Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
deinen Status als Primus für so ein verhungertes Miststück aufgeben, das seinen Hintern nicht mit beiden Händen findet.«
»Würde ich das nicht?«, fragte Alexander, ohne den Blick dabei von Thor abzuwenden. »Vielleicht habe ich eine Prime gefunden, die es wert ist, ihr zu dienen.«
»Wir sind Shadowblades. Wir dienen Hexen«, korrigierte Thor ihn und sah ihn dabei eindringlich an.
Alexander zuckte andeutungsweise mit der Schulter.
»Warum?«, fragte Thor. An seinem Tonfall war zu hören, dass er langsam anfing, Alexander zu glauben.
»Sie hat sich für mich ihrer Hexe widersetzt, obwohl sie mich zum Sterben hätte zurücklassen sollen. Sie hätte ihren Shadowblades gestatten sollen, mich zu töten. Aber sie hat mir die Freiheit angeboten. All das wäre schon für sich genommen Grund genug.«
Thor antwortete nicht gleich. Nach einer Pause fragte er: »Was habt ihr in Julian gemacht?«
»Das Gleiche wie ihr. Und jetzt muss ich sie vor Selange retten.«
»Das ist alles?«
Alexander wusste, was Thor mit seiner Frage meinte: Hatte er vor, Selange etwas anzutun? Ein Gefühl angstvoller Hoffnung machte sich in seinen angespannten Muskeln breit. Thor hätte nicht gefragt, wenn er nicht darüber nachdachte, Alexander zu helfen. »Das ist alles«, versprach er. »Ich beabsichtige, sie zu befreien und schnellstens aus Aulne Rouge zu verschwinden. Ich will Selange nie wiedersehen.«
Thor nickte. Mit einer winzigen Bewegung ließ er den Lauf seiner Waffe etwas sinken. Es sah aus wie eine Einladung. Ihn zu ermorden? Oder etwas anderes? Alexander ließ es darauf ankommen. Er riss seine 45er hoch und schoss Thor zweimal in die Brust. Rasch duckte er sich, als Cleo ihn mit einem Drehtritt angriff. Er wich ihr aus, und ihr Schwung trug sie an ihm vorbei. Taumelnd versuchte sie, ihr Gleichgewicht wiederzufinden, doch der unbrauchbare Arm brachte sie durcheinander. Sofort stürzte er sich auf sie und prallte gegen ihren Unterleib, so dass sie von den Füßen gehoben und rückwärts gegen den Lieferwagen geschleudert wurde. Glas splitterte, Metall verformte sich. Dann ließ er sie los und wirbelte zu Mercury herum, der sich auf den Ellbogen voranschleppte und hektisch nach seiner Waffe tastete. Alexander sprang zu ihm und rammte ihm den Pistolengriff gegen den Hinterkopf, was ihn zusammensacken ließ.
Langsam drehte Alexander sich um und begutachtete sein Werk. Cleo und Mercury waren beide bewusstlos. Thor lag auf dem Rücken, mit der entsicherten Pistole auf dem Bauch, den Finger am Abzug. Er hätte Alexander jederzeit erschießen können. Blut durchtränkte sein T-Shirt und klebte an seinem kantigen Kinn. Er hielt die Waffe hoch, und Alexander nahm sie entgegen.
»Du solltest dich beeilen«, ächzte er. »Dir bleibt nicht viel Zeit, bevor sie aufwachen. Schnür uns lieber fest ein, sonst müssen wir Selange warnen, dass du kommst.«
»Warum? Warum hilfst du mir?«
Jetzt war es an Thor, zu lächeln. »Nicht das erste Mal. Letzte Nacht hab ich nicht auf dich geschossen.«
Alexander starrte ihn an. »Du hast doch gesagt, dass du deine Befehle hattest.«
»Ich hielt nicht besonders viel davon. Ich bin dir etwas anderes schuldig gewesen.«
»Danke.« Alexander wusste nicht, was er sonst sagen sollte. Er hatte Thor falsch eingeschätzt, und das tat weh. Zugleich war es wohltuend, von seiner Loyalität zu erfahren. Dass seine Shadowblades sich so einfach gegen ihn gestellt hatten, war schmerzvoller gewesen, als er es sich eingestanden hatte.
»Beeil dich lieber. Bei unseren Wunden wird Selange nicht auf die Idee kommen, dass dir jemand geholfen hat. Aber ich heile schnell, und wenn ich wieder auf den Beinen bin, muss ich versuchen, dich aufzuhalten.«
Alexander nickte und griff nach dem Klebeband, das er fallen gelassen hatte. Geübt umwickelte er Knöchel und Arme seiner drei Gefangenen, wobei er sich Thor zuletzt vornahm. Als er fertig war, hockte er sich hin.
»Das reicht nicht«, meinte Thor.
»Ihr habt den größten Teil der Kabel verwendet, um mich und Max zu fesseln«, sagte Alexander.
»Max? Ist das deine Prime?«
»Ja.«
»Kein besonders toller Name, was?«
»Ihre Hexe scheint sich weniger aus solchen Spielchen zu machen als Selange«, entgegnete Alexander trocken. Er schindete Zeit und zögerte das Unvermeidliche heraus.
Thor wurde ernst. »Tu’s. Schmerz ist nur Schmerz, und du musst dir Zeit erkaufen. Außerdem können wir dann heute Nacht keine Kinder jagen. Wenn du es gut genug machst, morgen
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