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Shannara I

Titel: Shannara I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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er gar ein Gefangener?« meinte Shea.
    »Wahrscheinlich letzteres«, sagte Panamon und starrte nachdenklich in den grauen Nebel des Waldmorgens, so, als versuche er, sich an etwas zu erinnern. Die Sonne war über dem östlichen Horizont schon emporgestiegen, hell und warm, und ihr Licht drang in die dunklen Winkel des Waldes. Nur der Morgennebel hatte sich noch nicht gelichtet, so daß die drei Wanderer in einem dunstigen Gemisch aus Sonnenlicht und verblassender Nacht standen. Der Himmel im Norden erschien unerklärlich dunkel und drohend, selbst für den frühen Morgen, und Panamon starrte die ungewohnte Schwärze lange an. Schließlich drehte er sich wieder um.
    »Im Norden geht Seltsames vor«, sagte er. »Keltset, machen wir uns auf den Weg. Wir müssen den Gnomen finden, bevor er einer Patrouille in den Weg läuft. Ich möchte nicht, daß ein anderer ihm den Garaus macht!«
    Der riesenhafte Berg-Troll übernahm mit schnellen Schritten die Führung, den Kopf ein wenig gesenkt, während seine Blicke den Boden absuchten und die Spur aufnahmen. Panamon und Shea folgten ihm mit langen Schritten. Die Fährte, die Orl Fane hinterlassen hatte, war für Keltsets scharfen Blick deutlich erkennbar. Er drehte sich kurz um und machte ein Zeichen, das Panamon für Shea übersetzte. Der Gnom laufe schnell und ohne Rücksicht auf die Spuren, die er hinterlasse. Offenbar habe er ein bestimmtes Ziel im Auge.
    Shea begann sich zu fragen, wohin der Gnom wollte. Wenn er das Schwert mitbrachte, konnte er sich vielleicht bei seinen eigenen Leuten wieder Gunst verschaffen. Aber Orl Fane war in seiner ganzen Art höchst wirrköpfig erschienen, und Shea glaubte, daß der Gnom sich nicht verstellt hatte. Er hatte sich aufgeführt wie das Opfer eines Wahnsinns, den er nicht zu steuern vermochte, und in abgerissenen Sätzen gesprochen, die auf ihre wirre Art die Wahrheit verraten hatten, was den Verbleib des Schwertes anging. Hätte Shea gründlicher nachgedacht, wäre ihm das aufgefallen - er hätte erkannt, daß Orl Fane das kostbare Schwert mit sich herumtrug. Nein, der Gnom hatte die Grenze zwischen Vernunft und Wahnsinn überschritten, und seine Handlungen würden nicht berechenbar sein. Er würde vor ihnen fliehen, aber wohin?
    »Jetzt fällt es mir ein«, sagte Panamon, während sie über die Ebenen von Streleheim eilten. »Das geflügelte Ungeheuer behauptete gestern steif und fest, wir wären im Besitz des Schwertes. Es erklärte uns immer wieder, es spüre die Nähe des Schwertes - und das war wirklich der Fall, denn Orl Fane versteckte sich im Gebüsch und hatte die Waffe in seinem Sack verstaut.«
    Shea nickte und erinnerte sich verbittert an den Vorfall. Der Schädelträger hatte ihnen ungewollt verraten, daß das Schwert in der Nähe war, aber in der Hitze und Wut des Kampfes hatte man darauf nicht geachtet. Panamon wütete weiter vor sich hin und schilderte, was er mit dem Gnomen anfangen würde, wenn sie ihn faßten. Dann blieb der Waldrand plötzlich zurück, und Streleheims Ebenen dehnten sich vor ihnen.
    Erstaunt blieben die drei stehen und starrten ungläubig auf das schreckliche Schauspiel im Norden - eine riesige, ununterbrochene Wand von Schwärze, himmelwärts ragend, bis sie in der Unendlichkeit des Alls verschwand, am ganzen Horizont entlang das Nordland umschließend. Es war, als habe der Schädelkönig das Land mit einem Leichentuch von tiefster Schwärze zugedeckt. Es war mehr als die Dunkelheit einer bewölkten Nacht. Es war ein lastender, schwerer Nebel, der nach Norden bis ins Herz des Schädelreiches führte. Für Shea war es der entsetzlichste Anblick, der sich ihm je geboten hatte. Seine Angst wurde noch gesteigert durch die plötzliche Überzeugung, daß die riesige Wand langsam nach Süden kroch und die ganze Welt zu bedecken schien. Das hieß, daß der Dämonen-Lord sich näherte…
    »Was, um Himmels willen, ist das?« flüsterte Panamon entsetzt.
    Shea schüttelte geistesabwesend den Kopf. Auf diese Frage gab es keine Antwort. Was sich hier zeigte, überstieg die Fassungskraft sterblicher Menschen. Die drei starrten lange Zeit auf die massive Wand, als erwarteten sie irgendein Ereignis. Dann bückte Keltset sich und suchte das Gras ab, ging weiter, kam zurück und deutete genau auf den Mittelpunkt der schwarzen Mauer. Panamon zuckte zusammen.
    »Der Gnom läuft direkt darauf zu«, murmelte er ergrimmt. »Wenn wir ihn nicht einholen, bevor er dort ist, wird die Dunkelheit seine Spur völlig verbergen

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