissene Zähne. »Ich habe versucht, dich zu vergessen. Selbst mit anderen Frauen, die aussahen wie sie, um dich aus meinem Kopf herauszuhalten, aus meinem Herzen, aber verdammt sollst du sein …« Seine Worte verklangen im Wind.
Schließlich berührte sie ihn, und er zuckte nicht zurück. Sie rollte den
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