Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
sie.«
»Sie?«
Eine Hand zupfte an meinem Ärmel, und ich wusste, ohne hinzusehen, dass diese Hand nicht zu ihm gehörte. »Küss mich, dann verschwindet sie.« Ich begehrte ihn so schmerzlich, dass im Augenblick nichts und niemand außer ihm zählte.
»Wer?«
»Küss mich!«
Er weigerte sich, zog sich ein wenig zurück und schaute an mir vorbei. Sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass ich nicht die Einzige war, die sie sehen konnte.
»Ich glaube, das bin ich«, wisperte ich.
Er schaute zwischen ihr und mir hin und her. »Ist das ein Witz?«
»Ich kenne dieses Haus und diesen Ort und habe keine andere Erklärung.«
»Unmöglich.«
Es ist fast zu spät. Komm – JETZT GLEICH.
Das war keine Bitte mehr, sondern ein Befehl, und die Hand auf meinem Arm fühlte sich unnachgiebig an. Ich konnte mich ihr nicht entziehen, auch wenn ich unbedingt hierbleiben wollte und sich mein Verlangen, mich beim Sex mit Jericho Barrons zu verlieren, beinahe unstillbar war.
Und, lieber Gott, wie sehr ich ihn begehrte! So sehr, dass ich mich darüber ärgerte. Nie zuvor hatte ich einen Mann so sehr gewollt, dass mich körperliche Schmerzen quälten, solange ich ihn nicht in mir spürte. Und niemals hatte ich mir gewünscht, dass ein Mann mich und mein Leben so sehr beherrschte.
Ich stand auf und drängte mich an ihm vorbei.
Er hielt mich am Arm zurück. Der Ärmel meines Mantels zerriss, als ich mich losmachte. »Darüber müssen wir noch reden, Mac!«
Ich flitzte durch den Flur und rannte ihr hinterher wie ein Hund, der seinen eigenen Schwanz einfangen will.
In der weißen Hälfte des Gemachs lagen taufrische Blütenblätter wie Teppiche auf dem Boden und tausend Kerzen flackerten. Die glitzernden, in der Luft schwebenden Diamanten sahen aus wie winzige helle Sterne. Die wenigen, die durch den riesigen Spiegel auf die dunkle Seite des Königs gelangten, verloschen sofort, als ob es nicht mehr genug Sauerstoff gäbe, der die Flammen am Leben erhielt. Möglicherweise war auch die Dunkelheit so dicht, dass sie jedes Licht erstickte.
Die Konkubine lag splitternackt auf weißen Hermelinfellen vor dem weißen Kamin.
Im Schatten einer entfernten Ecke bewegte sich Dunkelheit. Der König betrachtete seine Geliebte durch den Spiegel. Ich spürte seine Anwesenheit – gigantisch, altehrwürdig, sinnlich. Die Geliebte wusste, dass er sie beobachtete. Sie streckte sich träge, ließ die Hand über ihren Körper gleiten und wölbte den Rücken.
Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass das unsichtbare Gummiband hier bei der Konkubine endete, aber es zog mich weiter. Es führte durch den massiven schwarzen Spiegel in die andere Hälfte des Gemachs.
Einerseits wollte ich mich zu dem uralten Wesen gesellen, andererseits hatte ich keine Lust, dem Schatten auch nur einen Schritt näher zu kommen.
Rief mich der König höchstpersönlich? Oder stand ein Teil seiner facettenreichen Persönlichkeit gleich hinter mir? Ich musste das wissen. Ich hatte Jericho beschuldigt, ein Feigling zu sein, auf mich jedoch würde dieselbe Beschimpfung zutreffen.
Ich brauche …, ertönte die Stimme.
Das verstand ich. Ich brauchte auch – Sex, Antworten, das Ende meiner Ängste.
Die Stimme gehörte nicht zu der Frau auf den Fellen.
Sie kam aus der dunklen Hälfte des Gemachs, die zu zweiDritteln von einem Bett eingenommen wurde, weil er ein so großes Bett brauchte. Es war eine Aufforderung, der ich mich nicht entziehen konnte. Ich würde durch den Spiegel schlüpfen, Barrons würde mich auf das Bett des Königs legen und mich mit Lust und Dunkelheit zudecken. Und uns wäre bewusst, wo wir uns befanden. Alles wäre gut, und unsere Vergangenheit wäre kein Geheimnis mehr.
Während ich auf den Spiegel starrte, der, wie ich wusste, jeden anderen als den König und seine Konkubine tötete, war ich plötzlich wieder fünf Jahre alt. Mehr Details aus meinem Traum vom Kalten Ort bestürmten mich, und mir wurde klar, dass es noch vieles gab, woran ich mich nicht erinnerte.
Zuerst musste ich jedes Mal dieses Gemach durchqueren: halb weiß, halb dunkel, halb warm, halb kalt. Doch betäubt und vollkommen verängstigt durch die alptraumhaften Dinge, die folgten, hatte ich ganz vergessen, wie die Träume begannen. Sie fingen hier an.
Und es hatte große Überwindung gekostet, durch den großen schwarzen Spiegel zu schreiten, weil ich mir nichts mehr wünschte, als für immer in der warmen, hellen Hälfte des Gemachs zu bleiben, um mich in die Szenen der
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