Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
ergangen. Sie waren völlig ausgetrocknet.
»Was zum Teufel fangen wir mit diesem Stein an?«, fragte Tyler, während sie ausstiegen.
»Es ist nicht einfach ein Stein. Es ist die Wintergreisin«, sagte Alexander und rieb sich den Nacken.
»Im Ernst?«
»Ja.«
»Wie wär’s, wenn wir ihn – sie – fürs Erste hier lassen?«, schlug Niko vor. »Giselle oder Max werden uns schon sagen, was wir mit ihm machen sollen.«
Sie gingen zu Fuß zum Eingang der unterirdischen Anlage zurück. Niemand sagte ein Wort zu Alexander, doch das Schweigen wirkte nicht zornig oder ablehnend, sondern eher ernst und verwirrt. Zu viel war geschehen, und Alexander spielte im Vergleich zu all dem kaum eine Rolle.
Drinnen gingen sie zusammen zur Küche. Er hoffte, dass Max da sein würde, und fragte sich, ob es den anderen genauso ging. Sie wollten in ihrer Nähe sein. Sie brauchten ihre beruhigende Stärke, und sie mussten sich vergewissern, dass sie noch lebte. Alexander unterschied sich da nicht von den Übrigen.
Sie war nicht da. Stattdessen sah er Thor an einem Tisch mit Lise sitzen. Sie sah mit einem sarkastischen Lächeln zu, wie er sich Enchiladas in den Mund schaufelte. Als sie aufblickte, wurde ihr Lächeln breiter. Thor hob den Kopf und legte seine Gabel beiseite.
»Ich schätze, du bist dann auch einer von uns«, sagte Niko säuerlich und verschränkte die Arme.
Thor erhob sich langsam. »Das bin ich wohl.«
»Wie?«, wollte Alexander wissen.
Thor zuckte mit den Schultern. »Sagen wir einfach, ich wurde wiedergeboren. Halleluja, preiset den Herrn und reicht den Whisky rum.«
»Sie hat dich getötet?«, fragte Tyler.
Thor nickte. »Und dann habe ich ihr ein Versprechen gegeben.« Er steckte eine Hand in die Tasche und zog ein Blatt Papier hervor. »Bist du Niko?«, fragte er und hielt dem kantigen, dunkelhaarigen Mann den Zettel hin.
Niko nahm ihn und las. »Tyler, du kommst mit mir mit. Wir lösen Xaphan ab. Ihr andern helft dabei, den Zirkel aufzuräumen.«
Niko drehte sich um und ging hinaus, und der Rest folgte ihm. Thor ging neben Alexander.
»Warum hat sie das getan?«, fragte Alexander leise. »Ich dachte, sie jagt dir eine Kugel durch den Kopf.«
»Ich auch. Offenbar hat sie mir geglaubt, als ich ihr gesagt habe, dass ich sie eigentlich nicht töten wollte.«
»Du hast die Sache hinausgezögert, bis wir da waren?«
Thor nickte. »Ihr wärt beinahe zu spät gekommen.«
Ein Zucken huschte über Alexanders Gesicht. Die Erinnerung an Thors Hände um Max’ Hals spulte sich immer wieder vor seinem inneren Auge ab – nur einige wenige Sekunden später wäre sie tot gewesen. Er war entsetzt, wie sehr ihm der Gedanke daran weh tat. »Danke.«
Ein kalter Ausdruck trat auf Thors Gesicht. »Danke mir nicht. Ich wusste, dass du mich nicht hättest weiterleben lassen, wenn ich sie getötet hätte. Ich war darauf vorbereitet. Selange sollte mich nie wieder losschicken, um Kinder zu jagen.«
Es war kurz vor Morgengrauen, und Max war immer noch nicht aufgetaucht. Langsam machte Alexander sich Sorgen. Er hatte sie die letzten vier Nächte kaum gesehen. Inzwischen hatte er den Eindruck, dass sie ihm aus dem Weg ging, was ihm die Hoffnung gab, dass seine Gegenwart in ihr ebenso etwas auslöste wie ihre bei ihm. Tyler hatte ihm gesagt, dass sie vor Stunden zum Laufen in die Berge gegangen war, und sie war immer noch nicht zurück.
Er kippte eine Ladung Schutt auf den Haufen draußen und postierte sich dann direkt im Eingang zum Berg. Die Minuten verstrichen. Er ging auf und ab. Die Ahnung eines Geräuschs ließ ihn aufmerken, und als er sich umdrehte, kam sie hinter einem Felsvorsprung hervor.
Sie blieb mit hochgezogenen Brauen stehen und ging dann an ihm vorbei. Er machte die Tür zu und verriegelte sie, bevor er ihr folgte. Nach fünf Metern blieb sie stehen. Sie schaute ihn nicht an. »Willst du irgendwas?«
So viel. Doch das sagte er nicht. »Danke für die Sache mit Thor.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Das habe ich nicht für dich getan. Ich war es ihm schuldig. Und Horngate kann ihn gebrauchen.«
»Ja, das stimmt. Aber das ist nicht der Grund, warum du es getan hast.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern, weil er dem Impuls, sie zu berühren, einfach nicht widerstehen konnte. Behutsam drehte er sie zu sich herum. »Du hast mich tierisch erschreckt. Ich dachte, Xaphan würde dich bei lebendigem Leib verbrennen. Und als ich dann Thor mit den Händen an deinem Hals gesehen habe …« Er verzog das
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