Shakespeare, Katz & Co
Penelope. »Ich hatte schon immer was für Faustus übrig.«
»Wir erwarten Sie also«, sagte Marlowe. Er ging fort und warf dabei einen letzten entrüsteten, sogar feindseligen Blick auf die Shakespeare-Bühne.
Penelope hatte ernsthaft vor, zu Marlowes Vorführung zu gehen, aber bei all den verschiedenen königlichen Pflichten, denen sie nachkommen mußte, verging die Zeit wie im Fluge, und als sie endlich eine Pause hatte, waren die Theateraufführungen für den Nachmittag zu Ende.
Und das machte Marlowe richtig stinkig.
Eine strahlende, zahme Lola LaPola kehrte Hand in Hand mit ihrem Gerichtsdiener zum königlichen Pavillon zurück. Sie trug nun ein graues, äußerst kleidsames Gewand von der Stange, das sie beim Lieferant für elegante elisabethanische Moden erstanden hatte, der sich ein paar Buden vom Eisenwarenhändler entfernt befand, dessen Waren wiederum erst kürzlich ihre Handgelenke geschmückt hatten.
»Guten Morgen, Euer Majestät«, sagte Lola. Ihr Gerichtsdiener hatte sie kurz in elisabethanischem Englisch unterwiesen, wie es am Hof gesprochen wurde. Außerdem hatte er ihr noch andere Begriffe und Gebräuche beigebracht, die sie hoffentlich irgendwann einmal dazu bringen würden, auch das graue Kleid auszuziehen. Wie sie ihm zu verstehen gegeben hatte, lag dies sehr wohl im Bereich des Möglichen.
Lola machte einen anmutigen Knicks. Der Gerichtsdiener verbeugte sich.
»Erhebt euch, treue Untertanen«, sagte die Königin. »Darf ich euch ein paar Erfrischungen anbieten?«
»Leider habe ich mich um dringliche juristische Angelegenheiten zu kümmern, Majestät«, sagte der Gerichtsdiener.
»Ich nehme an, du mußt Tomaten auf andere arme junge Frauen werfen«, sagte Lola.
»Ich werde nur an deine Tomaten denken, geliebte muntere Seele. Bis ich zurückkehre, wird mich nur der Gedanke an dich meine harte Arbeit ertragen lassen.«
Für einen Gerichtsdiener, fand Penelope, hat er wirklich eine äußerst poetische Ader. »Wollt Ihr Euch zu mir gesellen, Lady Lola?«
»Danke«, sagte sie und starrte ihrem dahinschwindenden jungen Mann hinterher.
Angehörige des Hofes und die königliche Leibgarde machten der Königin und Lady Lola höflich an der Theke Platz.
»Was wünschen Euer Majestät?«
»Ein Glas Weißwein, bitte.«
»Und die gütige Lady?«
»Für mich bitte das gleiche.« Sie wandte sich der Königin zu. »Ich muß mich entschuldigen. Ich bin nicht immer so unhöflich und aggressiv. In der Welt der Fernsehnachrichten ist die Konkurrenz sehr groß. Wir kämpfen ständig um Sendezeit, und ich will eine gute Reporterin sein, nicht nur ein weiteres hübsches Gesicht auf dem Bildschirm.« Sie zuckte die Achseln und lächelte reumütig. »Ich kann wahrscheinlich manchmal ein richtiges Miststück sein. Es tut mir leid.«
»Ich möchte mich auch entschuldigen«, sagte Penelope. »Ich war auch ein ziemliches Miststück. Es gab keinen Grund, Sie einfach so an den Pranger zu schicken.«
»Oh, aber ich bin froh, daß Sie es getan haben. Ich hätte Lynn sonst nicht kennengelernt. Ist er nicht toll?«
Penelope lächelte und erhob ihr Glas. »Auf neue Freunde«, sagte sie.
»Auf neue Freunde.«
»Es ist doch seltsam, oder?« sagte Lola, nachdem sie an ihrem Glas genippt hatte. »Wenn der Banküberfall nicht gewesen wäre, hätte ich Andy nicht getroffen. Er hätte mich nicht zu den Festspielen eingeladen. Ich hätte kein rotes Kleid gekauft. Sie hätten mich nicht an den Pranger geschickt. Es gibt schon seltsame Zufälle. Und stellen Sie sich nur vor, eines Tages werden Freunde fragen, wie wir uns kennengelernt haben, und ich werde antworten: ›Ach, ich stand am Pranger, und Lynn warf gerade eine verfaulte Tomate nach mir.‹ So eine Story könnte uns in Die Traumhochzeitbringen.«
»Und wäre ich nicht beim Banküberfall gewesen…« Penelope hatte plötzlich eine seltsame, unheilvolle Vorahnung. »Dann hätte ich…«
»Was ist los?«
»Ich weiß es nicht.« Penelope zuckte hilflos die Achseln. »Irgendwas.«
Der königliche Haussegen renkte sich langsam wieder ein, aber erst, nachdem Sir Walter eine ganze Weile zu Kreuze gekrochen war und um Verzeihung gebettelt hatte. »Ich habe sie doch nur zu den Festspielen eingeladen. Wie sollte ich denn wissen, daß sie mich küssen und bei dir einen Eifersuchtsanfall auslösen würde?«
»Ich hatte keinen Eifersuchtsanfall.«
»Doch, das hattest du.«
»Hatte ich nicht.«
So ging es den ganzen Abend lang, während sie von einer Party zur
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