Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
drehte den Kopf. »Herbeirufen. V’lane. Diese zwei Worte passen in keiner Sprache zusammen, Mensch.«
»Ich hatte seinen Namen in meiner Zunge, bis Barrons ihn herausgesaugt hat. Ich muss ihn sprechen. Jetzt gleich.« Dieser goldene Gott mochte mich früher verunsichert haben, aber ich hatte einen Speer bei mir und ein finsteres Geheimnis im Herzen – michkonnte nichts mehr schrecken. Ich wollte V’lane sehen. Er hatte mir einiges zu erklären.
»V’lane hat dir seinen Namen nicht gegeben.«
»Doch, mehrfach. Und sein Zorn wird keine Grenzen kennen, wenn er erfährt, dass du mir diese Bitte nicht erfüllt hast.«
Er betrachtete mich schweigend.
Ich zuckte mit den Schultern. »Gut. Wie du willst. Erinnere dich nur daran, was er mit Dree’lia gemacht hat.« Ich drehte mich um und ging.
Plötzlich stand er vor mir.
»Hey, was zum Teufel machst du da? Keine schnellen Ortswechsel im Club!«, schrie jemand. Der goldene Gott zuckte zusammen und befreite sich von dem Arm, in dem er sich materialisiert hatte. Der Fremdkörper glitt von ihm ab, als bestünde er nur aus Energie, nicht aus Materie.
Der Arm gehörte zu einem jungen Mann mit trotzigem Gesichtsausdruck und zuckenden, rastlosen Augen. Er rieb sich den geschundenen Arm. Dann sah er, was da neben ihm aufgetaucht war, und seine Augen wurden rund.
Ein Drink erschien in der Hand des goldenen Gottes. Er bot ihn dem jungen Mann an und murmelte eine Entschuldigung. »Ich wollte nicht gegen die Regeln verstoßen. Dein Arm fühlt sich in einer kleinen Weile wieder ganz normal an.«
»Alles cool, Mann«, beteuerte der Junge und nahm das Getränk entgegen. »Keine Sorge.« Er starrte das Feenwesen bewundernd an. »Was kann ich für dich tun?«, fragte er atemlos. »Ich meine – Mann, ich würde alles machen. Ehrlich.«
Der goldene Gott beugte sich vor. »Würdest du für mich sterben?«
»Alles, Mann! Aber bringst du mich zuerst ins Feenreich?«
Ich stellte mich hinter den Gott und drückte meinen Mund an sein Ohr. »Der Speer steckt in einem Holster unter meinem Arm. Du hast eine Regel gebrochen. Dann kann ich auch eine brechen, denke ich. Willst du es darauf ankommen lassen?«
Er zischte unmutig. Aber er ließ von dem Jungen ab und richtete sich auf.
»Sei ein gutes kleines Feenwesen«, flötete ich, »und hol V’lane für mich her.« Ich zögerte und überlegte mir meine weiteren Worte. »Sag ihm, dass ich Neuigkeiten von dem Sinsar Dubh habe.«
Das Gelächter und die Stimmen verstummten.
Der ganze Club war still.
Ich ließ den Blick schweifen. Allein die Erwähnung des Sinsar Dubh hatte alles eingefroren. Trotzdem hätte ich schwören können, dass mich jemand ansah. Lag eine Art Zauber auf dieser Kneipe, der alles erstarren ließ, sobald der Name des verbotenen Buches fiel, und blieben nur derjenige, der diesen Namen ausgesprochen hatte, und derjenige, der den Zauber gelegt hatte, von der Erstarrung ausgenommen?
Ich schaute mich weiter um und sog scharf die Luft ein.
Zwei Ebenen weiter unten saß ein Mann in makellos weißem Anzug auf einem königlichen Stuhl und hielt Hof – ein Dutzend weiß gekleideter »Untertanen« umringten ihn.
Ich hatte ihn nicht mehr gesehen, seit Barrons und ich vor langer Zeit die Casa Blanca abgesucht hatten. Wie ich war der Mann nicht erstarrt.
McCabe nickte mir zu.
Genauso plötzlich wie die Reglosigkeit eingetreten war, erwachten die Leute wieder zum Leben.
»Du hast mich beleidigt, Mensch«, sagte der goldene Gott, »und für diese Kränkung werde ich dich töten. Nicht hier. Nicht heute. Aber bald.«
»Klar, meinetwegen«, erwiderte ich. »Hol ihn her.« Ich wandte mich ab und bahnte mir einen Weg durch die Menge, doch als ich den weißen Thron erreichte, war McCabe verschwunden.
Ich musste an der Bar vorbei, hinter der der Junge mit den verträumten Augen die Gäste bediente. »Direkt« war eine geografische Anweisung; sie beinhaltete nicht das Verbot, auf dem Wegstehen zu bleiben. Und da ich wie ausgedörrt war und noch ein paar Fragen wegen der Tarotkarte hatte, klopfte ich auf den Tresen.
Ich konnte mich kaum noch erinnern, wie es war, Drinks zu mixen und Party mit meinen Freunden zu machen, gesegnet mit Unwissenheit und strahlenden Zukunftsträumen.
Fünf Hocker weiter saß ein Mann mit Zylinder, der von Spinnweben eingesponnen war. Strohartige Haare reichten bis zu den knochigen Schultern im Nadelstreifenanzug. Der Fear Dorcha hing wieder mit dem Jungen mit den verträumten Augen herum.
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