Shadow Touch
Eingangstür der Lobby. Artur blieb an seiner Seite.
Amiri und Rik beobachteten sie argwöhnisch, was Artur ihnen nicht verdenken konnte. Sie legten ihre Leben in seine Hände, in die eines vollkommen Fremden, und das nur aufgrund einer kurzen Versicherung guter Absichten. Artur hätte das im umgekehrten Fall niemals toleriert. Er vertraute den Gestaltwandlern ebenfalls nicht, jedenfalls nicht gänzlich. Worte genügten da nicht. Die einzigen Wahrheiten, die zählten, waren Taten, und zwar ehrliche Taten, die immer und immer wiederholt wurden.
Elena dagegen war bereits viel zu sehr ein Teil von ihm. Da gab es weder Zweifel noch Bedenken. Er vertraute ihr wie sich selbst, was bemerkenswert war, ja geradezu ver-rückt. Artur hatte das noch nie bei einer Person empfunden. Es hatte ihn Jahre gekostet, seinen Freunden bei der Agentur zu vertrauen; bei Elena war das innerhalb eines Tages geschehen.
Trotz ihrer Worte in seinem Kopf war er noch nicht überzeugt, dass sie auch dasselbe für ihn empfand. Es war beklemmend, so exponiert in seinem eigenen Herzen zu sein, ohne die Gewissheit, dass dieses Gefühl auch erwidert wurde.
Aber dass sie vor dich getreten ist, als eine Waffe auf dein Herz gerichtet wurde, ist ein gutes Anzeichen.
Er merkte, dass er gereizt wurde. Wie konnte er so viel Energie darauf verwenden, ihre Gefühle zu entschlüsseln? Konnte es in diesem Augenblick, da sie sich einer solchen Bedrohung gegenübersahen, so bedeutend sein, ob sie ihn mehr als nur mochte?
Allerdings. Es machte einen Unterschied.
Elena lehnte an dem Empfangstresen. Ihr Gesicht war aschfahl und ihre Augen viel zu dunkel. Sie wirkte aufgeregt und wütend; eine ungute Mischung.
»Ich glaube, du steckst mächtig in der Klemme«, erklärte Mikhail leise. »Wenn du willst, kann ich dich daraus befreien.«
»Das würde dir gefallen«, sagte Artur.
»Allerdings. Obwohl es mir vielleicht noch besser gefiele, wenn du dich vor einer Frau demütigen würdest.«
Artur schwieg. Für Elena würde er sogar auf Händen und Knien betteln.
Zum Glück zwang sie ihn nicht dazu. Sie sagte kein Wort, warf ihm nur einen harten Blick zu und wandte sich dann an Mikhail.
»Ich glaube, ich hasse Ihr Machogehabe«, sagte sie, was dem überraschten kleinen Russen bellendes Gelächter entlockte. Rik stieß ein ersticktes Keuchen aus und Amiri schüttelte einfach nur den Kopf. Artur schloss die Augen.
»Wundervoll!«, krähte Mikhail, immer noch grinsend. »Sie sind Amerikanerin, ja? Eine vollendete Frau. Ich mag Sie.«
»Dann ist ja alles geklärt«, erwiderte Elena. »Ich mag es aber nicht, wenn jemand meine Freunde bedroht.«
»Elena«, begann Artur, doch sie hob die Hand.
»Nicht«, sagte sie. »Ich habe es satt, dass uns Leute bedrohen. Das ist kein Spiel. Und es ist auch nicht lustig. Und Sie ...«, sie blickte Mikhail an, »sollten sich schämen.«
»Ich schäme mich keineswegs«, erwiderte dieser, »aber ich entschuldige mich.«
»Das genügt«, sagte Elena. »Artur, du hast doch etwas mit ihm zu besprechen, oder?«
»Habe ich«, erwiderte er verdattert.
»Dann tu das, damit wir hier wegkommen.«
Mikhail seufzte, tief und genüsslich. »Wenn meine Frau nicht schon ihren Namen auf meine Eier gebrannt hätte, ich würde alles tun, um Ihnen den Hof zu machen, das schwöre ich. Ich mag Ihr Feuer.«
»Ich finde das Bild zwar ein wenig geschmacklos, aber trotzdem - danke für das Kompliment«, erwiderte Elena.
Mikhail richtete seinen Blick auf das Mädchen hinter dem Empfangstresen und schnippte mit den Fingern. »Anna«, sagte er auf Russisch, »führe Arturs Freunde in ein Zimmer, in dem sie sich erholen können. Und besorge der Frau frische Kleidung und Make-up.«
Das Mädchen sprang auf und wühlte in einer Schublade nach Schlüsseln.
»Wenn Sie Anna nun begleiten würden«, fuhr Mikhail auf Englisch fort. »Sie wird Sie in ein behagliches Zimmer führen.«
Elena, Rik und Amiri starrten Artur an, der nickte. »Mi-khail steht zu seinem Wort. Ihr seid in Sicherheit, solange wir beide uns unterhalten.«
»Wenn Sie das sagen«, entgegnete Amiri. »Aber es gefällt mir trotzdem nicht.«
»Mir auch nicht«, setzte Elena hinzu. Mikhail überraschte Artur, als er ihr seine Pistole reichte. Es war eine spontane Geste und entsprach überhaupt nicht seinem Charakter. Elena starrte erst die Waffe und dann den Russen an.
»Nehmen Sie sie«, sagte Mikhail. »Wirklich. Wenn ich Artur etwas antue, können Sie mich damit erschießen.«
»Ich
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