Shakespeare, Katz & Co
es nicht«, sagte Penelope. »Ich hätte ihn nach seiner Telefonnummer fragen sollen.«
Erfrischt von seinem Nickerchen, kroch Big Mike eifrig in die verschiedensten Ecken von Carolyns königlichem Zelt, während Penelope und Master Shakespeare die Seitenbahnen hochhoben und befestigten, um Licht hineinzulassen.
Penelope sah sich im Inneren um. Die Leute von der Spurensicherung hatten nach Fingerabdrücken gesucht, und auf allem, was möglicherweise einen brauchbaren Abdruck hergab, lag eine dünne Restschicht Pulver.
Auf einer hölzernen Kiste neben dem spartanischen Feldbett, auf dem Carolyn Lewis offensichtlich geschlafen hatte, stand ein gerahmtes Foto, was Penelope äußerst unelisabethanisch fand. Es zeigte Carolyn als Königin und Sir Robert Dudley, und beide trugen ihre prächtigen Kostüme und lächelten glücklich in die Kamera. Penelope blies den Staub weg, löste die Rückwand und schaute hinter das Bild. Nichts.
Als sie es wieder zurückstellte, sagte Master Shakespeare: »Bevor Carolyn… bevor sie umgebracht wurde, hatte sich ein ziemlicher Skandal angebahnt. Man hat Sir Robert mit einer irischen Schauspielerin erwischt, und Carolyn war darüber ziemlich wütend.«
»Ich werde morgen mit Sir Robert darüber sprechen«, sagte Penelope und blickte sich im Zelt um. Es war ziemlich groß und geräumig, groß genug, um einen Schrank, zwei Kühlboxen, einen Campingkocher, ein kleines Bücherregal mit Büchern über das elisabethanische England und ein tragbares Radio unterzubringen.
Penelope schaltete das Radio an. Laute Heavy-metal-Musik plärrte durch das Zelt. Eilig drehte sie die Lautstärke herunter und drückte eine andere Taste. Diese war auf einen Sender mit klassischer Musik eingestellt. Die unvergeßliche sanfte Melodie von Tschaikowskys Schwanensee erklang, und die Schönheit der Musik erfüllte Penelopes Herz mit Melancholie.
Penelope drückte die anderen, auf bestimmte Sender eingestellten Tasten. Radiosender verrieten, genau wie Bücher, sehr viel über einen Menschen. Rush Limbaugh schimpfte über Liberale. Igitt! Carolyn war doch sicherlich keine Rush-Anhängerin. Danach kam Soft Rock, Unterhaltungsmusik, Oldies und Country-Western.
Kein Heavy metal. Das ist ja seltsam, dachte Penelope, jemand anders als Carolyn hat diesen Sender gehört. Sie schaltete zurück zu Schwanensee. »Tut mir leid, Mikey«, sagte sie und drehte sich zum Schrank um, »kein Jimmy.«
Jimmy Buffett war Mycrofts Lieblingssänger. Aber wie sagte Penelope immer so schön: »Natürlich mag er jeden, der nach Katzenfutter benannt ist.« Als treuer Fan trug Big Mike manchmal, wenn ihm danach war, sogar die Haifischflosse, die Penelope ihm gemacht hatte.
Penelope riß die Türen des Schranks auf und untersuchte die königlichen Kleider und Mieder, die darin hingen. Mycroft beschloß, sich die untere Etage vorzunehmen, und wühlte in den königlichen Schuhen herum, die achtlos durcheinandergeworfen waren.
Als er wieder auftauchte, fragte Penelope: »Hast du was gefunden, Mikey?« Penelope wertete sein Schweigen als verneinende Antwort, und als sie sich umdrehte, sah sie, wie Master Will sie belustigt anstarrte. »Er ist sehr gut, wirklich«, erklärte sie. »Er hat schon früher wichtige Hinweise gefunden.«
Master Will nickte nur.
»Im Ernst«, insistierte Penelope.
»Ich schließe besser das Wohnmobil zu«, sagte Will. »Das Zelt können wir offenlassen. Es muß mal ordentlich durchlüften.« Er brauchte erst gar nicht hinzuzufügen, daß er der Meinung war, daß das königliche Hirn auch ein bißchen frische Luft gebrauchen konnte.
Obwohl Mycroft pflichtschuldig – Penelope fand sogar, etwas lustlos – im Zelt herumschnüffelte, konnte seine Nase jedoch nichts Interessantes entdecken, wenn man von der Eidechse absah, die unter dem Feldbett hervorkrabbelte und die Zeltwand hochkletterte, um sich aus der Gefahrenzone zu begeben.
Nachdem sie Will Shakespeare an seinem Laden abgesetzt hatten, wiederholten Penelope und Mycroft das Vorgehen in Carolyns Eigentumswohnung. Klein, freundlich und hell sah sie genau so aus, wie Penelope sie sich vorgestellt hatte. Die Bücherregale standen voller Geschichtsbücher. Carolyn hatte sich ein kleines Büro eingerichtet, wo sie wahrscheinlich Schülerarbeiten korrigierte, ihren Unterricht vorbereitete und ihre persönlichen Angelegenheiten erledigte.
Kein Heavy metal. Sie besaß überwiegend Klassik-CDs, und das Radio war genau so eingestellt wie das tragbare in ihrem Zelt,
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