Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
gern selbst, wenn es ihm in den Kram passte, doch anders als Guin war er der Zweitgeborene, manche würden sagen, der überflüssige Erbe eines Stammesführers. Das erhob ihn in den Adelsstand. Mit diesem Vorteil hätte er problemlos Senator oder ein bürgerlicher Anführer werden können. Doch es stimmte, dass der Umgang mit dem Heiligtum schwierig werden könnte, wenn Shiloh mitzureden hatte. Eigentlich hatte Magnus das letzte Wort, doch immer wenn er nicht da war, begannen Kirche und Staat sich die Köpfe einzuschlagen. Trace hatte versucht seinen Vater vor den unangenehmen Charaktereigenschaften seines Untergebenen und Erben zu warnen, doch Magnus hatte bis jetzt nichts an der Nachfolge geändert. Es stimmte, dass es nicht seine alleinige Entscheidung war, doch seine Stimme hatte am meisten Gewicht im Sanktuarium. Und es stimmte auch, dass Shiloh nichts getan hatte, außer dass er ab und zu ein Stachel im königlichen Fleisch war.
Wie er Killian gesagt hatte, wollte Shiloh nur ein bisschen die Muskeln spielen lassen und seine Macht spüren. Doch Trace wusste, welche Probleme jemand verursachen konnte, der solche Spielchen liebte.
Trace ging zum Wagen der Kanzler zurück, und seine Schritte hallten in der dunklen und kalten kanadischen Nacht wider.
Ashla.
Er musste einfach an sie denken, und er wehrte sich nicht dagegen. Er hatte keine Angst davor, sich zu den schlimmen Verfehlungen zu bekennen, die er mit ihr begangen hatte. Doch das, was er getan hatte, war schwer damit in Einklang zu bringen, wie er den körperlichen Kontakt mit einer Frau zwölf Jahre lang empfunden hatte. Es war alles so plötzlich und so selbstverständlich geschehen. Ohne zu zögern, hatte er eine Grenze überschritten, und er war einfach verblüfft darüber. Er hätte es gern auf den euphorischen Zustand geschoben, doch er wusste, dass das nicht ging. Er war vollkommen bei sich gewesen, als er zum ersten Mal auf ihre Berührung reagiert hatte. Sie hatte ihm schreckliche Schmerzen zugefügt, bevor sie ihn geheilt hatte, und er erinnerte sich daran, mit welcher Heftigkeit das Glühen durch seinen Verstand gejagt war, doch es war im Bruchteil einer Sekunde vorbei gewesen, als sie ihn zum ersten Mal berührt hatte.
Vielleicht hatte sie begonnen, ihn viel umfassender zu heilen, als er ihr zugetraut hätte.
Es stimmte, er hatte seit seiner Gefangenschaft große Fortschritte gemacht. Er hatte vieles verarbeitet, eine Menge aus eigener Kraft geheilt. Er vertraute den Frauen, Rika und Malaya zum Beispiel, und er genoss auch die große Zuneigung seiner Freunde. Er hatte sich körperlich zu anderen hingezogen gefühlt, aber …
An der Stelle befand sich eine Wand. Mit jemandem intim zu sein bedeutete, verletzlich zu sein. Es bedeutete, seine Haut und seine Narben zu zeigen, Erinnerungen und Gefühle zu teilen. Es bedeutete, auf sensorische Auslöser zu drücken, ein ums andere Mal, und er war einfach nicht dazu in der Lage gewesen. Das war nicht etwas, womit man jedermann überraschen konnte. Er konnte nicht eine arglose Frau seinen traumatischen Erinnerungen aussetzen, ohne sie im Vorfeld genau darauf vorzubereiten, und selbst dann gab es keine Garantie.
Doch die Euphorie war über alles hinweggesprungen, wie ein Stein, der über ruhiges Wasser hüpft. Er hatte Ashla beherrscht, jede Bewegung von ihr kontrolliert, jede Berührung, die sie gemacht hatte oder zu machen versuchte, damit seine Psyche mit der Verletzlichkeit klarkam. Er hatte sich bei ihr die größte Befriedigung geholt und nichts dafür gegeben. Die Vorstellung machte ihn ganz krank.
Er hatte es gewusst.
Oh ja, er hatte es gewusst. Als er in dem Sessel gesessen und sie angeblickt hatte, hatte er gewusst, dass sie genau das war, was er brauchte. Sie war etwas, was man unter den Frauen seiner Spezies kaum fand. Unterwürfig, einfach zu kontrollieren, zu lieblich und sanft, als dass man Worte dafür finden könnte, und das alles trotz einer Vergangenheit, die genauso schlimm war wie seine eigene; er konnte es regelrecht riechen. Sie hatten beide überlebt, waren hinweggekommen über das, was andere ihnen anzutun versucht hatten, doch sie waren noch nicht geheilt.
Noch nicht.
Ein Teil von ihm hatte gewusst, dass er bleiben würde. Er hatte ehrenhalber so getan, als würde er mit sich ringen, doch sie war einfach genau das Richtige gewesen für eine Seele, die nach Entspannung gelechzt hatte. Linderung hatte ihn in einem schmalen und zarten Körper erwartet, und er hatte
Weitere Kostenlose Bücher