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Shannara I

Titel: Shannara I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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spät es war, aber auf die Dunkelheit würde er sich nur noch wenige Stunden verlassen können, so viel war ihm klar. Für einen Augenblick geriet er in Panik, als ihm einfiel, daß die Zeit nicht einmal reichen mochte, zu Allanons Versteck zurückzukehren. Er schüttelte aber die Angst entschlossen ab und sagte sich, daß er im Wirrwarr des erwachenden Lagers leicht zwischen den Leuten würde hindurchschlüpfen und zu den Berghängen gelangen können, bevor die Sonne ihn erfaßte.
    In der Dunkelheit regte sich rechts von ihm plötzlich etwas, und in den Feuerschein stapften vier riesenhafte Trolle, alle bewaffnet. Sie unterhielten sich leise, während sie an Flick vorbeigingen. Einer Eingebung folgend, schloß Flick sich im Abstand von einigen Metern an, weil er wissen wollte, wohin sie in voller Kampfausrüstung gingen, mitten in der Nacht. Mehrmals kamen sie an dunklen Zelten vorbei, in denen Flick ihr Ziel vermutete, aber sie marschierten ohne Aufenthalt weiter.
    Flick fiel auf, daß die Anlage des Lagers sich in diesem Bereich veränderte. Es gab hier noch mehr Zelte, manche mit hohen, erhellten Vordächern, hinter denen aufrechte Silhouetten sichtbar waren. Es gab weniger einfache Soldaten, die am Boden schliefen, sondern mehr Wachen zwischen den hell lodernden Feuern. Es fiel Flick schwerer, sich in dieser Helligkeit zu verbergen. Um Fragen aus dem Weg zu gehen und nicht entdeckt zu werden, holte er auf und marschierte hinter den Trollen her, als gehöre er zu ihnen. Sie kamen an zahlreichen Wachen vorbei, die kurz grüßten und ihnen nachsahen, aber nicht einer versuchte den vermummten Gnom aufzuhalten, der hinter dem Trupp herlief.
    Die Trolle bogen plötzlich nach links ab, und Flick folgte ihnen automatisch - sah sich aber plötzlich vor einem langen, niedrigen Zelt, das ebenfalls von bewaffneten Trollen bewacht wurde. Flick blieb keine Zeit mehr, umzukehren oder sich zu verstecken, und als der Trupp vor dem Zelt stehenblieb, ging er einfach weiter, so, als gehe ihn das Ganze nichts an. Die Wachen schienen sich ebenfalls nichts dabei zu denken und warfen nur beiläufige Blicke auf ihn, als er vorbeischlurfte. Augenblicke später war er an ihnen vorbei, allein in der Dunkelheit.
    Er blieb abrupt stehen. Der Schweiß lief ihm über den ganzen Körper, er atmete kurz und stoßweise. Er hatte nur eine Sekunde Zeit gehabt, durch die Öffnung in das beleuchtete Zelt zu blicken, zwischen den emporragenden Trollenwachen mit den eisernen Piken hindurch - nur eine Sekunde, um das geduckte, schwarzgeflügelte Ungeheuer zu sehen, das dort stand, umgeben von Trollen und Gnomen. Aber der Anblick war unverwechselbar gewesen. Ein Schädelträger! Flick zitterte am ganzen Körper, während er sich bemühte, zu Atem zu kommen.
    In dem schwerbewachten Zelt ging etwas Entscheidendes vor. Vielleicht befanden sich die Vermißten und das Schwert dort, bewacht von den Gehilfen des Dämonen-Lords. Ein grausamer Gedanke, und Flick wußte, daß er um jeden Preis einen Blick ins Innere werfen mußte. Aber seine Zeit war abgelaufen, das Glück hatte ihn im Stich gelassen. Die Wachen allein genügten schon, um zu verhindern, daß jemand ins Innere gelangte, aber die zusätzliche Anwesenheit eines Schädelträgers ließ die Aussicht selbstmörderisch erscheinen. Flick ließ sich auf die Hacken nieder und schüttelte hoffnungslos den Kopf. Die Ungeheuerlichkeit der Aufgabe entmutigte ihn, aber welcher Weg blieb ihm sonst? Wenn er jetzt zu Allanon zurückkehrte, wußten sie so viel wie vorher, und der nächtliche Erkundungsgang war umsonst gewesen.
    Er sah zum Nachthimmel hinauf, als könne er dort eine Lösung finden. Die Wolkendecke verharrte an ihrem Platz und hing drohend zwischen dem Mond und der Schwärze der schlafenden Sterne. Die Nacht würde bald zu Ende sein. Flick stand auf und zog den Umhang wieder enger um sich. Das Schicksal mochte ihm beschieden haben, daß die ganze Mühe nur dazu gedient hatte, ihm einen raschen Tod einzubringen, aber Shea verließ sich auf ihn - vielleicht auch Allanon und die anderen. Er mußte wissen, was in diesem Zelt war. Langsam und vorsichtig schlich er sich an.
    Die Morgendämmerung kam schnell, eine düstere graue Helligkeit am östlichen Himmel, lastend unter Nebel und Stille. Das Wetter hatte sich südlich der Streleheim-Ebenen nicht gebessert, unterhalb der dunklen Wand, die das Fortschreiten des Dämonen-Lords anzeigte. An den Hängen der westlichen Drachenzähne hatten die Wachen ihre

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