Shakespeare, Katz & Co
könnte, wenn es in Südamerika annähernd so zugeht wie in Äthiopien. Dort kaufte man Luxusgüter auf der Straße oder auf der Veranda eines Hotels. Man saß dann bei ein paar Gin Tonic, und ein Straßenverkäufer nach dem anderen bot Zigaretten, Whiskey, Gold, Silber und Elfenbein feil. Bei einer denkwürdigen Gelegenheit sogar einmal ein Gewehr. Penelope war immer davon ausgegangen, daß man auch Sonderbestellungen aufgeben konnte. Sie hatte sich mit dem Versandkatalog eines gutsortierten Buchladens in Edinburgh und den Weihnachts- und Geburtstagspaketen von Muffy und Biff zufriedengegeben und ansonsten sehr sparsam gelebt.
»Whiskey, Madame?«
»Nein, danke, aber ich hätte gern eine Flasche Curare.«
»Jawohl, Madame, kommt sofort.«
So würde ich es machen, wenn ich in Südamerika wäre und zufällig Curare brauchte.
Aber laut Bobby war ihm so ein Gedanke nie gekommen.
Penelope wollte ihm Sharon zuliebe glauben, aber…
Bobby und Sharon hatten gestritten, und sie war zurück nach Tempe gefahren, wo sie die Nacht allein verbracht hatte, bis Bobby reumütig zu ihr gekommen war, lange nachdem sie Burbages Leiche gefunden hatten.
Keine Frau, kein Pferd, keinen Schnäuzer und kein Alibi.
Und auch keinen hinreichenden Tatverdacht für eine Verhaftung oder eine Voranhörung.
Da Zwiddeldei stets loyal gegenüber den Bürgern war, für die er arbeitete, hielt er Bobby für den Täter.
»Nee«, widersprach Zwiddeldum. »Ich glaube, es war der Pillendreher.«
»Ehemaliger Pillendreher«, warf Penelope ein.
»Ja, aber er hatte Streit mit dem Opfer.«
»Du bist doch so schlau, wer, glaubst du, war es?« fragte Zwiddeldei.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete Penelope ehrlich. »Noch nicht.«
»Und was machen wir jetzt, Chef?« fragte Zwiddeldei.
»Wir behalten beide im Auge«, sagte Dutch. »Und wo wir schon mal dabei sind: Wenn du zufällig einen Kopfjäger mit Pfeil und Bogen siehst, verhafte ihn.«
»Hä?«
»Ach, vergiß es.«
»Da ist sie«, rief Andy triumphierend und griff nach dem Besen.
Mein Held.
»O Mist, sie ist schon wieder weg.«
Ein schöner Held.
Penelope ging die Mitschriften immer und immer wieder durch und suchte nach Hinweisen, fand aber nichts, was einen Verdacht begründete. Schließlich war Shakespeare ein prominentes Mitglied der Geschäftswelt Empty Creeks und gehörte der Handelskammer und dem Rotary Club an. Während des Jahres nahm er stets an zahlreichen gemeinnützigen Veranstaltungen teil. Und es war nichtseine Schuld, daß er in seiner Jugend bei seiner Berufswahl einen Fehler gemacht hatte. Penelope nahm an, daß es wirklich langweilig war, den ganzen Tag kleine Pillen zu zählen.
Bobby war ein bißchen exzentrisch, aber das war angesichts seines Status als Professor und Gelegenheitsschauspieler auch kein Wunder. Ganz zu schweigen von seiner andauernden Midlife-crisis. Zumindest hatte er keine Lederflicken auf den Ellbogen seines Tweedsakkos. Penelope war während ihrer Schul- und Studentenzeit einer Menge fröhlicher, exzentrischer Lehrer begegnet. Das war kein Verbrechen, genausowenig, wie dem Friedenscorps beizutreten oder nach Südamerika zu gehen.
»Tut mir leid, Mikey«, sagte Penelope und legte die Blätter ordentlich zusammen, »aber sie können es nicht gewesen sein.«
Mycroft berief sich auf den fünften Verfassungszusatz. Er hatte jegliches Interesse an dem Fall verloren, als Penelope ihn nicht mit den Unterlagen spielen ließ.
Aber wenn es nicht Shakespeare oder Dudley waren, die zumindest plausible Gründe dafür vorweisen konnten, Kenntnisse über Curare zu besitzen, wer war es dann?
Nachdem sie sich vergewissert hatten, daß die Maus genug Wasser und Nahrung für den ganzen Tag hatte, fuhren Penelope und Big Mike zur Arbeit. Sie konnte genausogut dort auf die Iden des März warten. Aber im Buchladen mußte sie auch ständig an Mord denken, was nur natürlich war, da beinah jedes Buch in Mycroft äf Co auf die eine oder andere Weise von Mord handelte. Dies traf ebenfalls auf die meisten Werke der Weltliteratur zu. Samantha hatte recht. Die größten Stücke Shakespeares drehten sich um Mord. Könige und Kaiser wurden ermordet, damit andere ihren Platz einnehmen konnten. Hatte jemand Carolyn ermordet, um den Thron für jemand anders frei zu machen?
»Aber das ist ja absurd.«
»Was ist absurd, Euer Majestät?«
»Oh, ich spreche nur mit mir selbst«, sagte Penelope. »Ignorier mich einfach.«
Kathy nickte verständnisvoll. Der
Weitere Kostenlose Bücher