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Shannara II

Titel: Shannara II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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mit Anstrengung gelang es ihm, leise zu sprechen. »Der Raffer hat sie ermordet. Er ist hier, in diesem Turm!«
    Amberle wollte etwas sagen, doch Wil drückte ihr hastig die Hand auf den Mund. Ein Geräusch - er hatte ein Geräusch gehört - , ja, dort im Treppenschacht. Es war der Raffer. Er wußte es mit absoluter Sicherheit. Er suchte sie. Und wenn er den Weg in diesen kleinen Raum gefunden hatte, dann gab es für sie kein Entkommen mehr. Kopflose Panik überwältigte Wil. Wie hatte das geschehen können? Wie hatte der Dämon sie so rasch finden können? Was sollte er jetzt tun?
    Die Fackel vor sich haltend wie einen Schild, trat er von der Tür weg und weg vom Treppenschacht. Amberle schien ihm versteinert, wie sie stolpernd zurückwich wie er. Hier konnten sie nicht bleiben, sagte er sich wie betäubt, und blickte auf die Korridore, die sich zu beiden Seiten öffneten. In welchen von ihnen war Crispin hineingelaufen? Er war nicht sicher. Er entschied sich für den, in dem seiner Erinnerung nach der Hauptmann der Elfenjäger verschwunden war, und raste, Amberle fest an der Hand haltend, in die Finsternis hinein.
    Mehrere hundert Fuß weiter hielten sie stolpernd an. Der Korridor endete hier, verzweigte sich in drei neue Gänge. Wieder wollte wilde Angst Wil alle klare Überlegung rauben. Welchen Gang sollte er nehmen? Er hielt die Fackel tief zum Boden hinunter. Crispins Stiefel hatte im Staub der Jahrhunderte eine klare, leicht zu lesende Spur hinterlassen. Ihr konnten sie folgen. Doch ihr konnte auch der Raffer folgen. Er schluckte seine Angst hinunter und rannte weiter.
    Seite an Seite hetzten Wil und Amberle durch die finsteren Korridore der Festung, durch Säle, in denen Moder und Staub sich breitgemacht hatten, durch Gemächer, an deren Wänden zerfallende Teppiche hingen, über Altane und Gesimse, unter denen schwarze Abgründe gähnten. Ein tiefes, alles durchdringendes Schweigen wohnte in der uralten Zitadelle, so daß sogar das Heulen des Windes verklang und nur das Donnern ihrer Stiefel auf dem Steinboden zu hören war. Zweimal liefen sie in die Irre, rannten einen falschen Gang hinunter, bis sie merkten, daß die Spur verschwunden war und sie in ihrer Hast eine Abzweigung übersehen hatten. Mehrmals stießen sie auf zwei Spuren, wenn Crispin auf seiner Suche nach dem richtigen Weg einen Fehler gemacht hatte und wieder umgekehrt war. Jedesmal verloren sie kostbare Sekunden mit dem Bemühen, festzustellen, wohin Crispin tatsächlich gelaufen war. Und immer saß ihnen das schreckliche Gefühl im Nacken, daß gleich der Raffer aus der Düsternis hinter ihnen auftauchen und ihre letzte Chance auf ein Entkommen vertan sein würde.
    Dann schimmerte das flackernde Licht einer Fackel in der Dunkelheit vor ihnen auf. Sie liefen ihm keuchend entgegen und sahen mit tiefer Erleichterung, wie sich langsam Crispins Gestalt aus den Schatten hob. Der Hauptmann war auf dem Rückweg von seiner Suche nach dem Weg, der durch den Berg führte. Die Klinge seines gezogenen Schwertes blitzte im Fackelschein, als er ihnen entgegenstürzte und abrupt stehenblieb.
    »Was ist geschehen?« fragte er, als er die Angst in ihren Augen sah.
    In aller Eile berichtete Wil. Crispins Gesicht wurde aschfahl.
    »Dilph und Katsin auch noch! Kann denn nichts dieses Ungeheuer aufhalten?« Einen Moment lang blickte er schweigend auf sein Schwert hinunter, dann winkte er ihnen. »Kommt. Wir haben vielleicht doch noch eine Chance.«
    Zusammen rannten sie den Gang hinunter, durch den Crispin gekommen war, bogen nach links in einen anderen Gang ab, durchquerten einen großen Saal, der früher als Waffenkammer gedient hatte, hasteten eine Treppe hinunter in eine weite, öde Rundhalle, bogen wieder in einen Gang ein. Am Ende dieses letzten Korridors wartete eine hohe Eisentür, die mit schweren Bolzen in den Fels des Berges eingelassen war. Crispin zog die Riegel zurück und öffnete die Tür. Brüllend schlug ihnen der Wind in die Gesichter, als wolle er sie ins Innere der Festung zurückschleudern. Der Elfen-Hauptmann warf seine Fackel weg, senkte entschlossen den Kopf und trat in die Dunkelheit hinaus. Amberle und Wil folgten.
    Zu ihren Füßen gähnte eine tiefe Kluft, die entstanden war, als der Berg in uralter Zeit durch eine schwere Erschütterung vom Gipfel bis zum Fuß hinunter gespalten worden war. Ein schmaler Steg überspannte den Abgrund. Er führte von der kleinen Felsnische, in der sie standen, zu einem schlanken Turm, der in die

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