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Shana, das Wolfsmädchen

Shana, das Wolfsmädchen

Titel: Shana, das Wolfsmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Rest Pommes mit Chili und machte mir einen Kaffee dazu. Doch ich hatte Glück: Mein Vater kam nach Hause, nüchtern, ausnahmsweise, und brachte Hamburger mit. Daran merkte ich, dass das Geld von der Wohlfahrt eingetroffen war. Mir fiel auf, wie schlecht er aussah, mit tief eingefallenen Wangen, blass und unrasiert. Seine Sehkraft ließ nach. Er war erst zweiundvierzig und zuckerkrank. Die Brille mit den dicken Gläsern, die er neuerdings trug, kam auch von der Wohlfahrt. Er hielt mir die Tüte hin.
    »Da, nimm!«
    Ich griff unwillkürlich hinein, biss gierig in das weiche Brot. Elliot hielt einen Finger an den Kaffeetopf um zu testen, ob er noch warm sei, und schenkte sich dann eine Tasse ein. Ich kaute stumm. Er warf mir einen Seitenblick zu.
    »Wie war’s denn in der Schule?«
    Es war, glaube ich, drei Monate her, dass wir nicht mehr miteinander gesprochen hatten.
    »Ganz gut«, brummte ich.
    »Diese Lela Woodland … wie kommst du mit ihr aus?«
    Und da, ich weiß nicht, warum, sagte ich: »Sie wird mir Geigenunterricht geben.«
    Er sah mich über den Tassenrand an und wirkte nicht sonderlich überrascht.
    »Ich habe früher auch Geige gespielt.«
    Ich starrte ihn fassungslos an.
    »Du?«
    »Wieso? Ist das so abwegig?«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte ich.
    Er zog die Schultern hoch.
    »Ich war damals zwölf oder dreizehn, aber ich musste aufhören. Meine Eltern hatten kein Geld für den Lehrer. Was nimmt Mrs Woodland für den Unterricht?«
    »Nichts. Sie will kein Geld von mir.«
    Elliots Augen waren leer.
    »Wie kommt sie dazu?«
    Lelas Worte kamen mir in den Sinn. Ich erwiderte, betont beiläufig: »Sie glaubt, dass ich es lernen kann.«
    »Heißt das, dass du begabt bist?«
    »So ähnlich«, brummte ich.
    »Hört sich für mich nach Wahrheit an«, sagte Elliot mit spürbarem Stolz in der Stimme. »Das hast du von mir. Ich war auch begabt.«
    Danach war das Gespräch zu Ende. In der Nacht erwachte ich mit der Frage: Stimmt es wirklich, dass ich begabt bin? Und wie hat Lela das beurteilen können? Wo ich mich doch wie ein Trampeltier aufgeführt hatte!
    Am nächsten Tag war in der Schule alles wie sonst. Lela erwähnte mit keinem Wort, dass sie mir Geigenunterricht gab, und ich sagte auch nichts. Ich war ein Mädchen, das Geheimnisse liebte. Mein Geheimnis war sehr wichtig, ich teilte es nur mit Lela. Und seltsamerweise auch mit Elliot. Warum eigentlich, das konnte ich nicht sagen.
    Am Donnerstag also der Unterricht. Diesmal kam ich mit dem Fahrrad und war viel zu früh. Doch als ich mein Fahrrad an den Zaun stellte und durch den Garten ging, stand Lela schon an der Tür.
    »Es ist gut, dass du früher kommst. Mein Vater montiert ein neues Bücherregal und ich muss später noch nach Clinton, ein paar Schrauben drehen. Er ist ziemlich ungeschickt, weißt du.«
    Wir gingen die Treppe hinauf. Unwillkürlich verlangsamte ich den Schritt, als ich an den Bildern vorbeiging. Sie kamen mir auf besondere Art lebendig vor. Als ich mit Lela das Erkerzimmer betrat, spürte ich es noch deutlicher. Die Augen der Wölfe schienen zu sehen, obwohl sie nur gemalt waren. Und dahinter, in den tiefen, dunklen Farbfeldern, schienen sich geheimnisvolle Formen zu regen. Natürlich konnten die Bilder sich nicht bewegen. Aber war es nicht eine wunderbare Art, die Dinge so zu malen, dass sie diesen lebendigen Eindruck erweckten? Und war es in der Musik nicht das Gleiche? Konnte man nicht mit wenigen Handgriffen eine Stimmung hervorzaubern, die jeder fühlte? Das war es, was mich so faszinierte.
    Lelas Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
    »Die Bilder hat meine Großmutter gemalt.«
    »Sie gefallen mir«, sagte ich.
    Lela nickte.
    »Als sie jung war, lebte sie noch in einem Tipi. Lesen und schreiben lernte sie erst, als sie erwachsen war. Aber sie war schon als Mädchen eine großartige Künstlerin.«
    »Wie kam sie dazu, nur Wölfe zu malen?«
    »Meine Großmutter stammte aus Montana«, sagte Lela. »Sie war eine Sioux-Dakota und trug den ungewöhnlichen Namen ›Sunke Nagi‹ – Wolfsgeist.«
    Hinter den Augen fühlte ich einen merkwürdigen kleinen Schmerz. Es war mir, als stiegen kleine Blasen in meinem Kopf auf.
    »Warum hieß sie so?«
    »Ach, als Kind hieß sie Lela wie ich. Aber in früheren Zeiten, wie du weißt, erwarben wir unseren Namen durch eine besondere Tat oder ein besonderes Erlebnis.«
    Ich nickte und Lela erzählte weiter.
    »Als das kleine Mädchen neun Jahre alt war, erblickte sie unweit ihres Tipis eine

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