Shadowblade 02 - Schwarzes Feuer
am Rande des Tals entlang. Das Gras hier war vertrocknet und knirschte unter ihren Stiefeln, aber der Boden war nicht verbrannt. Ein Dutzend Autos und Trucks standen auf einem Parkplatz aus festgetretener Erde beim Fluss. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich die Gewächshäuser. Sie hatten die Gefechte überstanden, doch alle Pflanzen darin waren verwelkt und eingegangen. Horngate stand in dem Ruf, mitunter das beste Bioobst und -gemüse im pazifischen Nordwesten anzubauen. Das war die Tarnung des Zirkelsitzes – niemand, der hierherkam, dachte daran, dass er es mit Hexen zu tun haben könnte. Die Leute sahen bloß Hippies, die als Biobauern arbeiteten. Dass sie sich nahe der landwirtschaftlichen Hochburg Missoula befanden, passte perfekt dazu.
Sie hielt inne, als sie den Truck entdeckte, der für sie bereitstand. Es war ein roter Chevy mit Doppelkabine. Die Motorhaube war von Brombeersträuchern zerkratzt. Auf der Heckseite verbarg sich eine lichtundurchlässige Stahlkiste unterhalb der Karosserie. Die Kiste maß etwa anderthalb mal zwei Meter und war so breit wie die Ladefläche des Pick-up-Trucks. Es handelte sich um einen sicheren Rückzugsort für Shadowblades und Sunspears, die zur falschen Tages- oder Nachtzeit festsaßen. Alexander lehnte an der Fahrertür und ließ den Schlüssel um den Zeigefinger wirbeln. Niko und Tyler warteten neben ihm. Alle drei beobachteten Max, als erwarteten sie, dass sie jeden Moment in ihre Einzelteile zerfallen oder explodieren würde.
Max schluckte den steinharten Kloß in ihrer Kehle herunter. Natürlich. Sie hatten nicht mehr viele Fahrzeuge übrig, und ihr Tahoe war in die Luft geflogen. Es war nur vernünftig, Akemis Truck zu benutzen. Akemi würde ihn nicht mehr brauchen. Sie war im Kampf gegen die Engel ums Leben gekommen. Trotzdem war der Gedanke an sie schmerzhaft. Max hatte kaum Gelegenheit dazu gehabt, um die gefallenen Männer und Frauen zu trauern. Sie hatte nicht darüber nachdenken wollen und stattdessen all ihre Aufmerksamkeit darauf konzentriert, den Zirkelsitz wiederaufzubauen und Scooters nächtliche Attacken abzuwehren. Doch jetzt würde sie überall um sich Akemi riechen.
Ohne sich etwas anmerken zu lassen, ging sie weiter. Sie musterte Alexander. Er sah nicht ansatzweise so übel zugerichtet aus wie Niko und Tyler. Die Blutergüsse in seinem Gesicht heilten schnell, und seine Schnittwunden waren bereits zu rosigen Strichen verblasst. Bald würden sie ganz verschwinden. Sie schaute ihm in die Augen. Er erwiderte ihren Blick mit halb geschlossenen Lidern. Sie presste die Lippen aufeinander. Das würde ein lustiger Ausflug werden.
»Wir sollten uns auf den Weg machen.« Sie streckte die Hand nach dem Schlüssel aus.
Er schüttelte den Kopf. »Ich fahre. Du kannst schlafen. Man hört, dass du in letzter Zeit nicht viel dazu gekommen bist.«
Für seinen vorwurfsvollen Tonfall hätte sie ihm am liebsten eine reingehauen. Das ging ihn nichts an. Sie brauchte kein Kindermädchen.
Max kaute auf ihrer Unterlippe und überlegte, ob sie sich die Mühe machen sollte, ihm einen kleinen Dämpfer zu verpassen. Sie warf einen Blick zu Tyler und Niko, die beide bereit zu sein schienen, Alexander zu unterstützen, falls sie Widerworte gab. Anscheinend verabscheuten sie ihn nicht so sehr, dass sie sich nicht mit ihm gegen Max verbündet hätten.
Da Max nicht dumm war, beschloss sie, sich zu fügen. »Klingt gut«, sagte sie und stieg auf der Beifahrerseite ein.
Niko und Tyler folgten ihr.
»Glaubst du, sie ist krank oder so?«, meinte Tyler zu Niko. »Oder vielleicht hat etwas von ihrem Körper Besitz ergriffen? Ich habe noch nie erlebt, dass unsere Max so schnell nachgibt – außer vielleicht, wenn man ihr was zu essen vorsetzt.«
Niko runzelte die Stirn und musterte Max’ Gesicht sorgfältig. Er beugte sich durchs Fenster und klopfte ihr behutsam an die Stirn. »Kannst du beweisen, dass du wirklich Max bist?«
»Weg von dem Auto, sonst schneid ich dir die Eier ab und brate sie am Spieß.«
Niko sah zu Tyler. »Klingt nach ihr.«
»Ich weiß nicht. Meistens ist sie kreativer. Am Spieß braten? Sehr abgeschmackt.«
Beide betrachteten Max erwartungsvoll. Sie verdrehte die Augen. »Na schön. Ich schneide sie euch ab und mache mir Ohrringe daraus. Vielleicht dürft ihr sie sogar ab und zu tragen. Sobald ich euch Löcher in eure hübschen kleinen Öhrchen gebohrt habe.«
»Immer noch ziemlich lasch«, entgegnete Tyler zweifelnd.
»Ziemlich.«
Max
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