Shannara II
Hand.
»Wenn wir das nachprüfen wollen, dann möchte ich auf jeden Fall die Steine in meiner Hand halten. Du hast gehört, was der alte Mann über die Senke erzählt hat. Die Steine sind unser einziger Schutz.«
Amberles Gesicht war leichenblaß geworden.
»Cephelo bringt dich um.«
»Vielleicht. Vielleicht ist er inzwischen so weit, daß ich ihn gar nicht mehr einholen kann. Aber ich muß es versuchen, Amberle. Wenn ich ihn bis zum Morgengrauen nicht gefunden habe, dann kehre ich um, das verspreche ich dir. Mit oder ohne die Steine, ich gehe mit dir zusammen in die Senke hinunter.«
Sie wollte noch etwas erwidern, aber dann brach sie ab. Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie hob die Hände, um sein Gesicht zu berühren.
»Du liegst mir am Herzen«, flüsterte sie. »Wirklich.«
Er sah sie erstaunt an. »Amberle!«
»Geh«, drängte sie ihn mit brüchiger Stimme. »Cephelo hat sicher schon sein Nachtlager aufgeschlagen. Du kannst ihn vielleicht noch einholen, wenn du dich sputest. Aber sei vorsichtig, Wil Ohmsford - gib dein Leben nicht töricht hin. Komm zu mir zurück.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn.
»Geh jetzt. Schnell!«
Noch einen Lidschlag lang blickte er sie wortlos an, dann sprang er durch die Büsche auf den Pfad hinaus. Ohne noch einmal zurückzublicken, lief er los und war nach Sekunden in der Finsternis des Waldes verschwunden.
Kapitel 39
Am frühen Morgen jenes Tages, an dem Wil und Amberle den Verlust der Elfensteine bemerkten, griffen die Dämonen Arborlon an. Mit ohrenbetäubendem Geheul, das die morgendliche Stille zerfetzte und in den Wäldern des Tieflands widerhallte, stürzten sie aus dem Schutz der Bäume hervor, eine gewaltige Flutwelle verkrüppelter, buckliger Leiber, die den Carolan seiner ganzen Länge nach bedrohte. In tollwütigem Haß, der weder Vorsicht noch Vernunft kannte, strömten die Geschöpfe der Finsternis aus der Dunkelheit der Wälder und warfen sich in die Wasser des Singenden Flusses. Wie ein riesiger Fleck, der sich auf den blauen Wellen ausbreitete, füllten sie den Fluß, große und kleine, flinke und schwerfällige, springende, kriechende, sich windende Wesen, die durch die rasch dahinfließende Strömung wogten. Viele suchten den Fluß schwimmend zu durchqueren, schlugen wie rasend um sich, um das andere Ufer zu erreichen. Jene, die leicht und wendig waren, schwebten über den Wellen dahin, sprangen auf dem Wasser oder glitten auf der Fläche des Wassers vorwärts. Andere, von solch gewaltiger Größe, daß sie den Fluß durchwaten konnten, schlurften und stampften schwerfällig durch das Wasser, Schnauzen und Mäuler weit emporgereckt. Viele fuhren auf Flößen oder in roh zusammengezimmerten Booten, stakten blind und ziellos und grapschten nach allem, was ihnen in den Weg kam, um sich entweder an Land ziehen oder auf den Grund des Flusses hinunterreißen zu lassen. Wahnsinn, der aus Ohnmacht und Haß geboren war, packte die Dämonenhorden. Diesmal würden sie den Feind, der sie am anderen Ufer erwartete, mit Sicherheit vernichten.
Doch die Elfen blieben besonnen und verloren nicht den Kopf. Ein weniger entschlossenes Heer hätte sich vielleicht von der riesigen Zahl und der wilden Raserei der Horden, die da heranstürmten, entmutigen lassen; nicht so die Elfen. Dies sollte die entscheidende Schlacht werden. Hier verteidigten sie ihre Hauptstadt, das Herz des Landes, das seit Bestehen der Rassen das ihre war. Alles, was westlich des Singenden Flusses lag, war verloren. Doch Arborlon würden sie nicht preisgeben. Lieber wollten sie kämpfen und bis auf den letzten Mann untergehen, als sich aus ihrem Heimatland vertreiben lassen und als Ausgestoßene in fremden Landen zu leben, von ihren Verfolgern gehetzt wie Tiere.
Auf der Höhe der Befestigungsanlagen des Elfitch stand Andor Elessedil und beobachtete das wogende Meer von Dämonen, das sich heranwälzte. An seiner Seite stand Allanon. Beide Männer schwiegen. Nach einer Weile hob Andor den Blick. Hoch oben tauchte aus dem klaren Blau des frühen Morgens ein dunkler Punkt, wurde größer, als er sich in weiten Kreisen abwärts senkte, und nahm schließlich Gestalt an. Es waren Dayn und sein Rock Dancer. Abwärts schwebten sie, glitten über die Felsklippen des Carolan, um schließlich auf der Rampe oberhalb von Andor und dem Druiden zu landen. Dayn sprang hastig vom Rücken des Riesenvogels und eilte zu dem Elfenprinzen.
»Wie viele?« fragte Andor sogleich.
Dayn
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