Shakran
schlummert friedlich. Ich würde ihm allzu gern ein unschönes Erwachen bescheren.«
86
E in Meer von Schmerzen. Das war das Bild, das Shakran einfiel, als er das erste Mal erwachte. Er lag auf einem Bett, es roch antiseptisch. Nachdem er langsam die Augen geöffnet hatte, dauerte es eine Weile, bis er die Zimmerdecke in allen Einzelheiten sehen konnte.
Aus dem Nebenzimmer kamen Stimmen, und als er die Vorsorgeplakate an den Wänden sah, wurde ihm endlich klar, wo er sich befand. Richtig, der russische Arzt.
Vorsichtig richtete Shakran sich auf. Er verzog das Gesicht, als der Schmerz an ihm riss. Aber er konnte sich bewegen, auch wenn er sich schwach fühlte wie ein Kind. Er hoffte, dass sich das bald gab. An der Wand hing ein Kalender. Noch zwei Tage.
Er ließ sich wieder zurücksinken. Es könnte knapp werden, dachte er und lächelte verbissen. Jeder andere würde jetzt aufgeben. Aber er war ja nicht jeder andere.
Sorgfältig führte er eine Bestandsaufnahme durch. Sein Bein fühlte sich taub an, aber er konnte es bewegen. Sein Oberkörper war straff bandagiert, die Rippen protestierten bei jeder Bewegung. Aber alles schien zu funktionieren. Noch zwei Tage. Zum ersten Mal hatte er versagt, denn er hatte in jener Nacht sein zweites Ziel nicht erreicht. Er lächelte grimmig, aber es war eher eine Grimasse. Wer hätte denn auch gedacht, dass ein alter Mann, noch dazu ein Krüppel, ihm so zusetzen würde? So, wie er lag, konnte er nicht aus dem Fenster blicken, und seine Uhr war nicht mehr da. Aber vom Licht her war es Mittag, was bedeutete, dass Moire auch erledigt war. Sein Backup hatte zwar nicht so viel Flair, aber man konnte sich auf ihn verlassen. Der junge Mann war kein begnadeter Künstler, eher ein Handwerker, aber sorgfältig ... Mit diesem Gedanken schlief er beruhigt wieder ein.
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R ichards sah auf, als das Pärchen hereinkam. Wahrscheinlich Interessenten für Apartment 19b. Er nickte freundlich. Beide waren dezent und gut gekleidet, und als sie einen Blick tauschten, musste er lächeln. Ohne Zweifel verliebt. Wahrscheinlich Karrieretypen, keine Kinder, beide um die dreißig, er etwas älter als sie. Geschäftsleute, vielleicht Anwälte. Er hoffte, dass sie nicht zu lange gewartet hatten. Aber 19b war ideal für ein Pärchen, es bot genügend Raum für Nachwuchs. Richards war stolz darauf, dass dieses Haus familienfreundlich war.
Als sie zu seinem Glaskasten kamen, stand er auf und griff nach dem Schlüssel für 19b. »Willkommen bei Greenbelle Apartments. Die Maklerin ist noch nicht da, aber wenn Sie wollen, können Sie sich das Apartment schon einmal ansehen.«
Die beiden wechselten einen überraschten Blick, dann lächelte die Frau. »Das ist nett von Ihnen. Wir sind schon ziemlich lange auf den Beinen. Es wäre schön, wenn wir nicht allzu lange warten müssten.«
Richards gab ihr den Schlüssel.
»Zweiter Stock, vierte Tür rechts. Ich bin sicher, es wird Ihnen gefallen.«
»Die junge Frau lächelte. »Das Apartment ist uns von Mr Watier empfohlen worden. Wissen Sie zufällig, ob er da ist?«
»Nein, er ist leider außer Haus.«
»Schade, dass wir ihn verpassen«, meinte der Mann. »Wissen Sie vielleicht, wo er ist? Ist er nur zum Essen gegangen?«
»Tut mir leid, Sie zu enttäuschen. Wahrscheinlich ist er wieder in Birma.«
Als er ihren überraschten Blick sah, lächelte er. »Wie Sie vielleicht nicht wissen, er ist Geologe. Er sucht dort nach Opalen.«
Die junge Frau warf einen Blick auf sein Namensschild. »Und Sie sind ganz sicher, dass er nicht da ist, Mr Richards?«
»Ganz sicher. Er hat mir den Schlüssel gegeben, damit ich mich um seine Pflanzen kümmere.«
»Das machen Sie auch?« Der Mann schien überrascht.
»Ich versuche, mich um unsere Mieter zu kümmern«, sagte Richards. »Ich war früher einmal Streifenpolizist, da kannte ich fast jeden, der mir auf der Straße begegnet ist. Ich mag es, wenn ich anderen Menschen helfen kann.« Er lächelte. »Eine alte Gewohnheit, Sir.«
»Und eine gute, Mr Richards«, sagte die junge Frau.
Der Mann nickte. »Ich bin sicher, wir können auf Ihre Mithilfe zählen. Mein Name ist Mark Bridges.« Er griff in die Innentasche seines Sakkos und zog einen Ausweis heraus. »FBI. Wir haben da ein paar Fragen bezüglich Mr Watier.«
»Ich hoffe, ihm ist nichts zugestoßen ...«
Die beiden wechselten wieder einen Blick.
Richards war enttäuscht. Er dachte, er hätte eine bessere Menschenkenntnis.
Mark öffnete die Tür, während
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