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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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gut an. Elena erschauerte, grub ihre Hände in sein Haar und zog seinen Kopf herunter, um den Kuss zu vertiefen. Er stöhnte kehlig. Der Zug ruckte erneut an. Sie verloren das Gleichgewicht, fielen gegen das Bett und landeten übereinander auf dem Boden. Artur streckte sich aus, ein Bein gegen das Bett gestützt. Elena lag auf seiner Brust.
    »Geht es dir gut?« Sie versuchte, sich von ihm herunterzurollen, und legte die Hand auf den Boden. Sie fühlte etwas Klebriges und verzog das Gesicht.
    Artur schlang seinen Arm um sie, eine sehr wirkungsvolle Falle. Sein Blick war heiß und hungrig, aber er lächelte. »Mir geht es gut. Und dir?«
    Elena wollte sich etwas Schlaues ausdenken, aber so dicht an seinem Gesicht, an ihn geschmiegt, fiel ihr einfach nichts ein. Artur schien sie trotzdem zu verstehen. Sein Lächeln erlosch. Er setzte sich auf, hielt sie dabei fest und richtete sie mit auf, bis Elena rittlings auf seinem Schoß saß. Ein wundervoller Platz. Sie beugten sich vor und küssten sich erneut.
    Jemand klopfte an die Tür. Sie öffnete sich, und Rik warf einen Blick in das Abteil. »Oh.« Selbst dieses eine Wort klang amüsiert. »Das erklärt dieses Krachen. Ihr habt schon angefangen.«
    Artur biss die Zähne zusammen. Rik blinzelte, trat rasch zurück und schloss die Tür.
    »Ich mochte ihn lieber, als er noch launisch war«, murmelte Elena und knabberte an Arturs Ohr. Er drückte sie fester an sich.
    »Er erinnert mich an einen Freund.« Artur küsste ihren Hals. »Nur die jugendliche Ausgabe. Was bedeutet, dass wir keinen Frieden finden werden.«
    Damit konnte Elena leben, vor allem, wenn es sich um diese Variation des »Unfriedens« handelte. Artur dagegen sehnte sich nach Frieden, und ihr drängte sich eine Frage auf. Sie musste sie einfach stellen.
    Sie umarmte ihn. »Warum tut dir das nicht weh, Artur? Ich weiß, dass du dich aus einem guten Grund bedeckt hältst, deine Haut schützt, also müsste das hier ... es dürfte doch eigentlich nicht so selbstverständlich für dich sein. Das Anfassen, meine ich.«
    »Warum fragst du? Weil ich es so gut kann?« Er grinste spöttisch.
    Elena lachte und versuchte spielerisch, ihn von sich wegzuschieben. »Nein. Du weißt genau, was ich meine.«
    Artur schloss die Augen. »Du hast natürlich recht, Elena. Es ist nicht gerade natürlich für mich. Und es ist auch schon Jahre her, seit ich mir erlaubt habe, jemanden so gründlich kennenzulernen.«
    »Bereitet es dir Schmerzen?« Sie hatte Angst vor seiner Antwort. »Gibt es etwas in mir, das anzusehen schmerzlich ist?«
    »Nein«, hauchte er ihr ins Ohr. »Selbst deine Schatten sind süß.«
    »Niemand ist nur gut, Artur. Von mir weiß ich jedenfalls, dass ich es nicht bin.«
    »Gut und schlecht sind eine Frage der Perspektive, Elena. Es sind sehr relative Begriffe. Du hast ruchlose Gedanken, schmerzhafte Begierden, aber sie sind so ... zu klein im Vergleich zu deinem ungeheuren Mitgefühl, dass sie bedeutungslos wären. Dich anzufassen ist entzückend, Elena. Du bist ein ungeheurer Trost.«
    Hätte er sie nicht so ernst angesehen, sie hätte ihm vorgeworfen, dass er sie veralberte. Sie musste ihm einfach glauben. Oder jedenfalls glaubte sie, dass er das glaubte. Elena kannte sich. Sie hatte nur wenig Vertrauen in die Qualität ihrer Seele, auch wenn sie selbst sich durchaus zu den »guten« Menschen zählte.
    Der Zug fuhr an, langsam zunächst, bis sich die kriechende Geschwindigkeit zu einem lauten Donnern der Räder steigerte, unterlegt mit dem rhythmischen Klacken der Schienenverbindungen. Er brachte sie von Wladiwostok fort, von dem Gespenst jener »Einrichtung«; dem stillen Mann und Beatrix Weave. Sie waren zwar nicht in Sicherheit - das würden sie vielleicht niemals sein -, aber Elena genügte die Illusion. Fürs Erste.
    »Puff-puff«, sagte sie leise. »Und auf und davon.«
    Hinein ins Ungewisse, wohin auch immer sie ihr Weg führen mochte.

12
    Sie versammelten sich im Speisewagen. Er war nur spärlich besetzt; die Amerikaner aus dem Schlafwagenabteil nebenan saßen in einer Ecke und unterhielten sich. Elena beobachtete sie einen Augenblick lang und beneidete sie um ihre Normalität. Ein Ehepaar, eindeutig verliebt. Sie wurden nicht von irgendwelchen Verrückten verfolgt. Ihnen bereitete nur Sorgen, dass sie ein Abendessen in einer fremden Sprache bestellen mussten und lediglich beten konnten, dass es ihnen nicht auf den Magen schlug. Elena hatte gerade die Toiletten in ihrem Wagen aufgesucht; kein Ort,

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