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Shanera (German Edition)

Shanera (German Edition)

Titel: Shanera (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Schön
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recht darüber nachdenken. Gira’ba’sam hatte sie in ihren Bann geschlagen, und das auf mehr als eine Weise. Ihre Erscheinung, ihr Eintreten für sie – vor allem aber ihr Auftreten und ihre Persönlichkeit, sie selbst. Sie wusste noch nicht genau, wohin dieser Weg führte, aber dennoch – sie wollte ihn beschreiten.
    Etwas unsicher zeigte sie ihrer Bürgin ein Lächeln und wandte sich dann an Arab.
    „Ja, das möchte ich. Was muss ich tun?“
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    Die Zeremonie absolvierte sie zusammen mit zwei etwas jüngeren Wanesh, die offenbar die Schwelle zum Erwachsensein erreicht hatten, und deshalb ähnlich wie sie in die Gemeinschaft aufgenommen wurden. Auch sie hatten ältere Begleiter bei sich, wobei unklar blieb, ob es ihre Eltern waren. Zusammen standen sie am Rande des für die Musiker reservierten Bereichs, für alle gut sichtbar. Von den Feiernden schauten viele zu, aber es blieben noch genügend Tänzer und Essende, denn die Musik ging ohne Unterbrechung weiter, nur etwas leiser.
    Arab kündigte die Teilnehmer mit lauter Stimme an und sagte über jeden ein paar Worte – zumindest glaubte Shanera, dass es darum ging. Auch die Begleiter durften etwas sagen. Die beiden älteren Mitglieder des Rates, die sie schon vom Nachmittag kannte, waren ebenfalls mit dabei und hatten neben Arab Stellung bezogen. Dann trat das betreffende Neumitglied vor, verbeugte sich vor der Menge und den Ratsmitgliedern und erhielt von der Begleitperson mit glänzender, weißer Farbe eine kunstvolle Gesichtsbemalung sowie einige Punkte auf die Arme.
    Gira’ba’sam hielt sie am Kinn fest, während sie mit einem kleinen Pinsel die spezielle Symbolik der Stammesaufnahme auf Shaneras Wangen und Stirn zauberte. Zwischendurch blickte sie ihrem Opfer immer wieder mit einem schelmischen Lächeln in die Augen. Dem blieb nichts anderes übrig, als sich das gefallen zu lassen. Nicht einmal das Gesicht verziehen durfte sie, um kein Unglück bezüglich ihrer Bemalung zu riskieren.
    Shanera wusste sowieso nicht, ob sie die Stirn runzeln oder einfach zurück lächeln sollte. Dass sie, während die anderen bemalt wurden, ein wenig Zeit zum Nachdenken gehabt hatte, hatte ihre geistige Ruhe und Klarheit nicht gerade befördert. Sie wusste nicht, was sie denken oder ob sie selbiges lieber gleich bleiben lassen sollte.
    Schließlich war es vollbracht und es folgte der schwierigste Teil, das Aufsagen des Treueversprechens an die Wanesh. Zum Glück waren es nur wenige Worte, die sich Shanera kurz vor der Zeremonie hatte einprägen müssen. Als sie trotzdem kurz vor dem Ende ins Stocken kam, flüsterte ihre hinter ihr stehende Bürgin das richtige Stichwort ins Ohr. Die Zuschauer grinsten, einige schauten auch etwas skeptisch, aber alle warfen die Arme nach oben und hießen sie mit einem lauten Jubelschrei willkommen.
    Gira’ba’sam hatte zwei unauffällige Lederarmbänder dabei, die ein identisches Muster aus winzigen schwarzen und grünen Perlen zeigten. Eins streifte sie Shanera über die Hand, das andere sich selbst. Offenbar sollte dies an ihre Verbindung durch die Bürgschaft erinnern. Innerhalb des Stamms war das wohl nicht nötig, denn die beiden Jugendlichen hatten nichts dergleichen bekommen. Gira’ba’sam gab der hellhäutigen Neu-Wanesh noch einen Klaps auf die Schulter und zog sie zurück in die Menge.
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    Das Fest ging weiter mit Essen, Trinken und Tanzen. Nach und nach wurde die Musik langsamer, jedoch im Rhythmus noch hypnotischer, wenn das überhaupt möglich war. Die Tanzenden wurden weniger, Shanera beobachtete einige Paare, die eng umschlungen in den Wegen und Gängen verschwanden. Auch sie war erschöpft und signalisierte ihrer Begleiterin, dass sie genug vom Tanzen hatte.
    Gira’ba’sam führte sie in einen kleinen, schummrigen Bereich abseits der Hauptfläche, wo Getränke aufgebaut waren, sich aber außer ihnen keiner mehr aufhielt. Sie reichte Shanera einen Becher und nahm selber einen Schluck. Das bläuliche Licht schien dämmrig und reichte gerade, um sich zu orientieren. Das dumpfe Geräusch der Trommeln ertönte gedämpft. Die Luft war heiß und feucht, und Shanera lief der Schweiß herunter.
    Gira’ba’sam trat näher an sie heran und sie konnte schwach ihren besonderen, leicht moschusartigen Duft wahrnehmen, interessant und verwirrend. Die Wanesh flüsterte ihr etwas in ihrer eigenen Sprache ins Ohr. Als Shanera sie fragend ansah, bemerkte sie wieder die Zungenspitze im Mundwinkel. Sie lächelte, und Gira’ba’sam

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