Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

könnten?«
    »Weil so die Chance besteht, dass sie eines Tages frei sind. Das ist mehr wert, als dir klar ist.«
    Giselle blieb keine Zeit zum Antworten. Ein weiterer massiver Stoß erschütterte den Berg. Der Boden bebte und sprang auf, schwere Steinbrocken und Holzbalken fielen herab. Die Luft füllte sich mit Rauch und Staub, und über ihnen gähnte ein Spalt in der Felsdecke. Donnernd hallte es durch die Höhle, als sich weitere Trümmer lösten und Teile der Decke einstürzten. Wie flammende Meteore prasselte brennendes Gestein durch die Risse über ihren Köpfen auf sie nieder, und Feuer breitete sich aus.
    Max hatte sich mit Giselle an den Rand geflüchtet. Um ihre Hexe zu schützen, hielt sie den Stuhl wie einen Schutzschild über sie. Die herabfallenden Steine schlug sie mit den bloßen Händen beiseite. Alexander stand neben ihr und half dabei, die Hexe und die anderen, die sich neben ihr hingekauert hatten, zu beschützen. Aus der gewaltigen Lawine wurde bald ein unregelmäßiges Rinnsal von herabstürzendem Geröll. Über sich hörte Alexander, wie die Engel ihren Kampf fortsetzten. Ein metallisches Klirren erklang, als träfen Dutzende von Schwertern aufeinander. Der beißende Geruch von Schwefel und Rauch erfüllte den Raum, und orangefarbene Flammen umspielten das Gestein weit über ihren Köpfen.
    Hustend schnappte Alexander nach Luft und erstarrte. Es sah aus wie nach einem Erdbeben. Ein riesiger Haufen aus Holz, Felsbrocken und Schutt bedeckte den Anneau- Ring in der Mitte. Die Hexen dort konnten unmöglich überlebt haben.
    Mit zitterndem Kinn betrachtete Max das Trümmerfeld und biss die Zähne zusammen. Rasch wandte sie sich ab und zog Giselle hoch. »Damit dürfte Altons Zauber gebrochen sein, oder?«, fragte sie heiser.
    Giselle nickte. »Wahrscheinlich.« Genau wie Max gestattete sie sich den Luxus des Trauerns nicht.
    »Kannst du einen Schild errichten?«
    »Ich denke schon. Aber ich kann ihn nicht lange aufrechterhalten. Nicht bei der Magie, die sie uns entgegenschleudern.«
    »Sie versuchen gar nicht, uns zu treffen«, sagte Alexander. »Wenn sie damit anfangen, haben wir echte Probleme.«
    »Also beeilen wir uns besser«, erwiderte Max. Sie drehte sich zu Selange um. »Wenn du heute nicht sterben willst, schlage ich vor, dass du uns hilfst. Und ihr auch«, fügte sie mit Blick zu den Shadowblades hinzu, die Selange wie eine Mauer umgaben. Sie bluteten und waren mit grauem Staub bedeckt, zwei von ihnen fehlten. »Ihr könnt gerne helfen, aber wenn ihr beschließt, zu bleiben und eure Hexenschlampe zu beschützen, dann möchte ich euch eine Kleinigkeit zu bedenken geben. Falls Giselle etwas passiert, werde ich Selange jagen und töten. Wenn ich nicht dazu in der Lage bin, werden meine Shadowblades es für mich tun, und wenn sie es nicht können, dann die Sunspears. Vertraut mir – jemand wird kommen . Erinnert euch an Scooters Worte: Ihr seid seine Feinde. Wenn ihr also überlegt, wie ihr eure Hexenschlampe beschützen könnt, denkt dran, dass ihr besser auch auf Giselle achtgebt. Wenn ihr das nicht tut, unterzeichnet ihr damit Selanges Todesurteil.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, schob Max sich an Alexander vorbei, der ihr folgte. Auf dem Weg zum anderen Ende des Raums stiegen sie über das Geröll hinweg. Doch die Tür auf der anderen Seite war verschüttet. Sie brauchten zwei Minuten, um sie freizuräumen. Inzwischen tropfte flüssiges Gestein aus der Spalte über ihnen und landete auf der perlmuttgrauen Schildkuppel, die sich langsam ausdehnte. Wo es auftraf, warf der Schild Blasen und zischte. Die Flammen erstarben langsam, und das Licht des Schilds flackerte.
    Sobald die Tür freigelegt war, betraten sie dahinter eine geräumige Säulenhalle mit Sitzgelegenheiten. Die Bestandteile einstmals gemütlicher Sitzecken lagen überall verstreut. Mehrere Gänge führten aus dem Raum wie die Speichen eines Rads. So viel konnte Alexander erkennen, obwohl auch in diesem Raum die Decke teilweise eingestürzt war. Mehrere Säulen waren umgefallen und hatten die Bodenplatten zerschmettert. Abgesehen von den Kampfgeräuschen über ihnen herrschte hier drückende Stille.
    »Wo sind die alle?«, fragte er.
    »Ich hoffe, dass sie in den Gewächshäusern sind, denn die haben ihre eigenen Wetter-Schutzzauber. Dort sind sie vielleicht vor dem Feuer und dem Rauch geschützt. Aber wenn du meinst, warum nicht sehr viel mehr Leute in der Halle sind, dann lautet die Antwort, dass wir ein kleiner Zirkel