Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
und überprüfen, ob ich beim ersten Mal etwas übersehen hatte.
»Vielleicht ein Gemälde von mir Arm in Arm mit dem Unseelie-König«, flüsterte ich.
Ich schloss die Augen. Jetzt war es heraus. Ich hatte meine größte Angst in Worte gefasst und musste mich ihr stellen. Dieser Schluss schien der einzige zu sein, der alle losen Enden miteinander verknüpfte.
Nana hatte mich mit »Alina« angesprochen.
Ryodan behauptete, Isla hätte nur ein Kind zur Welt gebracht (was Rowena, wenn sie nicht gelogen hatte, bestätigte). Und Isla war gestorben, so dass sie auch später nicht noch einmal Mutter werden konnte.
Niemand wusste, wer meine Eltern waren.
Dann war da noch mein Gefühl der Zwiespältigkeit und der in meinem Unterbewusstsein verborgenen Dinge, die hin und wieder an die Oberfläche drängten. Waren das Erinnerungen an ein anderes Leben? Als ich mit Darroc durch die Weiße Villa gewandert war, war mir alles sehr vertraut vorgekommen. Ich hatte viele Gegenstände erkannt. Ich musste schon einmal dort gewesen sein und nicht nur in meinen Träumen.
Apropos Träume – wie konnte mein schlummerndes Bewusstsein das Bild eines vierten Prinzen heraufbeschworen haben, den ich noch nie gesehen hatte? Woher konnte ich wissen, dass Cruce Flügel hatte?
Ich spürte das Sinsar Dubh. Es fand mich immer wieder und spielte mit mir. Weshalb? Weil es mich in einer früheren Inkarnation – als es der Unseelie-König war und nicht verbotenes Wissen – geliebt hatte? Spürte ich seine Gegenwart, weil ich eine frühere Inkarnation von ihm vergöttert hatte?
Wenn man sich der Wahrheit der eigenen Realität nicht stellt, kann man sie nicht kontrollieren.
Ryodan hatte recht: Ich war eine tickende Zeitbombe, aber aus anderen Gründen, als er dachte.
Ich kannte die Wahrheit meiner Realität nicht und war demzufolge eine Wildcard – etwas, worauf man sich nicht verlassen konnte. Die Frage, die mich die ganze Nacht wach gehalten hatte, war nicht die, ob die Sidhe -Seherinnen Unseelie-Geschöpfe waren oder nicht. Das war im Vergleich zu meinem Problem unwichtig.
Auch wenn es noch so unwahrscheinlich erschien – war ich die Konkubine des Unseelie-Königs? Wiedergeboren in einem neuen Körper? Vom Schicksal ausersehen für ihren unmenschlichen Geliebten und für einen tragischen Kreislauf der Wiedergeburten?
Und was waren Barrons und seine acht? Mein glückloser Geliebter in neun Gefäße aufgeteilt? Das war ein ungeheuerlicher Gedanke. Kein Wunder, dass der König im Bett seiner Konkubine unersättlich war. Wie konnte eine Frau mit neun Männern fertig werden?
»Was machen Sie hier, Miss Lane?« Als hätten ihn meine Gedanken herbeigerufen, ertönte Barrons’ Stimme aus der Dunkelheit hinter mir.
Ich drehte mich zu ihm um. Ich hatte die Außenleuchten von Barrons, Books and Baubles, die von einem riesigen Generator gespeist wurden, angeknipst, aber das Licht war hinter ihm, und ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Doch selbst wenn ich blind gewesen wäre, hätte ich ihn sofort erkannt. Ich fühlte und roch ihn.
Er war wütend. Doch das war mir egal. Er war wieder da. Er lebte. Mein Herz machte Freudensprünge. Seine Nähe erregte mich – wie immer, überall und unter allen Umständen. Gleichgültig, was er war und was er getan hatte. Selbst wenn er ein Neuntel des Unseelie-Königs, der all dies begonnen hatte, sein sollte.
»Irgendetwas stimmt nicht mit mir«, sagte ich im Flüsterton.
»Und das ist Ihnen gerade erst aufgefallen?«
Ich bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Schön, Sie unter den Lebenden zu sehen.«
»Schön, am Leben zu sein.«
»Meinen Sie das ernst?« Er hatte in der Vergangenheit Bemerkungen über den Tod gemacht, die jetzt einen Sinn ergaben. Augenscheinlich würde er nie die Erfahrung des Sterbens machen, und manchmal schien er das beinahe zu bedauern.
»Hübsche Sonnenbräune. Sie können dem Feenreich nicht fernbleiben, wenn ich weg bin, oder? Hat V’lane Sie wieder an einen Strand gebracht? Hat der Sand gerieben, als er mit Ihnen gevögelt hat?«
»Sind Sie der Unseelie-König, Barrons? Sind Sie und Ihre acht Männer verschiedene in menschliche Gestalt gepresste Facetten, solange Sie Dublin nach dem begehrten Buch absuchen?«
»Sind Sie die Konkubine? Das Buch ist augenscheinlich in Sie vernarrt. Es sucht Ihre Nähe und tötet alle in Ihrer Umgebung. Es spielt mit Ihnen.«
Ich blinzelte. Er war mir immer voraus, dabei wusste er nicht einmal von den Träumen, von dem
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