Shadow Touch
olivgrüne Uniform trug. Ihr Gesicht hatte Ähnlichkeit mit dem einer alten Bulldogge, und ihr Mund war von rotem Lippenstift verschmiert. Sie wirkte ziemlich streng.
Doch kaum hatte Artur angefangen mit ihr zu sprechen, veränderte sich ihre Miene, wurde fast schön. Sie nickte lächelnd. Artur schob ihr Geld zu. Ihr Lächeln wurde breiter und sie entfernte sich über den Gang.
»Verdammt, bist du gut«, lobte Elena, als er nah genug war, um sie hören zu können.
»Ich bin nur höflich.« Aber sein Lächeln verriet Elena, dass er genau wusste, was er tat. »Zugbegleiter wie Miss Gogunov sind sehr bedeutende Persönlichkeiten in einem Zug wie diesem. Es ist gut, wenn man sich freundlich mit ihnen stellt.«
Tatsächlich kehrte Zugbegleiterin Gogunov sehr bald zurück, diesmal mit einem großen Stapel Bettwäsche und
Handtüchern in den Armen, die allesamt mit militärischer Präzision gefaltet waren. Sie ignorierte die Männer vollkommen und drückte Elena den Stapel in die Arme. Die taumelte geradezu unter dem überraschend großen Gewicht.
Miss Gogunov warf ihr einen missbilligenden Blick zu, zischte ein paar Worte auf Russisch, die ganz gewiss keine Höflichkeiten waren, und redete dann, erheblich freundlicher, mit Artur. Sie lächelte ihn sogar an. Er erwiderte das Lächeln. Dann kicherte sie und zwackte ihn in den Kragen. Er nahm ihre Hand und drückte einen Kuss auf ihren Handrücken. Elena verdrehte die Augen.
Was die alte Frau bemerkte und Elena ein paar weitere scharfe Worte eintrug. Elena lächelte verständnislos und sagte gar nichts. Was in jeder Sprache Antwort genug war. Zugbegleiterin Gogunov grunzte, machte auf ihren harten Sohlen kehrt und marschierte den Gang zurück. Der Boden vibrierte unter jedem ihrer Schritte.
»Ich glaube, Elena«, bemerkte Amiri zurückhaltend, »sie mag Sie nicht besonders.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit«, erwiderte Elena und starrte Artur finster in sein amüsiertes Gesicht. »Na klar, lach nur.«
Aber er lachte nicht. Sondern betastete die Ecke eines der cremefarbenen Laken.
»Nein«, sagte sie. »Ich mache euch nicht die Betten.«
»Alas, die Früchte des Feminismus.« Rik grinste und schnappte sich sein Bettzeug und ein Handtuch, bevor Elena es ihm an den Kopf werfen konnte. Amiri schnalzte mit der Zunge und folgte seinem Beispiel. Sie verschwanden in ihrer Kabine und schlossen die Tür hinter sich.
Damit blieb nur noch Artur übrig. Er stand sehr nah bei ihr, sehr warm, und betrachtete mit seinen dunklen Augen ihr Gesicht. Sein Blick war so freundlich, so zärtlich - Elena würde ihm sein verdammtes Bett beziehen, wenn er ihr nur verspräche, sie für den Rest ihres Lebens so anzusehen.
Er nahm ihr sein Bettzeug und das Handtuch vom Arm. »Wir sollten vom Flur weg ...«
»Oh. Ja, sicher.« Elena stolperte rückwärts in das Abteil. Ihre Kniekehlen stießen gegen den Rand des Bettes, sie fiel mit dem Hintern darauf. Was unerwartet wehtat; ihre Matratze sah zwar weich aus, war aber bretthart. Artur sah zur Seite. Elena vermutete, er wollte sein Lachen verbergen.
Schweigend machten sie ihre Betten. Das Abteil war jedoch so klein, dass sie es nicht vermeiden konnten, sich zu berühren. Und jede Berührung, so unschuldig sie auch sein mochte, brannte wie Feuer in ihrem Schoß. Sie konnte nichts dagegen tun. Es war fast wie eine Krankheit, eine Sucht, doch selbst wenn sie sich hätte heilen können, hätte sie es nicht getan, weil es sich zu gut anfühlte. Es war erregend, einem Mann so nah zu sein, der diese Wärme auch verdiente. Es gab nur so wenige. Sie waren Illusionen, die wie billige Fassaden umherstolzierten. Sie waren die langen, harten Jahre nicht wert.
Artur dagegen war keine Illusion. Sein Herz war wundervoll.
Ihre Hüften stießen aneinander, ihre Ellbogen rieben sich. Als er hinter ihr vorbeiging, streifte er mit der Hand kurz ihre Taille. Ihre Handfläche berührte seine Hüfte. Feuer, Feuer, Feuer ... sie fühlte es, als sich ihre Rücken streiften, heiß, und aneinander vorbeiglitten. Elena bückte sich, um das Laken unter die Ecke der Matratze zu stopfen, und fühlte, wie er sie dabei schweigend beobachtete. Sie wollte, dass er sie erneut berührte, absichtlich diesmal, mehr, und ihr Körper schmerzte vor Verlangen.
Der Moment verflog, als draußen auf dem Bahnsteig ärgerliche Stimmen ertönten. Sie schrien etwas auf Russisch.
Artur warf einen Blick aus dem Fenster. Elena trat zu ihm. Eine hagere Gestalt mit schütterem Haar und
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