Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
Eisentoren auf die Straße hinaus. Archer sah sie flüchtig an. »Wohin möchten Sie fahren? Dies ist nämlich Ihr Nachmittag.«
»Wirklich? Meiner? Aus welchem Anlass?«
Archer schaute über die Köpfe der Pferde hinweg auf die Straße. »Neulich abends in Ihrem Zimmer haben Sie das Thema Abschied angeschnitten.«
»Sie werden bald fort sein.«
»Ja.«
Sie hatte die ganze Zeit über gewusst, dass er gehen würde, und hatte es in ihrem Schlafgemach ernst gemeint, als sie gesagt hatte, dass sie nichts von ihm erwarte. Sie hatten beide Träume und Verpflichtungen, die sie in unterschiedliche Richtungen führten. Trotzdem bedeutete das nicht, dass sie nicht einen Nachmittag miteinander verbringen konnten, um etwas zu haben, an das sie sich erinnern konnten.
Sie lächelte, um ihren Herzschlag zu beruhigen. »Dann lassen Sie uns das Allerbeste aus meinem Nachmittag machen. Da ich diejenige bin, die die Entscheidungen trifft, wo wir hinfahren – meinen Sie nicht, ich sollte die Zügel übernehmen?«
Ohne den leisesten Protest reichte Archer ihr die Zügel. »Gewiss, wenn Sie wünschen.«
»Betrachten Sie sich als mir ausgeliefert, Euer Gnaden. Wenn Sie auf eine sanfte Fahrt zum Hyde Park gehofft haben, hätten Sie mir die Zügel nicht überlassen dürfen.«
Nur kurze zehn Minuten später lenkte sie Pferd und Wagen auf die Jermyn Street. Sie kamen an einer Reihe fünfstöckiger Gebäude vorbei, die voller Läden und Büros waren. Sie fuhr weiter nach Osten, bis die Ladenfronten schäbiger wurden.
Am Straßenrand brachte Elena die Kutsche zum Stehen. »In einem der Stadtführer habe ich von einem Laden gelesen, den ich gern besuchen würde, und ich glaube, er ist gleich dort drüben.«
Sie knotete die Zügel fest, und der Reitknecht ritt herbei, um sich um den Wagen zu kümmern. Archer stieg aus und umfing Elena in der Taille, um sie neben sich auf den Gehweg zu stellen. In dem Schaufenster fanden sich Reklameschilder für diverse Gegenstände. Tee. Medizinische Pulver. Und in der Nähe der Tür prangte ein Schild: TÄTOWIERUNGEN.
»Erzählen Sie mir noch einmal, warum wir hier sind?« Archers Brauen zogen sich argwöhnisch in die Höhe.
»Ich habe über den Herrn gelesen, dem dieser Laden gehört. Er verkauft alle möglichen Dinge von überall auf der Welt und behauptet, von Omai abzustammen, der Polynesierin, die Kapitän Cook von den Marquesas mitgebracht hat.« Sie zuckte die Achseln. »Wer weiß, vielleicht ist es wahr.«
»Und er ist Tätowierer.«
»Ja.«
»Warum beschleicht mich ein Gefühl, als sei ich irgendwie in Gefahr?«
»Ich habe es bereits.« Elena lächelte, engelsgleich und teuflisch gleichzeitig.
Er hatte die Schlange schon früher gesehen, aber das wusste sie natürlich nicht. Spielerisch umfasste er ihr Handgelenk und schob kühn die eng anliegende Stulpe ihres Lederhandschuhs herunter. Als er sie wiedersah, geschlungen um ihr blasses, zartes Gelenk, erwachte in ihm der feurige Impuls, den Mund auf das gezeichnete Fleisch zu pressen.
»Ist das der Grund, warum sich Mrs Hazelgreaves so erregt hat?«
»Ich bin nicht so skandalös, wie sie gern glauben möchte. Kleine, diskrete Tätowierungen gelten selbst in den exklusivsten weiblichen Kreisen als sehr schick.«
»Sagen Sie mir, warum wir hier sind.«
Röte schoss ihr in die Wangen. Er hielt ihr Handgelenk noch immer umfasst. Es war beinahe so, als hielten sie Händchen auf einer belebten Straße, während alle um sie herum in Bewegung waren.
»Ich konnte nicht umhin, es in der ersten Nacht, in der ich Sie in Ihrem Arbeitszimmer getroffen habe, zu bemerken, und dann wieder an diesem Abend in Ihrem Zimmer …«
Jetzt hatte er das Gefühl, als würde er erröten. Wann war das das letzte Mal vorgekommen? »Was zu bemerken?«
»Sie haben keins.«
»Es gibt einen Grund dafür. So ein verdammtes Ding hält für immer.«
Sie legte den Kopf schräg. »Was ist an für immer auszusetzen?«
Sie konnte nicht wissen, wie tief ihn ihre Worte trafen. Er würde das Wort »Liebe« nicht sagen oder auch nur denken, denn es war unmöglich, es im Zusammenhang mit seiner einsamen Existenz zu erwägen. Aber er hatte eine überaus gefährliche und verzehrende Leidenschaft für sein schönes junges Mündel entwickelt. Es war quälend zu wissen, dass jeder Augenblick sie einem Lebewohl näherbrachte. Er blinzelte gegen den verdrießlichen Gedanken an.
»Sie stellen mich auf die Probe.«
Ihre zweifarbigen Augen machten ihn mit ihrer schelmischen
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