Shakran
Reporterinnen gaben ihr Bestes, indem sie sich gegenseitig mit Vermutungen überboten.
Ein junger Polizist hielt Val und Mark auf, selbst ihre FBI-Ausweise konnten ihn nicht umstimmen. Offenbar hatte der leitende Beamte angeordnet, nicht einmal Gott persönlich durchzulassen. Mark hatte Verständnis dafür, aber er war müde, durstig und frustriert, trotzdem zwang er sich, ruhig und freundlich nach dem Namen des leitenden Beamten zu fragen.
»Detective Steve Janos, Sir. Mordkommission Washington. Und Detective Terry Goldkind.«
Mark nickte zufrieden. Sie hatten Glück, er kannte sowohl Janos als auch Goldkind.
»Gut. Dann schlage ich vor, Sie benutzen Ihr Funkgerät und fragen Ihren Boss, ob Sie uns durchlassen können. Sagen Sie ihm, Agent Valerie St. Clair und Agent Mark Bridges vom FBI wären hier und würden allmählich ungeduldig werden.«
Wenige Augenblicke später standen Val und Mark an der Toreinfahrt vor den beiden Detectives. Der Empfang war nicht gerade freundlich.
Terry Goldkind war groß und athletisch. Sie trug ihre Haare jetzt kurz, es stand ihr gut, fand Mark. Einen Ehering entdeckte er auch. Janos war einen Kopf größer als sie und so dünn, dass er schon unterernährt aussah. Beide waren blass und wirkten deprimiert.
»So schlimm?«, fragte Mark.
Terry nickte nur.
»Hallo, Mark«, meinte Steve.
Mark hatte die beiden vor fünf Jahren kennengelernt, in einem der wenigen Fälle, als er nicht mit Val zusammen ermittelt hatte. Ihre Tochter hatte damals einen Blinddarmdurchbruch gehabt. Mark, Steve und Terry hatten sich zusammenraufen müssen, aber den Fall nach fast vier Wochen harter Arbeit gelöst.
»Hi, Steve, hi, Terry.« Mark machte sie mit Val bekannt.
»Eigentlich heiße ich Reuter«, meinte Terry mit einem leichten Lächeln. »Aber keiner im Revier scheint das ernst zu nehmen. Guten Morgen.« Sie musterte Val.
Die sah ausnahmsweise mal nicht geschniegelt aus. Der Nieselregen und der anstrengende Tag hatten auch bei ihr Spuren hinterlassen. Mark war erleichtert, dass Terry Val freundlich begegnete. Irgendwelche Antipathien konnte er jetzt nicht gebrauchen.
Er sah zum Haus und wieder zurück zu den beiden Detectives. Steve schüttelte den Kopf.
»Ihr könnt noch nicht rein. Die Jungs von der Spurensicherung wollen erst mal den Weg zum Tatort sichern. Die waren schon sauer wegen dem Ärzteteam.«
»Ärzteteam?«, fragte Val.
»Wir haben vielleicht eine Überlebende.«
»Vielleicht?«
»Sie hat einen Kopfschuss. Sie lebt noch, aber sie hat ein Loch mitten in der Stirn. Wir haben sechs weitere Opfer. Alle tot, alle durch Kopfschuss.«
»Eines der Opfer hat einen Kopfschuss überlebt?«
Terry nickte. »Der Täter hat den Opfern entweder in die Schläfe oder in die Stirn geschossen. Bei ihr war es die Stirn. Der Polizist, der die Opfer gefunden hat, hat beinahe einen Herzschlag bekommen, als sich die Hand der Toten bewegt hat. Im Moment wird das Opfer vor Ort untersucht und behandelt.«
»Wer ist die Überlebende?«, fragte Mark und schlug den Kragen seines Jacketts hoch. Es war nicht wirklich kalt, aber er fror. Wahrscheinlich die Müdigkeit.
»Die Tochter«, antwortete Steve.
»Audrey?«, fragte Val.
Steve sah sie erstaunt an, sagte aber nichts.
»Ich kenne sie. Meine Tochter und sie sind befreundet.«
Ein schlanker Mann kam aus dem Haus den Kiesweg herunter und stellte sich zu ihnen. Maßgeschneiderter Anzug, trotz des Nieselregens perfekte Frisur. Er sah aus, als hätte man ihn aus einem wichtigen Empfang herausgeholt. Männer, die um diese Uhrzeit so aussahen, waren Mark in der Regel unsympathisch.
Der Neue begrüßte Val mit einem charmanten, wie eingeübt wirkenden Lächeln. »Tony Moire. Secret Service.«
»Valerie St. Clair.«
»Sehr erfreut«, meinte Moire und hielt ihre Hand einen Augenblick länger als notwendig, erst dann bedachte er Mark mit einem fragenden Blick.
»Mark Bridges.«
Mark war überzeugt, dass der Händedruck viel über eine Person aussagte. Der von Moire war fest, kurz und sachlich. Es half nichts. Er konnte Moire trotzdem nicht ausstehen.
»Was führt Sie denn hierher?«, fragte er. Seine Stimme klang unfreundlich.
»Der Secret Service hatte zwei seiner Leute im Haus«, erklärte Steve Janos. »Beide sind unter den Opfern. Die weibliche Agentin wurde zudem noch gefoltert.«
»Ich hoffe, Sie verstehen, dass wir ein Interesse an dem Fall haben«, fügte Moire ruhig hinzu. Sein prüfender Blick musterte die beiden FBI-Agenten. »Ich habe
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