Shannara I
Schädel einzuschlagen.
»Was macht das schon, Panamon?« sagte Shea schließlich ungeduldig. »Laßt ihm seinen Tand, wenn ihn das glücklich macht. Wir können den Dreck später wegwerfen, wenn er sich beruhigt hat.«
Panamon schüttelte gereizt den Kopf, gab aber endlich nach.
»Nun gut, dieses eine Mal«, sagte er. Orl Fane wurde auf der Stelle still. »Wenn er aber noch einmal einen solchen Spektakel macht, schneide ich ihm die Zunge ab. Keltset, sorg dafür, dass er den Sack nicht in die Hände bekommt. Ich möchte nicht, dass er nach einer Waffe greift, sich befreit und uns umbringt! Die schartigen Klingen taugen zwar nicht viel, aber ich möchte nicht an Blutvergiftung sterben.«
Shea mußte wider Willen lachen. Die Waffen sahen wirklich armselig aus, wenngleich ihm das schmale, große Schwert mit der im Griff eingeritzten brennenden Fackel gefiel. Auch diese Waffe sah aber ziemlich mitgenommen aus, der billige goldene Anstrich blätterte ab, und der Griff wirkte abgeschabt. Wie manche andere steckte sie in einer alten Lederscheide, so daß man schwer sagen konnte, in welchem Zustand sich die Klinge befand. In den Händen des verschlagenen Gnoms mochte sie aber durchaus gefährlich sein. Keltset füllte den Sack und schwang ihn über die Schulter, dann setzten sie den Marsch zum Wald fort.
Es war eine nicht sehr weite Entfernung, aber bis sie den Waldrand erreichten, war Shea, der den verwundeten Räuber hatte stützen müssen, erschöpft. Auf Panamons Befehl hin blieben sie stehen; er schickte Keltset zurück, damit er ihre Spur verwische und eine Anzahl falscher Fährten lege. Shea erhob keinen Einwand. Er hoffte zwar, daß Allanon und die anderen nach ihm suchten, aber es bestand die große Gefahr, daß auch Gnomenjäger oder gar ein Schädelträger auf ihre Fährte stießen.
Nachdem der Troll Orl Fane an einen Baumstamm gebunden hatte, kehrte er auf das Schlachtfeld zurück, um ihre Spur zu verwischen. Panamon sank an einer Ulme nieder, und Shea legte sich auf eine kleine, grasbewachsene Anhöhe, zerstreut in die Baumwipfel blickend, während er die Waldluft tief in sich einsog. Die Sonne sank immer tiefer, und die ersten Vorboten des Abends erschienen als purpurne und tiefblaue Streifen am Himmel. Sie hatten nur noch mit einer Stunde Tageslicht zu rechnen, und die Nacht würde sie vor ihren Feinden verbergen. Shea wünschte sich verzweifelt die Gesellschaft seiner Genossen, die starke, weise Führerschaft Allanons, den Mut der anderen - Balinor, Höndel, Durin, Dayel und des wilden Menion Leah. Vor allem sehnte er sich nach Flick mit seiner unwandelbaren Treue und seinem grenzenlosen Vertrauen. Panamon Creel war ein guter Verbündeter, aber eine engere Beziehung bestand zwischen Shea und ihm nicht. Und Keltset war ein Rätsel, selbst für Panamon.
»Panamon, Ihr habt vorhin gesagt, Ihr wolltet mich über Keltset aufklären«, sagte Shea leise. »Der Schädelträger hat ihn gekannt.«
Es blieb eine Weile still, und Shea hob den Kopf, um zu sehen, ob der andere ihn gehört hatte. Panamon starrte ihn prüfend an.
»Schädelträger? Du scheinst von dem Ganzen viel mehr zu wissen als ich. Was meinst du zu meinem Begleitriesen, Shea?«
»Ihr habt mir nicht die Wahrheit gesagt, als Ihr mich vor den Gnomen gerettet habt, nicht wahr?« meinte Shea. »Er war kein Außenseiter, der von seinen eigenen Leuten aus dem Dorf vertrieben worden ist. Er hat sie nicht getötet, weil sie ihn überfielen, nicht?«
Panamon lachte und kratzte sich mit seinem Eisenhaken am Schnurrbart.
»Vielleicht war es die Wahrheit. Vielleicht hat er diese Dinge erlebt. Ich weiß es nicht. Es kam mir stets so vor, als müßte dergleichen mit ihm geschehen sein, sonst hätte er sich mit einem wie mir kaum eingelassen. Er ist kein Dieb; ich weiß nicht, was er ist. Aber er ist mein Freund, das steht fest. Als ich das sagte, habe ich dich nicht angelogen.«
»Woher kommt er?« fragte Shea nach einer Pause.
»Ich bin vor etwa zwei Monaten nördlich von hier auf ihn gestoßen. Er kam aus dem Charnal-Gebirge, mißhandelt, verwundet, kaum noch lebendig. Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen war. Er hat es mir nie verraten, und ich habe nicht danach gefragt. Es war sein Recht, seine Vergangenheit für sich zu behalten, wie das meine auch. Ich pflegte ihn ein paar Wochen lang. Ich verstand ein wenig von der Zeichensprache, so daß wir uns verständigen konnten. Seinen Namen erriet ich aus den Zeichen. Wir lernten ein wenig voneinander.
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