Shakespeare, Katz & Co
Mike, den selten irgend etwas einschüchterte, rannte voraus und starrte in den ruhigen, von Menschenhand geschaffenen Fluß, in dem ein paar fette Fische im klaren Wasser herumschwammen. Trotz seiner Abneigung gegen Wasser zuckte Mycrofts Schwanz vor Begeisterung, und er schien über eine Methode nachzudenken, wie er fischen konnte, ohne sich die Pfoten naß zu machen. Erst nach einigem Drängen ließ der königliche Kater von den Fischen ab und folgte der Königin.
Dieselbe Delegation, die Penelope dazu überredet hatte, den Thron Englands zu besteigen, wartete nun am Tor zum Festspielgelände. »Euer Majestät«, sagten Sir Francis Drake, Sir Francis Bacon und Master William Shakespeare gleichzeitig und zogen die Hüte. Eine viel zu fröhliche Lady Kathleen Allen machte mit strahlenden Augen einen tiefen Knicks.
»Oh, kommt wieder hoch«, sagte Penelope.
»Das können wir nicht, Euer Majestät.«
»Nicht bis Ihr ›Guten Morgen‹ gesagt habt.«
Penelope lächelte huldvoll, neigte in einer höchst majestätischen Art und Weise den Kopf und sagte: »Guten Morgen.«
»Perfekt, Euer Majestät«, sagte Lady Kathleen und erhob sich.
»Ja, das fand ich auch.«
»Kommen wir nun zu den königlichen Pflichten«, sagte Bacon.
»Es gibt eine Menge zu erledigen«, sagte Drake. »Ihr müßt jeden empfangen, und dann wäre da noch der königliche Festzug um zehn und die Turniere um zwei. Außerdem müssen noch einige Staatsgeschäfte und Hofangelegenheiten erledigt werden…«
Die nächste Stunde verging in hektischem Treiben. Die neue Königin empfing eine Reihe von bedeutenden Persönlichkeiten, Höflingen, Hofdamen, den Lord High Mayor, den Lord High Sheriff, Sir Philip Sydney und Sir Robert Dudley.
»Euer Majestät«, sagte Sir Dudley, machte eine tiefe Verbeugung und küßte Penelopes Hand, die er viel länger festhielt, als es der Anstand erlaubte. »Es wird mir eine Ehre sein, Euch zu dienen. Ich werde Euer ständiger Begleiter sein.«
»Aber was ist mit Rosalind, Sir Robert?« fragte Lady Kathleen lieblich.
»Eine Bagatelle, Euer Majestät. Ich werde jetzt nur noch an Eurer Seite sein. Schließlich«, sagte Sir Robert und schielte lüstern auf Penelopes sonnenmilchgeschützte Brüste, »waren Sir Robert und Königin Elisabeth Liebende.« Er lächelte, machte eine Verbeugung, ging einen Schritt zurück und stolperte über den königlichen Kater, der laut aufschrie. Er hatte ihm nicht wirklich weh getan, aber Mycroft wollte gleich von Anfang an die Regeln klarstellen.
»Verdammt noch mal«, schrie Sir Robert, als er auf den Hintern fiel.
Sir Francis Drake brach in schallendes Gelächter aus. Bacon und Shakespeare ließen sich ihre Belustigung nicht ganz so offensichtlich anmerken.
Ihre Majestät hob warnend einen Finger. »Sir Robert«, sagte sie ernst. »Ich möchte an meinem Hof keine Kraftausdrücke hören.«
»Natürlich, Euer Majestät«, sagte er, stand hastig auf und versuchte, seine Würde wiederzuerlangen.
Penelope kicherte und entließ ihn dann mit einem übertrieben majestätischen Kopfnicken. »Was sollte das denn?« fragte sie, als Sir Robert geflüchtet war.
»Nun«, sagte Kathy, »Sir Roberts richtiger Name ist-«
»Mir ist egal, wie sein richtiger Name ist. Ich habe schon genug damit zu tun, mir all die einzelnen Rollen zu merken. Das Ganze hier ist ein Paradies für Schizophrene.«
»Jedenfalls ist Sir Robert ein alter Lüstling«, sagte Kathy. »Er ist aus Scottsdale«, fügte sie hinzu, als ob das alles erklärte.
»Das weiß ich alles. Shakespeare hat es mir gesagt. Und jetzt glaubt er, er könnte seine Affäre mit der Königin fortsetzen, nur weil es historisch korrekt ist. Ich glaube, ich werde ihn in die Kolonien verbannen. Da kann er dann Bataten entdecken, oder was auch immer.«
»Aber Euer Majestät, wir sind in den Kolonien.«
»Stimmt ja. Na, dann soll er eben der Königin aus dem Weg gehen. Ich werde mir meinen eigenen Liebhaber für die Festspiele aussuchen.«
»Wo ist Sir Walter überhaupt?«
»Oh, er kommt später. Jedenfalls ist Sir Walter dabei und Sir Robert nicht.«
Bevor die Tore geöffnet wurden, schlenderte Penelope über das Gelände und begrüßte ihre Untertanen. Dabei mußte sie an den Anfang von Laurence Oliviers großartigen Film Henry V. denken, als die Schauspieler hektisch hinter der Bühne hin und her eilten, in ihre Kostüme schlüpften, Make-up auftrugen, schwierige Passagen probten und nervös darauf warteten, daß das Stück anfing. Dann
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