Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
ausgeklügelten, glänzenden Art hochgesteckt worden, einer Art, die das Leuchten ihrer Augen und die Form ihrer zierlichen Nase betonte. Sie hatte das Standardweiß einer gesellschaftlichen Debütantin abgelehnt und trug stattdessen ein Kleid aus auberginenfarbener Seide, kunstvoll geschnitten, um ihre üppigen weiblichen Reize perfekt zur Geltung zu bringen. Die gefeierten Lieblinge der Gesellschaft waren nichts gegen sein schönes Mündel.
Trotz Elenas Behauptung, kein Interesse für die Gesellschaft zu haben, schien sie sich nicht im Mindesten unwohl zu fühlen, als sie in den Raum voller Fremder trat. Tatsächlich, mit dem ersten Lächeln, dessen Wärme alles überstrahlte, wechselte die Stimmung unverzüglich von angespannt und ernst zu lebhaft und fröhlich. Alle Herren sprangen von ihren Stühlen, und zwei prallten an den Schultern zusammen bei dem Versuch, ihr einen Sitzplatz anzubieten. Mrs Hazelgreaves trippelte in die gegenüberliegende Ecke des Raums.
Sobald Elena saß, kehrten die Herren auf ihre Plätze zurück. Archer seufzte vor Erleichterung, dankbar, dass die allgemeine Aufmerksamkeit nicht mehr ihm galt. Gleichzeitig spürte er sein Herz schwer wie ein Stein in der Brust, da er wusste, dass einer dieser Herrn, wenn nicht gar alle, um das Recht wetteifern würden, seiner Elena den Hof zu machen.
Für einen flüchtigen Moment beneidete er sie um ihre Sterblichkeit und fragte sich, wie es wäre, ihr Leben zu leben, statt mit der ewigen Verantwortung belastet zu sein, die widerwärtigsten und verkommensten Seelen der Menschheit auszumerzen.
»Tee, Euer Gnaden?« Elena beugte sich zu ihm vor, ihre Brüste köstlich in ihrer seidenen Wiege. Sie balancierte eine zierliche Teetasse mit Unterteller in den Händen.
Er nahm die Tasse entgegen und kam sich riesig und ungelenk vor. Wirklich, das ganze Teeritual war geradezu lächerlich.
Lord Rathcliffe gaffte offen Elenas Brüste an. Archer runzelte die Stirn und strich ihn im Geiste von der Liste.
Lord Levinger beugte sich auf seinem Stuhl vor. »Ich höre, Sie haben einige Zeit damit verbracht, auf der Armenstation im Hospital in Whitechapel zu arbeiten.«
Elena lächelte süß. »Tatsächlich bin ich als Krankenschwester im Probejahr dort angestellt.«
Rathcliffes matronenhafte Schwester nickte und streifte Elena mit einem Blick voll offensichtlicher Nervosität. »Ich bin mir sicher, Ihre Zeit dort ist sehr fruchtbringend.«
»Sie müssen uns alles darüber erzählen«, ermutigte ein anderer sie.
Elena faltete die Hände im Schoß. »Oh, ich möchte Sie nicht langweilen.«
Lord Nevil, der sich in die Nähe des Kaminsimses gestellt hatte, sagte schwärmerisch: »Ich bin mir sicher, dass jede Geschichte, die Sie erzählen, nichts Geringeres als faszinierend sein würde.«
»Also schön«, gab Elena huldvoll nach. »Eines Nachmittags kam ein Herr ins Hospital, dessen Fuß so angeschwollen war, dass wir kaum den Stiefel herunterbekamen, um festzustellen, was los war. Und als wir den Fuß vor uns hatten, wissen Sie, was wir entdeckt haben?«
»Verraten Sie es uns, Ms Whitney.«
»Maden.« Sie lächelte so unschuldig, als sprächen sie über Regenbögen und Schmetterlinge. Erst jetzt schöpfte Archer Verdacht, was das Ausmaß ihrer Rebellion betraf. »Ja, es ist wahr. Ein Stiefel – und ein Bein – voller Maden.«
Archer wurde ganz heiß vor Schreck, Röte schoss ihm ins Gesicht.
»Oje«, rief eine der Matronen, Komtessen oder was auch sie immer waren; sie klang kränklich. »Sehen Sie nur … sehen Sie nur, wie spät es ist. Wir haben Lady Eggerton versprochen, dass wir heute Nachmittag noch bei ihr vorbeischauen würden.«
Bei diesen Worten stand Elena auf. Obwohl sie kein Wort mit Archer gewechselt hatte, verriet ihr gelassener Blick alles. Er hatte nie gedacht, dass Elena zu solch offenem Trotz fähig wäre. Sie stellte sich höflich an die Tür und dankte allen für ihren Besuch. Als sie fort waren, stolzierte sie aus dem Raum.
»Elena«, donnerte er und eilte ihr nach, aber sie raffte ihre Röcke und floh die Treppe hinauf.
Er wäre ihr gefolgt, aber hinter sich hörte er das unterdrückte Lachen einer Frau. Er drehte sich um und kehrte in den Salon zurück, wo Mrs Hazelgreaves die hastige Flucht ihrer Besucher von ihrem Ausguck neben dem Erkerfenster beobachtete. Jetzt, da alle anderen fort waren und er seine Aufmerksamkeit auf sie konzentrierte, fielen ihm ihre erstarrten, geradezu künstlichen Züge auf.
»Sie«, knurrte Archer
Weitere Kostenlose Bücher