Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Tellie schon gefunden? , hatte Barrons Ryodan gefragt. Du weißt nicht, wo sie ist? Setz mehr Leute auf sie an. Augenscheinlich war mir Barrons wieder einige Schritte voraus und ließ bereits nach Tellie suchen. Warum? Woher wusste er von der Frau? Was hatte er erfahren und mir nicht erzählt? »Und?«
»Deine Mom – na ja, angeblich bist du kein Mensch, also ist sie wahrscheinlich nicht deine Mom –, also Isla ist lebend davongekommen. Nana hat in der Nacht gesehen, wie sie die Abtei verließ. Rate mal, mit wem!«
Ich brachte kein Wort heraus. Rowena. Und die alte Hexe hatte sie vermutlich getötet. Ob Isla meine Mutter war oder nicht, ich fühlte mich ihr verbunden.
»Ah, komm schon, rate!« Dani zitterte vor Aufregung, so dass ich ihre Umrisse nur noch undeutlich sah.
»Rowena«, sagte ich tonlos.
»Rate noch mal. Das wird dich umhauen. Nana hatte nicht gewusst, wer es war – erst als du mit ihm bei ihr aufgetaucht bist, ist ihr ein Licht aufgegangen. Sie hat von ihm nicht als ›er‹ gesprochen, sondern als ›es‹.«
Ich starrte Dani an. »Wen?«
»Sie hat gesehen, wie Isla mit jemandem, den sie das Verdammte nannte, in ein Auto gestiegen ist. Mann, der Typ, der vor mehr als zwanzig Jahren mit der einzigen Überlebenden des echten Haven davongefahren ist, war Barrons.«
Ich war so fertig nach allem, was mir Dani erzählt hatte, dass ich nur noch träge auf dem Sofa liegen und einen Film anschauen konnte. Außerdem hatte ich so viel Zucker intus, dass ich fast so zitterte wie Dani. Nachdem sie die Bombe mit Barrons hatte platzen lassen, nahm sie die Fernbedienung und ließ die Komödie weiterlaufen. Das Kind ist einfach unverwüstlich.
Ich starrte auf den Bildschirm, ohne etwas wahrzunehmen.
Weshalb hatte mir Barrons nicht gesagt, dass er in der Abtei war, als das Buch ausgebrochen war? Wieso verschwieg er mir, dass er Isla O’Connor, also Alinas Mutter, gekannt hatte?
Ich erinnerte mich, dass Barrons bei dem Telefonat mit Ryodan gesagt hatte: Nach allem, was ich neulich Nacht über sie erfahren habe … Hatte er von der Nacht gesprochen, in der wir zu dem Cottage gefahren waren? War er genauso überrascht gewesen wie ich, als Nana sagte, dass die Frau, mit der er vor mehr als zwei Jahrzehnten die Abtei verlassen hatte, meine Mutter gewesen sein sollte?
Hatte er sie zu dieser Tellie gebracht, die dann half, Adoptiveltern für mich und Alina in Amerika zu finden? Wenn Isla die Abtei lebend verlassen hatte, warum, wie und wann war sie dann gestorben? Hatte sie es damals bis zu Tellie geschafft, oder hatte Isla schon vorher mit ihr ausgemacht, dass sie ihre Kinder außer Landes bringen sollte, wenn ihr etwas zustieß? Welche Rolle hatte Barrons bei all dem gespielt? Hatte er Isla getötet?
Ich wurde unruhig. Er hatte den Kuchen gesehen und wusste, dass ich eine Geburtstagsparty geplant hatte. Er hasste Geburtstage. Er würde sich heute Abend sicher nicht blicken lassen.
Ich steckte mir ein Stück von der Schokoladenmousse-Glasur in den Mund und schaute mich um. Ich betrachtete das Deckengemälde und fummelte an der Kaschmirdecke herum. Ich klaubte Krümel aus der Sofaecke und legte sie auf meinen Teller.
Rowena war Nanas Tochter. Isla und Kayleigh waren praktisch gemeinsam aufgewachsen. Isla war Anführerin des Haven. Sie hatten es für nötig befunden, hinter Rowenas Rücken einen geheimen Haven zu gründen. Isla hatte den eigentlichen Haven geleitet, diemysteriöse Tellie den geheimen. All die Jahre hatte man meine Mutter – Isla – für das Entkommen des Buches verantwortlich gemacht, und jetzt sah es so aus, als hätte Rowena die Fäden in der Hand gehabt.
Sie hatte uns allen die Schuld in die Schuhe geschoben: erst Isla, dann Alina und jetzt mir.
Die beiden Abkömmlinge der alten Blutlinie haben nicht den Hauch einer Chance, das Chaos zu ordnen, weil sie das gar nicht wollen.
Ich seufzte. Als ich mit angehört hatte, wie Mom und Dad in Ashford darüber sprachen, dass ich die Welt ins Verderben stürzen könnte, hatte ich das Gefühl, verdammt zu sein. Dann hatten mir Jo und Kat die Prophezeiung gezeigt – jetzt weiß ich, dass es eine stark gekürzte Version war –, und mir war zumute gewesen, als hätte man mich begnadigt.
Jetzt fühlte ich mich wieder wie eine Verbrecherin. Zu hören, dass die Menschheit von einem möglichst frühen Tod von meiner Schwester und mir profitieren würde, war mehr als nur irritierend. Hätte sich Alina für immer für Darroc entschieden? In
Weitere Kostenlose Bücher