Shannara II
plötzlich die Elfensteine ein. Die Elfensteine! Jetzt mußte er sich ihrer Kraft bedienen! Wilde Entschlossenheit durchflammte ihn. Er sprang auf, griff in seinen Kittel und riß den Lederbeutel heraus. In Sekundenschnelle hatte er die Steine in der Hand, hielt sie so fest umfaßt, daß sie in sein Fleisch einschnitten. Der Raffer kam immer näher, ein riesenhaftes, schattendunkles Ungeheuer, das tief zusammengekauert den Steg entlangkroch. Er war keine zwanzig Fuß mehr entfernt. Wil schwang die Faust mit den Steinen in die Höhe und beschwor mit aller Willenskraft, die ihm zu Gebote stand, das Feuer, das dieses Ungeheuer vernichten würde.
Die Elfensteine flammten blitzartig auf, und ihr blaues Feuer stieß züngelnd in die Nacht. Dann aber schien in Wils Innerem eine Schranke herabzufallen. Und im nächsten Moment versiegte der Kraftstrom der Steine.
Entsetzen packte Wil. Verzweifelt versuchte er noch einmal sein Glück. Nichts geschah. Amberle stürzte zu ihm, schrie wie eine Rasende auf ihn ein - doch ihre Worte verloren sich im gellenden Heulen des Windes. Wil war wie vom Donner gerührt vor Schreck und Entsetzen. Er hatte versagt! Er besaß keine Macht mehr über die Kraft der Elfensteine.
Da sprang plötzlich Crispin auf den Steg hinaus. Keinen Augenblick hatte er gezögert. Er warf den Bogen beiseite und zog sein Schwert, um dem Dämon entgegenzutreten. Das Ungeheuer schien flüchtig zu zögern. Eine direkte Konfrontation hatte es nicht erwartet. Wild rüttelte der Wind an der schmalen Eisenbrücke.
»Die Bolzen!« rief Crispin scharf nach hinten zurück.
Immer noch fassungslos schob Wil die Elfensteine unter seinen Kittel, ergriff wieder den Hammer und begann erneut, mit aller Kraft auf den Bolzen einzuschlagen. Er rührte sich nicht. Amberle kam aus den Schatten hinter ihm gelaufen. Sie nahm den Hammer, den Crispin weggeworfen hatte, und fing an, den anderen Bolzen mit erbitterten Schlägen zu bearbeiten.
Draußen auf der schmalen Brücke focht Crispin einen Kampf der Verzweiflung. Mit Scheinangriffen drang er auf den Raffer ein, um ihn aus dem Gleichgewicht zu werfen und so seinen Sturz in den Abgrund herbeizuführen. Doch der Dämon ließ sich nicht aus der Reserve locken, blieb in Lauerstellung, während er die Hiebe und Attacken des Elfen mit wuchtigem Arm abwehrte. Crispin verstand sich auf den Kampf mit dem Schwert, doch er vermochte nicht, die Abwehr des Ungeheuers zu durchdringen. Immer weiter schob sich der Raffer vorwärts, und der Elf war gezwungen, Boden abzugeben.
Ein ungeheurer Zorn über seine eigene Ohnmacht packte Wil Ohmsford. Den Hammerstiel mit beiden Händen umspannend, hieb er mit aller Gewalt auf den runden Kopf des Bolzens ein, und endlich sprang dieser aus seiner Fassung und sauste in die Schlucht hinunter. Doch da lief ein plötzlicher Ruck durch die Brücke und der waghalsig kämpfende Crispin verlor das Gleichgewicht. Als er taumelnd nach hinten stolperte, stürzte sich der Raffer auf ihn. Krallenhände schlugen sich in den Kittel des Elfs. Mit blankem Entsetzen sahen Wil und Amberle, wie der Raffer Crispin in die Höhe schleuderte. Das Schwert des Elfen- Hauptmanns sauste blitzend abwärts zur Kehle des Dämonen, doch die Klinge zersprang, als sie auftraf. Der Raffer wehrte den Hieb ab wie eine lästige Fliege. Noch einen Moment lang hielt er Crispin über seinem vermummten Kopf, dann schleuderte er den Elf von der Brücke in die schwarze Tiefe. Lautlos taumelte Crispin durch die Luft und war verschwunden.
Und wieder rückte der grauenhafte Töter näher.
Da packte ein plötzlicher Windstoß mit gewaltiger Kraft die schon schwankende Brücke und rüttelte mit solcher Heftigkeit an ihr, daß auch der letzte Bolzen aus seiner Fassung brach. Der schmale Steg löste sich von der Plattform, an der er festgemacht war, und fiel klirrend in den Abgrund, den Raffer mit sich reißend, der das eiserne Gestänge umklammert hielt. Gemächlich beinahe sank der Steg herab, schwang mit metallischem Knirschen zur gegenüberliegenden Wand hinüber, fiel durch den schmalen Streifen Mondlicht in den Schatten zurück und krachte schließlich donnernd gegen den Fels. Doch er löste sich nicht ganz aus seiner Verankerung. Die Pfeiler auf der anderen Seite, geknickt zwar und verbogen, hielten ihn noch, und schaukelnd wippte er im tosenden Wind hin und her. In den finsteren Schatten der Wand war er kaum sichtbar. Der Raffer war nirgends zu sehen.
Amberles Stimme übertönte plötzlich das
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