Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
Möglicherweise konnte er Thors Waffe durch Telekinese unbrauchbar machen, doch Mercurys Knie zu brechen hatte ihn einiges gekostet. Er hatte vier Schussverletzungen und verlor schnell Blut. Beides machte es ihm unmöglich, die nötige Konzentration aufzubringen.
Inzwischen war Cleo aufgestanden, und ihr Gesicht war wutverzerrt. »Töte den Scheißkerl«, drängte sie, während sie sich die übel mitgenommene Hand an die Brust drückte. Mercury lag am Boden, umklammerte seine Knie und fluchte.
Thor beachtete sie nicht. »Brynna meinte, dass wir dir nicht trauen können. Anscheinend hatte sie recht.«
»Ich jage keine Kinder«, erwiderte Alexander tonlos.
»Also willst du nicht in den Aulne-Rouge-Zirkel zurück. Das ist nämlich der Preis dafür.«
Alexander hob das Kinn, und sein Kiefermuskel zuckte. Er sagte nichts.
Plötzlich fluchte Cleo. »Ich wusste es. Du hast von Anfang an Scheiße erzählt. Ich hab nicht kapiert, warum du dich einverstanden erklärt hast, Kinder zu fangen – egal, wie sehr du zurück zu Selange wolltest. Ich hatte schon vermutet, dass du etwas planst. Was?«
Was sollte er tun? Cleo und Mercury würden sich nicht so schnell erholen. Wenn er Thor ausschalten konnte, würde er auch mit den beiden anderen fertig werden. Sein rechter Arm hing praktisch nutzlos herab. Das Blut durchtränkte sein Hemd und lief ihm am Bein herab. Seine Heilzauber waren in den letzten beiden Tagen so sehr in Anspruch genommen worden, dass sich seine Wunden nur langsam schließen würden. Thor war unverletzt. Alexander wusste, dass er ihn körperlich nicht besiegen konnte. Er musste es mit Telekinese versuchen. Max’ Leben hing von ihm ab, ob sie es nun wusste oder nicht. Er verstärkte den Griff um seine Waffe, die er herunterhängen ließ.
»Beendet ihr jetzt, was ihr letzte Nacht angefangen habt?«, fragte er und spielte damit auf Zeit, um Konzentration zu sammeln. Er würde keine zweite Chance kriegen. »Ihr wart ja recht scharf darauf, mein Blut zu sehen. So viel zum Thema Freundschaft.«
»Wir waren niemals Freunde«, sagte Cleo mit schneidender Stimme.
»Das ist mir aufgefallen.« Alexander hielt inne und zuckte dann innerlich mit den Schultern. Warum sollte er es nicht sagen? Es spielte keine Rolle, ob sie ihm glaubten. Aber es war wichtig für ihn, dass er es aussprach. »Es tut mir leid. Ich hätte ein besserer Primus sein sollen. Wäre ich das gewesen … Ich lerne langsam, was einen guten Anführer ausmacht, und das bin ich nicht gewesen. Ich war nicht so gut, wie ich hätte sein können.«
Thor runzelte die Stirn. »Wovon redest du? Du hast dich uns gegenüber immer okay verhalten.«
Alexander lächelte schief, als er an Max und ihre Shadowblades dachte. »Nicht genug, damit ihr mich nicht zu töten versucht.«
»Wir hatten unsere Befehle. Es war nichts Persönliches«, sagte Thor.
»Vielleicht hätte es das sein sollen«, meinte Alexander leise.
»Wir verschwenden hier Zeit«, schaltete Cleo sich ein. »Mein Scheißarm bringt mich um, und Mercury heult wie ein kleines Kind. Jag ihm eine Kugel in den Kopf und lasst uns von hier verschwinden.«
Thor schnalzte mit der Zunge und deutete ein Kopfschütteln an. »Nicht so schnell. Ich schätze, Selange wird ein Wörtchen mit ihm reden wollen.« Er legte den Kopf schräg und musterte Alexander kritisch. Seine hellen Augen verengten sich. »Ich hätte niemals gedacht, dass du dich gegen Selange wendest. Einen loyaleren Primus als dich habe ich noch nie getroffen.«
»Sie hat mich abserviert«, erklärte Alexander. »Ich schulde ihr nichts.«
Thor schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn. Andere Leute würden das vielleicht so sehen, aber nicht du. Und warum solltest du mit ihr zurückkehren – der Prime der anderen Hexe?«
Alexander spürte das Lächeln, das auf sein Gesicht trat. Es fühlte sich an wie das eines Fremden, so als hätte eine unbekannte Macht von ihm Besitz ergriffen. Oder vielleicht ließ er zum ersten Mal seit vielen Jahren eine Maske fallen, die ihm zur Gewohnheit geworden war, eine zweite Haut, die er nicht länger tragen konnte. Vielleicht war der wirkliche Fremde der Mann, der er tatsächlich war – er selbst, ohne jede Maske.
»Sie ist meine Prime.« Er betonte jedes einzelne Wort sorgfältig, damit es keine Missverständnisse gab.
» Deine Prime?«, spottete Cleo verächtlich. »Was für ein Haufen Blödsinn! Du würdest niemals einer anderen Hexe dienen als Selange. Und auf gar keinen Fall würdest du
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