Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
Eisgewirbel ohne Struktur oder Lebewesen, so weit das Auge reichte. Ich schüttelte den Spiegel ordentlich, aber der Blick änderte sich nicht. Wenigstens war es diesmal keine Luftansicht wie am Amazonas. Entweder war die Basis hinter ihren Schilden unsichtbar, oder sie war unterirdisch, oder der Spiegel konnte uns nicht näher heranbringen. Ich zuckte mit den Achseln und befahl Merlins Spiegel, ein Portal zu öffnen.
Er sprang mir aus der Hand und hing in der Luft vor mir. Er wuchs schnell an, bis er groß genug für Molly und mich war, um durchzugehen. Und dann öffnete sich die Tür, verband das Hier und Jetzt mit dem Dort. Helles Licht strahlte hindurch und warf die Dunkelheit der deutschen Nacht zurück. Ich musste für einen Moment verwirrt wegschauen und schauderte dann, als plötzlich ein bitterkalter Wind aus dem Tor heulte und Schnee und Eiskristalle mitbrachte. Molly drückte sich eng an mich. Wir gingen durch das Tor, die Augen zusammengekniffen, weil das antarktische Licht uns blendete.
Die grausame Kälte ließ mich auf der Stelle stehen bleiben, sie stach in mein Fleisch und kroch in die Knochen. Der Wind schnitt wie ein Messer, und meine Lungen waren mit Rasierklingen gefüllt, als ich versuchte, in der gefrorenen Luft zu atmen. Schnee wirbelte um mich herum, vom Wind hin und her getrieben. Ich rüstete auf und schrie vor Erleichterung hinter meiner goldenen Maske, weil meine Rüstung mich vor der bitteren Kälte schützte. Ich brauchte einen Moment, um das Zittern aufzuhören und meinen Kopf freizukriegen, dann sah ich mich schnell nach Molly um ... die mit einem eigenen Schild, der so machtvoll war, dass man ihn tatsächlich vor all der Weiße schimmern sah, ganz zufrieden wirkte. Sie stand da, Hände auf den Hüften und sah sich mit einem ansteckenden Grinsen um.
»Ist das nicht das Spektakulärste, was du je gesehen hast, Eddie?«
Sie hatte recht. Es war weit weg vom grimmigen Aussehen eines Schloss Frankensteins. Der Himmel war von einem intensiven, beinahe schmerzhaften Blau, die Sonne brannte hell wie ein Dämonenauge. Schneefelder erstreckten sich meilenweit, hoben sich und fielen wieder ab und waren an einer Seite von einer gezackten, schneebedeckten Bergkette begrenzt. Der heftige Wind fegte immer wieder Schneewolken von den Gipfeln und verteilte sie hier und da. Kein Lebewesen bewegte sich in diesem eisigen Panorama, so weit das Auge auch blickte. Abgesehen von den Unmengen Schnee, Eis und Kälte war die Antarktis nichts als eine Wüste.
Molly streckte sich langsam und so unwillkürlich wie eine Katze und grinste breit. »Na, so ist es besser. Hier gibt es eine Menge örtlicher Magie, von der ich zehren und die meine Batterien wieder aufladen kann. Ziemlich unberührt, soweit ich das sagen kann. Ich schätze mal, nicht viele Leute kommen so weit raus.«
»Die meisten Leute sind vernünftiger, ja«, erwiderte ich. »Was kriegst du von der Geheimen Welt mit?«
»Oh, da ist eine Menge los, aber das hat nichts mit Leuten zu tun - oder der Area 52.«
Ich hob meine Sicht, schaute mich um und entdeckte, dass die leere antarktische Landschaft alles andere als leblos war. Riesige, halbdurchsichtige Schlangen von U-Bahn-Größe wanden und schlängelten sich tief unter uns durch den Schnee, enorme blinde Kreaturen folgten uns aufgrund von eigenen Instinkten, von denen wir nichts wussten. Der Himmel über uns war voller Windtänzer, Luft-Elementare von der Größe eines Blauwals, die majestätisch durch die irisierenden Polarlichter flogen und viel zu groß waren, um von den winzigen Sterblichen unter sich Notiz zu nehmen. Hunderte von ihnen waren einfach nur da und wachten. Da war etwas Vages und Nicht-Substanzielles um sie, als ob sie nicht völlig stofflich oder völlig real wären. Projektionen aus anderen Zeiten vielleicht, aus der Vergangenheit oder der Zukunft. Es hatte immer Legenden um einen anderen Menschenstamm gegeben, der geduldig in den leeren Orten der Welt wartete, bis seine Zeit kam, die Herrschaft zu übernehmen, sollte die Menschheit fallen. Unser Ersatz, wenn die Dinge schiefliefen.
Ich bin nicht sicher, ob ich das beruhigend finden soll oder nicht.
Aber selbst mit gehobener Sicht konnte ich kein Anzeichen der Area 52 ausmachen oder den Eingang, neben dem wir uns angeblich befanden. War wohl echt gut abgeschirmt. Also ließ ich meine Sicht wieder sinken und atmete etwas freier. (Man kann den Anblick der Welt, wie sie wirklich ist, nicht lange ertragen. Es erschöpft
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