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Shakespeare erzählt

Shakespeare erzählt

Titel: Shakespeare erzählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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werde ihr den Ring persönlich über den Finger streifen! Ich werde mit dieser Frau schlafen, weil ich es will, und ich werde ihr den Ring an den Finger stecken, weil ich es will. Und wer immer diese Frau sein wird, sie wird meine Frau sein. Da kannst du ein noch so liebes, gescheites, phantasievolles, lustiges, hilfsbereites Mädchen sein, fix, gründlich und gewissenhaft, voll Spannkraft, Wissensdurst und Neugierde auf das Leben. Ich! Will! Dich! Nicht!«
    Noch nie hat Bertram so klare Worte gefunden. Nun hat er nur einen Gedanken: Weg von Paris!
    Der Herzog von Florenz bereitet einen Krieg vor, gegen wen, weiß Bertram nicht, ist ihm auch egal. Der Herzog wirbt Soldaten an. Bertram unterschreibt und flüchtet nach Florenz.
    Und Helena? Gibt sie endlich auf? Sieht sie es endlich ein? Nein.
    Helena hat Bertram ihre Argumente vorgetragen. Es hat nichts genützt. Sie hat ihm logisch auseinandergesetzt, daß er sie lieben muß. Es hat nichts genützt. Sie hat sich mit Hilfe des Königs den Trauschein besorgt. Es hat alles nichts genützt: Bertram liebt Helena nicht.
    Nun, Helena ist nicht eine sture Anbeterin der Rationalität. Sie ist flexibel. Wenn Logik nicht greift, denkt sie, vielleicht hilft Beten. Sie hat schon von Logik in kleinen Dosen nichts gehalten, und von Beten in kleinen Dosen hält sie erst recht nichts. Sie beschließt, den Jakobsweg zu gehen, nach Santiago de Compostela zu pilgern. Sie schlägt eine etwas eigenwillige Route ein, es steht ja nirgends geschrieben, daß bei einer Pilgerfahrt der kürzeste Weg den größten Effekt bringt, Helenas Weg nach Santiago jedenfalls führt von Paris über Florenz, und weil ihr in Florenz die Füße weh tun, sucht sie sich eine Pension, wo sie sich ein paar Tage ausruhen möchte.
    Die Pension wird von einer geselligen Wirtin geführt, einer Frau mit sprühenden Augen, Witwe, Mutter einer Tochter.
    »Du kommst aus Paris?« fragt sie. »Ach, Paris muß wunderbar sein!«
    »In vieler Hinsicht«, bestätigt Helena. »Kostbare Bibliotheken gibt es und Museen.«
    »Ich dachte in erster Linie an die Männer«, sagt die Wirtin. »Gestern sind die Fremdenlegionäre durch unsere Straßen gezogen. Es wird ja bald Krieg geben. Die französischen Soldaten sind die schönsten. Und der schönste von allen wohnt bei uns in der Pension.«
    »Ich interessiere mich nicht für Männer«, sagt Helena. Das ist weder Koketterie noch Lüge. Sie interessiert sich nur für einen Mann.
    »Ich ja auch nicht mehr«, gesteht die Wirtin. Dann zieht sie Helena den Flur hinunter und fragt, ob Helena ein Geheimnis für sich behalten könne. »Meine Tochter«, tuschelt sie, »Diana heißt sie, so ein nettes Ding, fix, lieb, lustig und so voll Spannkraft, sie hat Chancen.«
    »Was für Chancen denn?«
    »Bei dem schönen Franzosen. Er himmelt sie an. Er kommt angeblich aus gutem Haus. Beziehungen zum König …«
    Und dann schauen sie sich am Nachmittag gemeinsam die Parade an. Auch Diana ist dabei. Eigentlich wollte sie diesmal nicht mitgehen. »Was ist denn los mit dir?« hat die Mutter gefragt, und dann hat sie das verführerische rote Kleid aus dem Schrank geholt, das mit den Fuchspelzstreifen an den Ärmeln. »Das zieh an!« Und weil Diana so lahm war, hat ihre Mutter selbst Hand angelegt, hat sie geschminkt und aufgeputzt. Und als sie dann an der Straße stehen, um der Parade zuzusehen, knufft sie ihre Tochter immer wieder in die Seite, damit sie etwas Feuer zeige.
    »Der da!« ruft die Mutter und wedelt mit ihrem Taschentuch. »Der da ist es! Das ist unser Franzose!«
    Welcher? Etwa der Blonde? Der große Blonde? – Es ist Bertram!
    Helena muß tief Luft holen, der Blutdruck fällt erst, dann steigt er, dann fällt er wieder. »Was«, haucht sie, »der wohnt in eurer Pension?«
    »Ja«, flötet die Mutter, »der ist es! Und meine Diana hat Chancen bei ihm!«
    Da fängt Diana endlich zu weinen an. »Aber er ist kein anständiger Mann«, jammert sie.
    Die Mutter zieht sie beiseite. Sollen ja nicht alle sehen, daß der Tochter ein Unglück aus den Augen schaut. Unglück ist nicht attraktiv. »Woher willst du wissen, daß er kein anständiger Mann ist?«
    »Er will, daß ich mich ihm hingebe.«
    »Was soll daran nicht anständig sein? Wenn er dich hinterher heiratet?«
    »Er will mich aber nicht heiraten.«
    »Hat er das gesagt?«
    »Er redet darum herum.«
    »Das hat nichts zu bedeuten. Das tun sie alle. Sag ihm, wenn er nicht verspricht, daß er dich heiratet, wird nichts.«
    Und jetzt bricht

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