Shadowblade 02 - Schwarzes Feuer
musterte Max. Offensichtlich fragte sie sich, ob Max Jim persönlich getroffen hatte und wie viele weitere mächtige Freunde sie ihr verheimlichte. »Du musst los. Noch heute Nacht.«
Max schaute eine ganze Weile auf ihr Telefon. Sie versteifte sich, und ihre Lippen wurden weiß. Die Sehnen in ihrem Hals spannten sich an. Ihr Atem ging schneller, und sie begann, am ganzen Leib zu zittern. Ihre verbrannten Hände klammerten sich um die Tischkante. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Ich kann nicht.« Sie sackte keuchend auf den Tisch. »Die verdammten Bannzauber lassen nicht zu, dass ich dich verlasse. Vor allem, solange du in diesem Zustand bist.« Sie wedelte mit der Hand in Richtung Giselle.
»Doch, du kannst. Ich habe dir versprochen, dass du sie holen gehen darfst, und genau das wirst du auch tun.«
»Ach ja? Nimmst du etwa diese verdammten Zauber von mir?«
»Du weißt, dass ich das nie tun würde. Aber ich habe die Engel, Oz, deine Shadowblades und die Sunspears. Das wird reichen.«
»Nicht, um diese verdammten Bannzauber zu beruhigen. So überlebe ich keine zehn Kilometer.«
»Trotzdem wirst du dort hingehen, und du wirst es überleben.«
»Ach ja? Und wer kickt dann deinen Arsch aus dem Feuer, wenn du deine Magie nicht mehr unter Kontrolle hast? Nicht, dass wir nicht alle auf die Gelegenheit warten würden, dir in den Hintern zu treten, aber ich bin die Einzige, die einen Schutzkreis lebend durchqueren kann.«
»Das klingt ja fast, als ob mein Schicksal dir etwas bedeuten würde.«
»Das tut es. Wenn dir etwas passiert, bricht Horngate in sich zusammen, und dabei werden Menschen sterben, die mir am Herzen liegen.«
»Ich bin gerührt.«
»Und offenbar verstärken sich die Bannzauber sprungartig, sobald man beschließt, die eigene Hexenschlampe doch lieber nicht kreischend verenden zu lassen. Zumindest nicht gleich.«
»Ach. Wie lieb von dir. Du solltest Texte für Grußkarten schreiben. Jetzt mache ich es dir mal ganz einfach. Wenn du nicht gehst, gehe ich. Ich schleiche mich raus, ohne jemanden, der auf mich aufpasst. Du kannst es dir also aussuchen. Entweder du gehst heute Nacht oder ich.«
Nikos Stuhl schabte über den Boden, als er unvermittelt aufsprang. Auf der anderen Seite von Giselle stand Tyler. Er schob das Kinn vor und ließ sein Messer zwischen den Fingern wirbeln. Giselles Drohung hatte die Shadowblades in Kampfbereitschaft versetzt. Die Vorstellung, dass ihre Hexe die Sicherheit des Zirkelsitzes verlassen könnte, gefiel ihren Bannzaubern überhaupt nicht, insbesondere angesichts von Giselles angeschlagenem Zustand.
Weder Giselle noch Max beachteten die beiden. Der Blick der Hexe war auf Max gerichtet, die sich mit flach aufgestemmten Händen über den Tisch beugte und wütend auf Giselle herabstarrte.
»Warum? Das ergibt keinen Sinn. Bei all den Hüterangriffen ist es da draußen nicht gerade sicher, und du hast mir immer wieder gesagt, wie sehr du mich brauchst.« Langsam setzte sie sich wieder und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Aber wenn ich hierbleibe, lande ich natürlich bei Scooter. Du hast mich sowieso nur auf Zeit.«
»Ich habe dir versprochen, dass du deine Familie hierher in Sicherheit bringen kannst«, erwiderte Giselle.
»Deine Versprechungen sind dir doch scheißegal. Dir geht es nur darum, was unterm Strich für dich rausspringt, und Horngate hat nicht das Geringste von meiner Familie.«
»Nicht?« Giselle lächelte geheimnisvoll. »Das kann ich wohl besser beurteilen.«
Max lehnte sich nach vorn. »Was willst du damit sagen?«
»Eine Menge. Und nichts davon geht dich etwas an.«
In diesem Moment kehrte Thor mit Xaphan zurück. Der Feuerengel war ebenso groß wie Tutresiel. Er hatte die gleichen scharlachroten Augen und den gleichen makellosen Körperbau, doch damit endeten ihre Gemeinsamkeiten. Xaphans Haar war kurz und weiß, und seine Miene war ein wenig sanfter als die seines stahlgeflügelten Verwandten. Er trug Jeans, und seine Brust und seine Füße waren nackt. Seine Flügel schimmerten schwarz wie Öl, und blaue und orangefarbene Flammen leckten darüber hinweg.
Er musterte die um den Tisch Versammelten und lächelte Max zu. Sie erwiderte den Gruß mit einem angespannten Lächeln, das so schnell wieder verblasste, wie es auf ihrem Gesicht erschienen war.
»Es geht nicht wirklich um meine Familie«, sagte sie bedächtig. »Es geht hier um Horngate. Du hattest eine Vision. Deshalb möchtest du, dass ich gehe.«
Giselles Lächeln
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