Shanera (German Edition)
jetzt sehr vorsichtig sein.“, erklärte Rey.
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Der Ratssaal war gerammelt voll. Neben den Ratsmitgliedern und einer Reihe von Assistenten und Wächtern – so vermutete Shanera wenigstens – drängten sich Schaulustige um die besten Plätze. Lebhaftes Stimmengewirr hallte zwischen den filigranen Säulen, die die hohe Kuppeldecke des Versammlungsraums stützten.
„Ziemlich viele Leute da.“, flüsterte Shanera ihren Begleitern zu, als sie sich ihrem Platz im inneren Bereich näherten.
„Allerdings.“, meinte Kessy. „Das gefällt mir gar nicht – wenn es Probleme gibt, haben wir wenig Spielraum.“
Shanera wollte gerade fragen, was sie damit meinte, als der Ratsvorsitzende zur Ruhe rief. Der Saal verstummte nach und nach, bis schließlich Stille einkehrte und der Vorsitzende mit einer Einführung begann, in der er die vergangenen, wenig ergiebigen Verhandlungsrunden darstellte. Das Publikum begann schon unruhig zu werden, bevor er endlich auf das Thema des Tage zu sprechen kam.
„Wie inzwischen sicher allen Anwesenden bekannt ist, haben sich im Laufe der letzten Tage und der gestrigen Sitzung neue Aspekte ergeben. Es wurde ein Antrag gestellt, die Verhandlungen zu beenden, unterstützt von Ratsmitglied Alnidas. Die Gegenposition, nämlich die Verhandlungen mit den hier anwesenden Verhandlungspartnern fortzuführen, vertritt Ratsmitglied Eris.
„Wir haben die gestrige Sitzung auf heute vertagt, um Zeit zur Diskussion und Entscheidungsfindung zu haben. Die jeweiligen Vertreter der Anträge werden diese nun noch einmal vortragen, danach erfolgt die Abstimmung. Anschließend werden wir, je nach Ergebnis, über das weitere Vorgehen beraten.“
Rey runzelte die Stirn und flüsterte seinen Begleitern zu: „Wir sind jetzt also Verhandlungspartner. Früher waren wir Gäste.“
Kessy verzog das Gesicht. „Er hat uns während der ganzen Rede kaum eines Blickes gewürdigt. Ich glaube nicht, dass es gut für die Verhandlungen aussieht.“
„Wenn es nur darum ginge, wäre ich inzwischen sogar froh.“, brummte Noor.
Alnidas brachte die schon bekannte Mischung aus religiösen Standpunkten und allgemeinen Verdächtigungen vor. Er mäßigte sich aber immerhin soweit, dass er direkte Angriffe auf die Verhandlungspartner und kaum versteckte Drohungen, wie er sie am Ende der letzten Sitzung ausgesprochen hatte, unterließ.
Wahrscheinlich war das jetzt nicht mehr nötig. Shanera bemühte sich, wegzuhören, und hielt nach ihren Freunden Ausschau. Sie erspähte sie am anderen Ende des Saals. Es waren zwei gelangweilt wirkende Wächter bei ihnen. Shanera war geneigt, das positiv zu interpretieren. Gestern waren es immerhin vier Wachen gewesen.
Alnidas war überraschend schnell fertig und Eris stellte nun seinen Standpunkt dar, wirkte dabei aber fahrig und unkonzentriert.
„Die Sache ist doch schon gelaufen.“, murmelte Shanera. „Warum schicken sie uns nicht gleich nach Hause?“
„Es ist immerhin eine geheime Abstimmung.“, entgegnete Rey leise. „Aber Du hast wahrscheinlich trotzdem recht.“
Die Stimmabgabe folgte ohne weitere Diskussion. Das Klacken der Kugeln hallte durch den Versammlungsraum. Der Vorsitzende prüfte das Ergebnis mit einem kurzen Blick, bevor er an seinen Platz zurückkehrte.
„Das Abstimmungsergebnis besagt, dass die Verhandlungen nicht fortgeführt werden sollen.“
Eine leises Raunen ging durch den Saal. Die Ysrens verzogen das Gesicht. „Eigentlich war ich wütend auf Alnidas“, flüsterte Kessy Shanera ins Ohr, „aber seit den Bildern vorhin weiß ich nicht mehr, ob die anderen wirklich besser sind.“
„Wir möchten unser Bedauern darüber ausdrücken, dass es erst jetzt zu einer Entscheidung gekommen ist, nachdem die Verhandlungen schon einige Zeit andauern.“, wandte sich der Vorsitzende nun an Rey. „Aber es ist nun einmal notwendig, sich ein genaues Bild zu machen, bevor man eine endgültige Wahl treffen kann. Ich denke, beide Seiten haben trotzdem einiges aus den Gesprächen mitgenommen. Vielleicht kommt ja einmal die Zeit, in der unsere Wasser wieder zusammen fließen.“
Rey warf ihm einen abschätzenden Blick zu und antwortete nach einer Pause: „Im Vertrauen darauf, dass Eure Abstimmungsprozesse den allgemeinen Willen widerspiegeln, werden wir das Ergebnis natürlich respektieren.“ Hier erntete er einige irritierte Blicke aus dem Rat, doch die Alnidas-Fraktion schien zufrieden. „Es ist sehr schade, dass diese negative Entscheidung gefallen ist. Eine
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