Shannara I
die im Begriff stehen, vom Dämonen-Lord versklavt zu werden, wenn Callahorn überrannt wird!« Allanons Stimme klang so kalt, daß es Flick schauderte. Er spürte, daß sich Menion neben ihm innerlich aufbäumte, aber der Prinz von Leah blieb bei dieser scharfen Rüge stumm. Druide und Prinz starrten einander minutenlang in der Dunkelheit an, dann senkte Menion plötzlich den Kopf und nickte kurz. Flick seufzte erleichtert.
»Ich gehe nach Callahorn und warne Balinor«, murmelte Menion mit unterdrücktem Zorn, »aber ich komme wieder und suche euch.«
»Tut, was Ihr beliebt, wenn Ihr die anderen gefunden habt«, entgegnete Allanon eisig. »Aber jeder Versuch, sich durch die feindlichen Linien durchzuschlagen, wäre bestenfalls Torheit. Flick und ich werden versuchen, zu erfahren, was mit Shea und dem Schwert geschehen ist. Wir lassen ihn nicht im Stich, Hochländer, das verspreche ich Euch.«
Menion sah ihn scharf an, beinahe mißtrauisch, aber die Augen des Druiden beantworteten seinen Blick offen und frei. Er log nicht.
»Haltet Euch an die kleineren Berge, bis Ihr an den Vorposten des Feindes vorbei seid«, riet ihm der schwarze Wanderer leise. »Wenn Ihr den Mermidon-Fluß über Kern erreicht, geht dort hinüber und betretet die Stadt, bevor es hell wird. Ich vermute, daß die Nordland-Armee zuerst Kern angreifen wird. Es besteht wenig Aussicht, die Stadt gegen eine Streitmacht von dieser Größe erfolgreich zu verteidigen. Man sollte die Bewohner evakuieren und nach Tyrsis bringen, bevor die Invasoren ihnen den Weg abschneiden können. Tyrsis ist auf einer Hochebene an einem Bergrücken erbaut. Wenn es richtig verteidigt wird, kann es mindestens mehrere Tage lang jeden Angriff abschlagen. Das sollte Durin und Dayel Zeit geben, ihre Heimat zu erreichen und mit der Elfen-Armee zurückzukommen. Aus dem Osten sollte Höndel Unterstützung bringen können. Vielleicht kann Callahorn lange genug gehalten werden, so daß die Armeen der drei Länder mobilisiert und vereinigt gegen den Dämonen-Lord loszuschlagen vermögen. Das ist die einzige Chance, die wir ohne das Schwert von Shannara haben.«
Menion nickte, drehte sich herum und hielt Flick die Hand hin. Flick lächelte schwach und drückte sie fest.
»Viel Glück, Menion Leah.«
Allanon trat vor und legte die Hand auf die Schulter des Prinzen.
»Vergeßt nicht, Prinz, wir verlassen uns auf Euch. Dem Volk von Callahorn muß die Gefahr, in der es schwebt, vor Augen geführt werden. Wenn es zögert, ist es verloren, und mit ihm das ganze Südland. Tut Eure Pflicht!«
Menion drehte sich abrupt um und glitt wie ein Schatten davon. Der riesenhafte Druide und der kleine Talbewohner sahen ihm stumm nach. Als er verschwunden war, starrten sie Minuten stumm vor sich hin. Schließlich wandte Allanon sich Flick zu.
»Uns bleibt die Aufgabe, herauszufinden, was mit Shea und dem Schwert geschehen ist.« Er setzte sich schwerfällig auf einen Felsblock, und Flick trat näher heran. »Ich mache mir auch Sorgen um Eventine. Die zerbrochene Standarte auf dem Schlachtfeld war sein persönliches Banner. Er könnte gefangen genommen worden sein, und wenn das der Fall ist, zögert die Elfen-Armee vielleicht, bis er wieder befreit ist. Seine Leute lieben ihn zu sehr, als daß sie sein Leben aufs Spiel setzen würden, und sei es um der Rettung des Südlandes willen.«
»Ihr meint, den Elfen ist gleichgültig, was mit den Menschen des Südlandes geschieht?« stieß Flick fassungslos hervor. »Wissen sie nicht, was ihnen bevorsteht, wenn das Südland dem Dämonen-Lord zum Opfer fällt?«
»Es ist nicht ganz so einfach, wie es aussehen mag«, erklärte Allanon seufzend. »Jene, die Eventine folgen, erkennen die Gefahr, aber es gibt andere, die der Meinung sind, die Elfen sollten sich aus den Angelegenheiten fremder Länder heraushalten, solange man nicht selbst angegriffen oder bedroht wird. Ohne Eventines Anwesenheit wird die Entscheidung nicht so klar sein, und die Diskussion darüber, was richtig und angemessen sei, mag das Eingreifen der Elfen-Armee hinauszögern, bis es zu spät ist.«
Flick nickte langsam und dachte an die Zeit in Culhaven, als Höndel verbittert Ähnliches von den Bewohnern der Südland-Städte berichtet hatte. Es erschien unfaßbar, daß man im Angesicht solcher Gefahren derart unentschlossen und wirrköpfig sein konnte. Aber Shea und er selbst hatten nicht anders reagiert, als sie das erstemal von Sheas Geburtsrecht und der Bedrohung durch die
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