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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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heilen. Es wird vielleicht sogar ein volles Jahr dauern, bis sie ihren Körper wieder ganz benutzen kann. Ich habe das bereits dem Arzt gesagt. Allerdings dürfte er wohl keine Zeit gehabt haben, diese Information weiterzugeben, bevor er, ähm, starb.«
    Amiri runzelte die Stirn.
    »Nein«, erklärte Artur. »Dass du dich wieder fangen lässt, kommt nicht in Frage.«
    »Beatrix aufzuhalten ist von höchster Priorität. Wenn sie mich erwischt, macht sie sich vielleicht nicht mehr die Mühe, euch auch noch zu jagen. Also verbessert sich eure Chance, Moskau zu erreichen. Selbst ich komme vielleicht nach Moskau. Denn wenn Beatrix nicht weiß, dass ihre Lähmung nicht augenblicklich geheilt werden kann, vermag ich sie vielleicht zu überreden, mich mitzunehmen, um >die Behandlung fortzusetzen<. Versteht ihr? Das ist doch fantastisch.«
    »Es ist idiotisch!«, widersprach Amiri. »Wir sind keine Wölflinge, von denen Sie die Jäger ablenken müssen. Wir sind erwachsene Männer, die auf sich selbst und auf andere aufpassen können.«
    »Ich denke nur an das größere Gute«, wandte Elena ein. »Mich wird sie nicht töten.«
    Aber du könntest Beatrix umbringen. Der Gedanke überraschte sie kalt. Er war erschreckend, faszinierend und entsetzlich zugleich und war vor allem vollkommen logisch. Sie konnte es mit einer einzigen Berührung tun. Sie konnte das
    Herz der Frau stillstehen lassen, die Adern in ihrem Gehirn zum Platzen bringen.
    »Diese ganze Selbstaufopferung macht mich krank«, erklärte Rik, aber Elena hörte ihn kaum. Sie bekam nicht einmal mehr Luft.
    Artur beugte sich vor. »Was hast du, Elena?«
    Sie schüttelte den Kopf. Sie konnte es ihm nicht sagen, die Worte unmöglich laut aussprechen. Er zog den Handschuh aus und berührte ihre Hand. Seine Miene verfinsterte sich.
    »Nein«, erklärte er. »Nein, das kannst du nicht. Überlass das lieber anderen, Elena. Lass mich das tun.«
    »Was tun?«, erkundigte sich Rik, doch Amiri legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter. Elena hielt Amiri zwar nicht für einen Gedankenleser, aber er sah sie so wissend an, dass sie die Vermutung hatte, er wisse sehr genau, worüber sie nachdachte.
    »Es wäre wunderbar«, wiederholte sie und versuchte, normal zu sprechen. »Es würde viele Leben retten.«
    Artur nahm ihre Hand in die seine und drückte sie sanft. »Du hast dein ganzes Leben der Heilung anderer gewidmet. Hör jetzt nicht damit auf, Elena. Nicht auf diese Weise.«
    »Es gefällt mir nicht gerade, Menschen zu töten«, erklärte Elena. »Ich glaube, niemandem hier am Tisch gefällt das. Aber du bist dazu bereit, wenn du damit eine Tragödie verhindern kannst. Ich empfinde es genauso, Artur. Ich könnte es tun.«
    »Das weiß ich«, gab Artur zurück. »Ich will nur nicht, dass du es tust.«
    Elena entzog ihm ihre Hand. »Das ist meine Entscheidung.«
    »Wow!« Rik starrte sie an. »Halluziniere ich das gerade? Oder haben Sie eben gesagt, Sie könnten diese Frau kaltmachen?«
    »Rik.« Amiri versuchte, den jungen Mann erneut zum Schweigen zu bringen, aber diesmal ließ sich Rik nicht aufhalten.
    »Nein«, beharrte er. »Das will ich jetzt wissen.«
    »Ich kann heilen«, antwortete Elena, die das Gefühl hatte, eine kalte Hand lege sich um ihr Herz. »Und ich habe kürzlich festgestellt, dass ich mit derselben Gabe auch töten könnte.«
    »Falls sie Sie also erwischt und Sie dazu zwingt, sie zu heilen ...«
    »Könnte ich es tun, ja.«
    »Hört auf.« Artur klang gereizt. »Du hast es bei Charles Darling schon einmal fast getan. Aus welchem Grund glaubst du, dass er Beatrix nicht erzählt hat, was du mit ihm getan hast? Oder dass sie es nicht durch ihre Verbindung zu ihm gespürt haben könnte? Und was ist mit dem Wurm? Sie könnte dich infizieren, dich kontrollieren, und du wärst nie wieder du selbst. Du bekämst gar nicht erst die Chance, diesen närrischen Plan umzusetzen - und dein Opfer wäre umsonst.«
    Elena wandte den Blick ab und sah aus dem Fenster. Berge ragten in den blauen Himmel hinein, der so hell strahlte, dass es in ihren Augen schmerzte, bis in ihr Herz hinein. Sie stand auf und nahm ihre Bierflasche vom Tisch. »Wir unterhalten uns später weiter.«
    »Elena.« Artur war ebenfalls aufgestanden.
    »Nicht«, bat sie. »Lass mich ... lass mich einfach allein.«
    Sie glaubte, seine Stimme in ihrem Kopf zu hören, sein Flüstern: Ich will dich nicht allein lassen, aber sie unterdrückte es, versuchte, den Schmerz in ihrem Herzen zu ignorieren,

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