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Shannara I

Titel: Shannara I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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allzuviel Zeit blieb. Die beiden anderen Rassen waren für ihn wie Wesen von einer anderen Welt. Auf seiner Reise nach Paranor hatte er mehrmals gegen die verschlagenen, wilden Gnomen gekämpft, aber er wußte noch immer wenig über sie und gar nichts von den riesigen Trollen. Jedenfalls gab es keinen Zweifel daran, daß die Armee unter der Führung des Dämonen-Lords stand, und welche Ziele er verfolgte, war auch klar.
    Er wartete, bis der Wind den Rauch in dichten Wolken zwischen ihn und den nächsten Wachtposten trieb, dann stand er auf und schlenderte gemächlich auf das Lager zu. Er hatte sich eine Stelle ausgesucht, wo alle Soldaten schliefen. Rauch und Dunkelheit tarnten ihn, als er aus den Schatten in den Kreis der Feuer trat. Einen Augenblick später stand er zwischen den schlafenden Gestalten. Der Wachtposten starrte leer in die Dunkelheit hinein, ohne etwas bemerkt zu haben.
    Flick zog den Umhang fester zu und achtete darauf, daß nur seine Hände sichtbar waren. Sein Gesicht war ein schwacher Schatten unter der Kapuze. Er schaute sich hastig um, aber niemand rührte sich in seiner Nähe. Er atmete tief die kühle Nachtluft ein und versuchte sich im Hinblick auf den Mittelpunkt des Lagers zu orientieren. Er wählte eine Richtung, von der er annahm, daß sie ihn unmittelbar dorthin führen mußte, schaute noch einmal um sich, und setzte sich mit gemessenen Schritten in Bewegung. Es gab keine Umkehr.
    Was er in dieser Nacht sah, hörte und erlebte, hinterließ einen unauslöschlichen Eindruck in seinem Gedächtnis. Es war ein sonderbarer, flüchtiger Alptraum aus Erscheinungen und Lauten, Kreaturen und Gestalten aus einer anderen Zeit, von einem anderen Ort, die in seiner eigenen Welt keinen Platz hatten und doch hineingeschleudert worden waren wie Strandgut von einem fremden Ozean. Vielleicht betäubten die Nacht und der wehende Rauch der Lagerfeuer seine Sinne und erschufen diese traumartige Atmosphäre. Vielleicht konnte auch sein erschöpftes, überfordertes Gehirn nicht mehr alles aufnehmen und verarbeiten.
    Die Nacht verrann in trägen Minuten und endlosen Stunden, während der kleine Talbewohner durch das riesige Lager schlich und sein Gesicht vor dem Lichtschein verbarg. Vorsichtig schlängelte er sich zwischen Tausenden schlafender Gestalten hindurch, mußte manchmal sogar über die eine oder andere hinwegsteigen. Immer wieder glaubte er, entdeckt zu sein, immer wieder griff er nach seinem Jagdmesser, während ihm sein Herz stehenbleiben wollte. Oft kamen ihm Männer entgegen, als wüßten sie, daß er ein Schwindler sei, als wollten sie ihn aufhalten und die Kapuze herunterreißen, um ihn vor allen bloßzustellen. Aber jedesmal gingen sie wortlos vorbei, und Flick blieb allein, eine vergessene Gestalt inmitten von Tausenden.
    Mehrmals kam er an Gruppen vorüber, die sich leise unterhielten und lachten, bemüht, sich am Feuer zu wärmen. Zweidreimal nickte ihm jemand zu, wenn er vorbeiging, die Kapuze tief heruntergezogen, und er erwiderte das Nicken kaum merklich. Immer wieder glaubte er, etwas Falsches getan zu haben. Schweigsam gewesen zu sein, wenn er hätte reden müssen, gegangen zu sein, wo es verboten war - aber jedes Mal verging der schreckliche Augenblick, und Flick vermochte für eine kurze Zeit aufzuatmen.
    Er wanderte stundenlang durch das riesige Lager, ohne einen Hinweis auf den Verbleib Sheas, Eventines oder des Schwertes vom Shannara zu finden. Als der Morgen herankam, begann er daran zu zweifeln, je etwas finden zu können. Er war an zahllosen Feuern vorbeigekommen, hatte auf ein Meer schlafender Gegner geblickt, viele Zelte gesehen, bezeichnet von den Standarten feindlicher Anführer, Gnomen und Trolle, aber sie waren alle unbewacht gewesen. Bei einigen hatte er sich näher herangeschlichen, ohne jedoch etwas zu entdecken.
    Er belauschte Gesprächsfetzen zwischen den Gnomen und Patrouillen, die nicht schliefen, versuchte gleichzeitig, nicht aufzufallen und doch nah genug heranzukommen, um zu hören, was gesprochen wurde. Aber die Trollsprache war ihm gänzlich fremd, und das Wenige, das er von der Gnomensprache verstand, brachte ihm nichts Nützliches ein. Es schien, als wüßte niemand von den beiden Vermißten und dem Schwert, ja, es hatte den Anschein, als befänden sich weder die Gefangenen noch die Waffe hier im Lager. Flick begann sich zu fragen, ob Allanon nicht einer Täuschung erlegen war.
    Er blickte besorgt zum bewölkten Nachthimmel hinauf. Er wußte nicht genau, wie

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