Shannara I
hatten. Das Lager wirkte leer, und die Stimmen, die Shea vorher vernommen hatte, waren verstummt. Die Feuer waren niedergebrannt. Ein kalter Schauer huschte Shea über den Rücken, als ihm der Gedanke kam, dass er vielleicht zu seiner Hinrichtung geführt würde. Weder von Panamon noch von Keltset war etwas zu sehen. Allanon, Flick, Menion Leah und die anderen befanden sich irgendwo im Südland und ahnten nichts von seinem Unglück. Er war allein und würde sterben müssen. Er war von der Angst so gelähmt, dass er nicht einmal daran dachte, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Bleich schritt er zwischen den Bewachern durch das verlassene Lager. Vor ihnen ragte ein Grat auf, als Grenze des Lagers, dann hatten sie die Hütten und Zelte hinter sich und standen auf einer großen, offenen Lichtung. Shea riss ungläubig die Augen auf.
Dutzende von Trollen saßen in einem weiten Halbkreis gegenüber dem Berggrat. Die Köpfe drehten sich Shea kurz zu, als er die Lichtung betrat. Vor dem Grat saßen drei verschieden große Trolle, wohl auch verschiedenen Alters, wie Shea vermutete, von denen jeder einen farbig bemalten Stab mit einem schwarzen Wimpel in der Hand hielt. Panamon Creel saß ein wenig abseits. Seine nachdenkliche Miene veränderte sich nicht, als er Shea erblickte. Die Aufmerksamkeit aller galt der riesigen Gestalt Keltsets vor dem Halbkreis der Trolle. Er hatte die Arme verschränkt. Als Shea in den Halbkreis geführt wurde und sich neben Panamon niederließ, schien ihn dieser nicht zu bemerken. Eine Weile blieb es still. Es war das merkwürdigste Schauspiel, das Shea je erlebt hatte. Einer der drei Trolle vor dem Halbkreis stand auf und stieß den Stab auf den Boden. Die ganze Versammlung erhob sich, drehte sich ruckartig nach Osten und sprach einige Worte in ihrer fremden Sprache. Dann setzte sich alles wieder hin.
»Sie haben gebetet, verstehst du.« Es waren die ersten Worte, die Panamon von sich gab, und Shea zuckte erstaunt zusammen. Er sah den Dieb von der Seite an, aber Panamon blickte zu Keltset hinüber. Ein zweiter Stabträger stand auf und sprach kurz zu den versammelten Trollen, wobei er mehrmals auf Panamon und Shea wies. Der kleine Talbewohner wandte sich erwartungsvoll Panamon zu.
»Das ist ein Prozess«, erklärte der Dieb ausdruckslos. »Aber er gilt nicht dir oder mir. Wir sollen zum Schädelberg gebracht werden, hinter der Messerkante, zum Reich des Dämonen-Lords, wo wir festgehalten werden sollen für - ich weiß nicht, wofür. Ich glaube, sie wissen noch nicht, wer wir sind. Der Geister-Lord hat befohlen, dass alle Fremden zu ihm gebracht werden müssen, und man macht mit uns keine Ausnahme. Es besteht immer noch Hoffnung.«
»Aber ein Prozess -« begann Shea zweifelnd.
»Gegen Keltset. Er hat sich auf das Recht berufen, von seinen eigenen Leuten vor Gericht gestellt zu werden, statt dass man ihn Brona übergibt. Das ist ein alter Brauch - die Bitte darf nicht abgeschlagen werden. Er wurde bei uns gefunden, obwohl sein Volk mit unserer Rasse im Krieg liegt. Damit gilt er automatisch als Verräter. Ausnahmen gibt es nicht.«
Shea warf einen Blick auf Keltset. Der riesenhafte Troll saß in der Mitte der Versammlung, ohne sich zu regen, während die Stimme des Stabträgers monoton weitersprach. Wir haben uns geirrt, dachte Shea. Keltset hat mich und Panamon nicht verraten. Aber weshalb hatte er zugelassen, dass sie sich ohne Gegenwehr ergaben, wenn er wusste, dass auch sein Leben verwirkt war?
»Was werden sie mit ihm machen, wenn sie entscheiden, dass er ein Verräter ist?« fragte er.
Panamon zuckte die Achseln.
»Ich weiß, was du denkst.« Die Stimme des Diebes klang erregt. »Er setzt alles auf eine Karte. Wenn er für schuldig befunden wird, stößt man ihn augenblicklich die nächste Klippe hinunter.« Er machte eine Pause und sah Shea an. »Wir können ihm nicht helfen.«
Sie verstummten, als der Sprecher seine Rede beendete und sich wieder setzte. Dann trat ein anderer Troll vor die drei Wimpelträger, bei denen es sich wohl um die Richter handelte, und gab eine kurze Erklärung ab. Ihm folgten mehrere Stammesgenossen, die alle auch kurze Ansprachen hielten und auf Fragen der Richter antworteten. Shea verstand kein Wort, vermutete aber, dass es sich bei den Befragten um Angehörige des Trupps handelte, dem er und seine Begleiter in die Hände gefallen waren. Das Wechselgespräch schien sich endlos fortzusetzen. Keltset bewegte keinen Muskel.
Shea betrachtete den
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