Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
auf dem Absatz um und stieß sie gegen die nächste Wand. Den Blick hielt er weiterhin auf die Halle gerichtet, während er sie flüchtig auf die Stirn küsste. Dann löste er sich von ihr und spürte einen Schmerz in der Brust, als er sah, wie ihr Atem schneller wurde vor Panik, je größer der Abstand wurde, und als er sie zwingen musste, sein Hemd loszulassen. Er trat zurück, und sie machte eine Bewegung, als wollte sie hinter ihm herstürzen. Er hinderte sie daran, indem er seine Schwertklinge zwischen sie hielt, einen warnenden Ausdruck im Gesicht, doch in seinen dunklen Augen lag Angst.
Als Ashla erkannte, dass sie die Ursache für seinen gequälten Blick war, blieb sie, genau wie er es wollte, trotz der schrecklichen Furcht, die sie durchpulste, still an der Wand stehen. Sie hielt sich an den Metallflächen der Postschließfächer zu beiden Seiten fest. Trace hatte sie in eine Lücke zwischen zwei Wänden gedrückt.
Sie sah zu, wie er sich in die dunkelste Ecke des Raums zurückzog, während er seine Aufmerksamkeit abwechselnd dorthin lenkte, wo die Gefahr lauerte und wo sie sich befand. Zitternd sank sie zu Boden und beobachtete, was er wohl tun würde.
Weil sie ihn die ganze Zeit unverwandt anstarrte, konnte sie genau sehen, wie die Dunkelheit ihn geradewegs zu verschlucken schien, und innerhalb von Sekunden waren da nur noch Wände. Sie hielt sich den Mund zu, um nicht laut aufzustöhnen, und in ihren Augen stand ungläubiges Entsetzen. Sie blinzelte und sagte sich selbst, dass er noch da sein musste. Wo sollte er sonst sein? Leute verschwanden schließlich nicht einfach so! Und falls sie es doch taten, dann bedeutete das …
Sie war wirklich verrückt!
13
Trace hatte in Gedanken die dunkelsten Ecken im Raum aufgespürt, die Stellen, wo das Licht des Mondes und der Sterne nicht hinkam und die praktisch schwarz waren. Die Art Dunkelheit, die er dringend brauchte, um von Schatten zu Schatten zu springen. Grundsätzlich war es wie Entmaterialisieren, nur dass man nicht die Sphäre wechselte, sondern an einen Ort in Sichtweite.
Es war eine lautlose und schnelle Art, sich durch einen Raum oder darüber hinaus zu bewegen. Jeder Schattenbewohner konnte insofern von Schatten zu Schatten springen, als diese nah beieinanderlagen, doch niemand konnte es mit Trace aufnehmen. Er war imstande zu springen, wenn er den anderen dunklen Bereich nur sah. Es war keine verbindende Dunkelheit nötig. Dadurch konnte er sich freier bewegen als die anderen, und niemand rechnete damit, weil das eine Fähigkeit war, von der er niemandem erzählt hatte.
In diesem Fall ermöglichte es ihm, hinter dem Feind, der ihn zu Boden gezwungen hatte, wieder aufzutauchen. Er materialisierte sich in vollkommener Stille in der Dunkelheit. Er nahm sich einen Moment Zeit und spürte die verborgene Gestalt mehr, als dass er sie sah. Weiter entfernt konnte er Ashlas Atemgeräusche hören.
Er spürte außerdem eine zweite Person ganz in der Nähe. Der Mitarbeiterbereich war voller Gegenstände und Trennwände, hinter denen man sich verbergen konnte, doch größtenteils war es ein einziger offener Raum. Das bedeutete, dass in dem Augenblick, wo er sich auf den einen Feind zubewegte, der andere ihn problemlos angreifen konnte.
Als jedoch das silberne Metall im Mondlicht kurz aufblitzte, wusste Trace, dass sein Gegner es auf Ashla abgesehen hatte. Trotzdem war klar, dass es sich nicht um einen Berufskiller handelte. Ein Schattenbewohner, der ein Killer war, wusste, dass man, wenn man aus dem Hinterhalt angriff, kein ungeschwärztes Metall benutzte. Trace trug erst seit Kurzem keine geschwärzte Klinge mehr bei sich, um endlich die Wachsamkeit und das Denken aus Kriegszeiten abzulegen. Es war nicht gut, wenn der Berater eines Regimes, das Frieden predigte, stets auf der Hut vor einem Angriff war. Er hatte diese Denkweise zum Wohle seiner Regenten und deren Volk aufgegeben.
Und er wollte verdammt sein, wenn irgendein dolchschwingender Hundesohn das für immer zerstören würde.
Trace löste sich aus der Dunkelheit und erreichte seinen Feind wie eine lautlose Brise, wobei er ihm einen Arm um den Hals schlang, während er ihm das Katana durch die linke Niere stieß. Sein rechter Arm erstickte den Warnschrei seines Opfers, und er hielt ihn weiterhin aufrecht vor sich fest, während er die Dunkelheit nach dem anderen Spion absuchte.
»Wo?«, fragte er den Mann, den er festhielt. In seinem Hinterkopf versuchte er bereits, die Körpergestalt jemandem
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