Shadowangels (German Edition)

Cassie, als Thalon Anstalten machte, das
Haus einfach zu verlassen und Eleonora und Burt noch immer in
völliger Reglosigkeit verharrten.
    Thalon warf einen
kurzen, nichts desto trotz bitterbösen Blick auf Cassies
Entführer. Dann sah er das zitternde Mädchen eindringlich
an.
    „ Glaube mir,
Cassandra, das willst du nicht wirklich wissen.“
    Ganz sanft legte er
seine Stirn an ihre.
    Für einen
kurzen Augenblick hatte Cassie daraufhin das Gefühl, sich in
ihre Bestandteile aufzulösen, dann spürte sie nichts mehr …
bis sie den Jubelschrei ihres Liebsten vernahm, der durch die
ehrwürdigen Räume von Brookemore-Castle scholl.

47)

    „ C assie
… oh mein Gott, Cassie …“
    Lance eilte auf
Thalon zu, der sich wie aus dem Nichts heraus in der Küche
materialisierte.
    Im selben
Augenblick, in dem sein Vater Cassie befreit hatte, waren Lance‘
Schmerzen wie weggeblasen. Gerade so, als hätte er nicht
stundenlang furchtbare Schmerzen gelitten.
    Thalon hielt Cassie
noch immer an seine Brust gedrückt. Nun hauchte er einen zarten
Kuss auf ihre wilden Locken und übergab sie an seinen Sohn.
    Sofort schlang
Cassie ihre Arme um Lance‘ Nacken und zog seinen Kopf zu sich
heran.
    „ Es tut mir
leid …“, murmelte sie, während Lance‘ Mund
den ihren suchte.
    Sofort hielt er in
seinen Zärtlichkeiten inne und sah seinen größten
Schatz mit funkelnden Augen an. „Wage es ja nicht, dich zu
entschuldigen!“, brachte er mit vor Erleichterung rauer Stimme
heraus.
    „ Aber du hast
dir doch meinetwegen Sorgen gemacht … das wollte ich nicht“,
flüsterte Cassie kaum hörbar.
    Lady Helen stieß
Timothy ihren Ellbogen in die Seite, als dieser gerade den Mund
öffnen wollte. „Wage es ja nicht, Cassie zu sagen, wie
sehr Lance gelitten hat“, zischte sie ihm zu und Timothy
schloss seinen Mund wieder, jedoch nicht bevor er in sein üppig
belegtes Brot gebissen hatte.
    Lady Helen verdrehte
die Augen.
    „ Natürlich
habe ich mir Sorgen um dich gemacht, mo chridhe“, sagte Lance
eben, „aber es war doch nicht deine schuld. Oder hast du etwa
ein Schild mit der Aufschrift Hallo,
hier bin ich – entführt mich mal bitte jemand? getragen?“
    Ob sie wollte oder
nicht – Cassie musste laut lachen.
    „ Nein,
selbstverständlich nicht“, sagte sie dann, „aber ich
hätte vorsichtiger sein müssen.“
    „ Na klar, du
rechnest schließlich jeden Tag mit solchen Aktivitäten.“
Lance schüttelte seinen Kopf.
    „ Früher
nicht, nein, aber seit zwei Tagen sollte ich dies vielleicht tun.“
    Cassie gab nicht
nach.
    Lance schnaubte. „Du
musst wohl immer das letzte Wort haben, oder?“, fragte er mit
zusammengekniffenen Augen.
    Cassie grinste
verschmitzt. „Nun, ich kann ja nicht wissen, dass du nichts
mehr zu sagen hast …“
    Lady Helen, Thalon
und Timothy lachten leise, als sie dem Geplänkel des verliebten
Paares lauschten.
    Lance seufzte
übertrieben und gab auf. Sanft küsste er Cassies noch immer
leicht geschwollene Lippen.
    „ Ta gra agam
ort, mo luaidh“, wisperte Cassie an seinem Mund.
    Lance schluckte den
Kloß in seinem Hals hinunter.
    Aus Cassies süßem
Mund klangen die gälischen Worte tausendmal schöner, als
ein lapidares Ich
liebe Dich, mein Schatz .
    Thalon räusperte
sich, wenn auch nur ungern.
    „ Tabea und
Gabriel werden gleich hier sein“, verkündete er.
    Lance stellte Cassie
sanft auf den Boden. „Tabea und Gabriel sind hier?“,
fragte sie.
    Natürlich
kannte sie die Namen, da Thalon sie damals genannt hatte, als Timothy
nach weiteren Shadowangels gefragt hatte.
    „ Aber …
warum?“
    Cassie war sichtlich
verwirrt. Thalon hatte sie doch alleine befreit. Sofort erwachte ihr
Misstrauen.
    Was war noch
geschehen, außer ihrer Entführung?
    Es musste noch einen
anderen Grund für die Anwesenheit der beiden Shadows geben.
    Cassie sah in Lance‘
Gesicht. Dieser schloss die Augen und kniff die Lippen zusammen.
    Jetzt guckte Cassie
der Reihe nach die anderen an.
    Thalon … Lady
Helen … Timothy …
    Einer nach dem
anderen sah betreten zu Boden.
    „ Ich will
sofort wissen, was passiert ist, nachdem ich entführt wurde!“
Cassie duldete keine Ausreden. „Was verheimlicht ihr mir?“,
fragte sie mit bebenden Lippen.
Keiner
antwortete ihr. Doch das war auch nicht mehr nötig.
    „ Es hat etwas
mit dir zu tun, ja?“ Die Frage war an Lance gerichtet.
    „ Bitte, mo
chride, es ist nicht wichtig“, versuchte Lance Cassie zu
beschwichtigen, was jedoch den gegenteiligen Effekt hatte.
    „