Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
all die Jahre vermisst und sich nach uns gesehnt. Sie hatten uns nicht gern weggegeben und sich nur dafür entschieden, um uns in Sicherheit zu bringen. Zwischen Isla und mir bestand eine Art Mutter-Tochter-Verbindung. Wir würden wieder eine Familie sein. Ich hatte so viele Fragen!
»Ich traue ihnen nicht über den Weg«, raunte Barrons. »Das alles ist Schwachsinn.«
Barrons war paranoid. Vollkommene Wachsamkeit , würde er das nennen. »Es ist schwer zu glauben«, murmelte ich.
»Dann lass es.«
»Sieh sie dir an, Barrons. Sie ist die Frau, die den Korridor in der Abtei bewacht hat, die letzte offizielle Anführerin des Haven. Die Frau, die du in der bewussten Nacht im Auto mitgenommen hast. Um Himmels willen, wir sehen uns ähnlich!« Als ich in Dublin ankam, hatte diese Ähnlichkeit nicht bestanden. Damals war ich noch ein bisschen molliger und hatte Babyspeck im Gesicht. Jetzt war ich wie sie – älter, dünner und mit ausgeprägteren Gesichtszügen.
Barrons schaute zwischen ihr und mir hin und her. »Sie könnte eine Cousine sein.«
»Sie könnte auch meine Mutter sein«, gab ich zurück. »Und wenn sie es ist, bin ich nicht der Unseelie-König.« Die Last von unzähligen Sünden fiel von meinen Schultern. Zu glauben, dass ich der ultimative Schuft bin, der für viele Missgeburten und Milliarden Tote verantwortlich ist, hatte mich schier erdrückt. »Vielleicht haben sie recht, Barrons. Möglicherweise war es nie mein Kampf und Alina und ich sind nur zufällig in die Schusslinie geraten. Das Buch hat uns als Nachkommen von Islas Familie erkannt, uns gequält und uns das Leben zur Hölle gemacht.«
»Dani hat Alina getötet«, rief er mir ins Gedächtnis.
Warum musste er mich jetzt daran erinnern? Ich funkelte ihn an.
Er starrte mich mit verzerrtem Gesicht und wilden Augen an und brüllte Rowenas Namen so laut, dass ich mich nicht gewundert hätte, wenn die Fensterscheiben zu Bruch gegangen wären.
Ich blinzelte. Und er war wieder nur Barrons und musterte mich fragend.
»Bist du okay?«
»Was hast du gerade gesagt?«
»Ich hab gefragt: Bist du okay?«
»Nein, davor.«
»Ich sagte: Dani hat Alina getötet – wegen Rowena, daran besteht kein Zweifel. Was ist los? Du bist weiß wie die Wand.«
Ich schüttelte verlegen den Kopf. Dann zuckte ich zusammen und drehte mich abrupt zum Fenster. »O nein!« Das Sinsar Dubh hatte sich wieder in Bewegung gesetzt – schnell.
»Es kommt!«, schrie Isla im selben Moment.
»Wie lange haben wir noch Zeit?«, fragte Pieter.
»Drei Minuten, vielleicht weniger. Es ist in einem Auto«, sagte Isla.
Ich musste wissen, ob sie es ungefähr an derselben Stelle vermutete wie ich. Wenn wir zu zweit waren, konnte es uns nicht so leicht täuschen. Ich wollte verdammt sein, wenn es mir wieder etwasvorgaukeln konnte wie beim letzten Mal, als wir versucht hatten, es einzukreisen. »Wo spürst du es?«
»Nordwestlich der Stadt. Höchstens drei Meilen von hier.«
Ich war erleichtert. Genau das fühlte ich auch.
»Welcher Teil des Hauses ist am besten abgesichert?«, wollte Isla von Barrons wissen.
»Das ganze Gebäude ist gesichert.«
»Was ist der Plan?«, erkundigte ich mich.
»Du musst deiner Mutter das Amulett geben«, sagte Pieter.
Ich fasste nach der Kette an meinem Hals und sah Barrons an. Er holte bedächtig Luft und öffnete den Mund. Und riss ihn weit zu einem lautlosen Schrei auf.
Ich zwinkerte. Danach sah er gefasst und weltmännisch aus wie immer.
»Es liegt an dir«, sagte er. »Du entscheidest.«
Mac 1.0, das Barmädchen, die Tagträumerin und professionelle Sonnenanbeterin, hätte liebend gern die Verantwortung auf andere abgewälzt, um nicht selbst tätig werden zu müssen. Doch diese Frau kannte ich kaum noch. Heute liebte ich es, selbst Entschlüsse zu fassen und für die richtige Sache zu kämpfen. Verantwortung war keine Last mehr, sondern ein wichtiger Bestandteil meines Lebens.
»MacKayla, die Zeit drängt«, sagte Pieter sanft. »Du musst nicht mehr kämpfen. Jetzt sind wir da.«
Ich sah Isla an. In ihren blauen Augen glitzerten ungeweinte Tränen. »Hör auf deinen Vater«, bat sie. »Du bist nie wieder allein, Liebling. Gib mir das Amulett. Befrei dich von dieser Last und überlass sie mir. Es war von vornherein nicht an dir, so schwer zu tragen.«
Barrons ließ mich nicht aus den Augen. Ich kannte ihn. Er würde meine Hand nicht zwingen.
Ich stutzte. Wem wollte ich was vormachen? Selbstverständlich würde Barrons alles
Weitere Kostenlose Bücher